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Von wegen Paleo-Diät: Kohlenhydrate haben dem Menschen einen evolutionären Vorteil verschafft

Evolution

Von wegen Paleo-Diät: Seit wann der Mensch Kohlenhydrate verdauen kann

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    Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören auch Kohlenhydrate. Wer davon länger satt bleiben möchte, greift zu Vollkornprodukten.
    Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören auch Kohlenhydrate. Wer davon länger satt bleiben möchte, greift zu Vollkornprodukten. Foto: Christin Klose/dpa

    Der Mensch ist wahrscheinlich schon seit 800.000 Jahren in der Lage, stärkehaltige Lebensmittel zu essen. Das behauptet zumindest eine US-Studie, deren Ergebnisse im Fachblatt Science veröffentlicht wurden. Die Fähigkeit, Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, erweiterte den menschlichen Speiseplan deutlich – und bedeutete einen evolutionären Vorteil.

    Ob Brot, Pasta, Mais, Kartoffeln oder Reis: Dass wir stärkehaltige Lebensmittel essen können, haben wir einem bestimmten Gen zu verdanken. Schon seit Langem ist bekannt, dass wir mehrere Kopien des Speichel-Amylase-Gens (AMY1) tragen, das es uns ermöglicht, komplexe Kohlenhydrate im Mund aufzuspalten.

    Schon bei Neandertalern trat das Speichel-Amylase-Gen auf

    Doch seit wann besitzt der Mensch diese Fähigkeit und wie hat sie sich entwickelt? Genau dieser Frage haben sich Forschende der University of Buffalo und des Jackson Laboratory for Genomic Medicine angenommen. „Die Idee ist, dass je mehr Amylase-Gene man hat, desto mehr Amylase kann man produzieren und desto mehr Stärke kann man effektiv verdauen“, erklärt Omer Gokcumen von der University of Buffalo in einer Mitteilung zur Studie. Amylase sei ein Enzym, das Stärke nicht nur in Glukose aufspalte, sondern auch Brot seinen Geschmack verleihe.

    Das Team nutzte Sequenzierungsmethoden, um die Entstehungsgeschichte des Speichel-Amylase-Gens nachzuzeichnen. Es untersuchte Genome von 68 Frühmenschen, darunter eine 45.000 Jahre alte Probe aus Sibirien. Die Analyse ergab, dass Jäger und Sammler schon vor dem Beginn der Landwirtschaft mehrere Kopien des Gens besaßen. Kurz: Bevor Menschen in Eurasien Weizen und andere stärkehaltige Lebensmittel anbauten, verfügten sie über AMY1-Kopien.

    Die Forschenden fanden auch heraus, dass diese Genkopien bei Neandertalern und Denisova-Menschen auftraten – also vor dem Homo sapiens, den es erst seit etwa 300.000 Jahren gibt. „Dies deutet darauf hin, dass das AMY1-Gen möglicherweise vor mehr als 800.000 Jahren erstmals dupliziert wurde, lange bevor sich Menschen von Neandertalern trennten und viel früher als bisher angenommen“, so Kwondo Kim vom Jackson Laboratory (JAX).

    „Die ersten Duplikationen in unseren Genomen legten den Grundstein für erhebliche Variationen in der Amylase-Region, sodass sich der Mensch an wechselnde Ernährungsweisen anpassen konnte, da der Stärkekonsum mit dem Aufkommen neuer Technologien und Lebensstile dramatisch anstieg“, ergänzt Gokcumen.

    Die Anzahl der AMY1-Kopien stieg bei Bauern in den letzten 4.000 Jahren stark an

    Tatsächlich habe die Flexibilität in der Anzahl der AMY1-Kopien einen Vorteil für die Anpassung an neue Ernährungsweisen geboten. Die Anzahl der AMY1-Kopien sei bei europäischen Bauern in den vergangenen 4.000 Jahren stark angestiegen, was wohl auf ihre stärkereiche Ernährung zurückzuführen sei. „Personen mit einer höheren Anzahl an AMY1-Kopien verdauten Stärke wahrscheinlich effizienter und hatten mehr Nachkommen“, fasst Gokcumen die Entwicklung zusammen. „Ihre Abstam-mungslinien schnitten über einen langen evolutionären Zeitraum hinweg letztendlich besser ab als diejenigen mit einer geringeren Anzahl an Kopien, wodurch sich die Anzahl der AMY1-Kopien erhöhte.“

    Diese Beobachtung passt zu den Ergebnissen einer kürzlich im Fachjournal Nature veröffentlichten US-Studie, der zufolge Menschen in Europa ihre Anzahl an AMY1-Kopien in den letzten 12.000 Jahren von vier auf sieben erhöht haben.

    „Angesichts der Schlüsselrolle der Variation der AMY1-Kopienzahl in der menschlichen Evolution bietet diese genetische Variation eine spannende Gelegenheit, ihre Auswirkungen auf die Stoffwechselgesundheit zu erforschen und die Mechanismen aufzudecken, die an der Stärkeverdauung und dem Glukosestoffwechsel beteiligt sind“, merkt JAX-Forscherin Feyza Yilmaz an. „Zukünftige Forschungen könnten ihre genauen Auswirkungen und den Zeitpunkt der Selektion aufdecken und so entscheidende Erkenntnisse über Genetik, Ernährung und Gesundheit liefern.“ (Alice Lanzke, dpa)

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