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Katzen im US-Wahlkampf: Über die Macht der Katzenfrauen.

Zeitzeichen

Von Katzen im US-Wahlkampf und dem Ruf der Katzenladies

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    Mächtige Kombination: Frau und Katze.
    Mächtige Kombination: Frau und Katze. Foto: Christin Klose, dpa

    Wahlprognosen hin, Umfragen her: Es ist naiv zu glauben, dass dieses Rennen um die Präsidentschaft noch keinen Gewinner kennt. Wer dominiert den Wahlkampf in den USA? Wer krallt sich die besten Schlagzeichen? Die Antwort steht fest und sie lautet nicht Trump, nicht Harris, sondern … die Katze! Wer hätte gedacht, dass so ein Haustier eine Hauptrolle in der Politik spielen könnte, wenige Wochen vor der dramatischen Wahl.

    Trump und J.D. Vance zerren die Katze in den Wahlkampf

    Nicht genug, dass Trump die Tierart Hauskatze mit in den Schmutz einer Lügenbehauptung zieht, indem er rassistische Verschwörungsgeschichten im TV-Duell streute: „In Springfield essen sie Katzen und Hunde.“ Aber nein, auch sein Vize-Kandidat kam zuvor schon auf das Tier: J.D. Vance beschimpft die Demokraten als „Bündel von kinderlosen Katzenfrauen, die frustriert sind, die ihre Lebensentscheidungen bereuen“. Doch dann bekam er sie zu spüren, die Krallen der „childless catladies“: Abertausende Frauen lachten Vance erst einmal aus und dann in die Handykamera – auf Tiktok posieren US-Bürgerinnen als glückliche Katzenfrauen, die eine Wahlempfehlung für Kamala Harris abgeben. Jedes Pfötchen ein Kreuzchen. Bis sogar die Königin der Katzenladys ihr Machtwort spricht, aber dazu später mehr. Bleibt nur die Frage: Wer hat die Katze eigentlich aus dem Sack gelassen? Wer hat sie auf die Bühne der Weltgeschichte gezerrt? Was sucht die Katze in der Politik?

    Man muss gar nicht in alten Papyrusrollen blättern, noch einmal die Geschichte von der Sphinx erzählen, dass Katzen in Ägypten einmal als Gottheiten galten – das lässt Sie Ihre Hauskatze schon spüren, wenn Sie die falsche Sorte Brekkis auf den Teller streuseln (Truthahn-Lachs? Pfui! Würg!). Dass sich das Bild der unzähmbaren Katze trotzdem gewandelt hat, sieht man im Gang durch die Geschichte, wenn man durch Porträt-Galerien seit dem 19. Jahrhundert streift: Männer malten Frauen als Katzenladys, mal lieblich verträumt (Renoir), mal mit grobem Strich (Manet), eckig wie ein Brotkasten (Picasso). Diese Künstler inszenierten Katzen als Schoßlöwen und Accessoire der Frau in der Moderne. Spürt man da noch einen Funken der alten Macht im Motiv? Zeigt das Gemälde Clairchen und Kater? Oder Dompteuse und Wildtier?

    Die Katzenlady aus den Simpsons steht für das Klischee

    Das Image von Eigensinn, Unberechenbarkeit und Hoheit der Katze, es wirkt angekratzt. Und wie kann es sein, dass diese Majestät von einem Tier, in der Wahrnehmung zum Hobbyplüschtier gelangweilter Frauen degradiert werden konnte (siehe: „Pferdemädchen“)? Höchste Zeit, dieses verrückte Porträt der Frau mit Katze wieder geradezurücken. Eine kleine Richtigstellung, am Beispiel von Katzenfrauen der Gegenwart:

    Die Spur der ersten Katzenfrau führt nach Springfield. Nein, nicht Springfield, Ohio, wo sie jetzt unter Trumps Katzen-Lügen leiden. Sie führt in das Springfield der gelben Männlein, die Stadt der „Simpsons“. Im Figurenkabinett der TV-Zeichentrickserie lebt Eleanor Abernathy. Diese Frau haust allein in einer verlassenen Hütte, wobei nicht einsam, sondern im Rudel mit 2546 Katzen. In ihrem Blick funkelt der Wahnsinn, grau verfilzt wuchern ihre Haare und manches Kätzchen ist schon in ihre Frisur eingewachsen. Ihre Haustiere nutzt die bissige Frau auch als Wurfgeschosse, wenn sich ein Fremder in Wurfweite nähert. Auf den ersten Blick also: Volltreffer. Punkt um Punkt abgehakt, das komplette sexistische Klischee: Keine Kinder, kein Partner, viel Boshaftigkeit und Katzenhaare auf den Zähnen.

    Aber die Macher der „Simpsons“ brechen auch mit dem Bild, indem sie die Lebensgeschichte der Frau erzählen. Denn in Abernathy steckt ein Genie. In Rückblenden erfährt man, dass sie Medizin und Jura studiert hat, in Harvard, in Yale, dann folgte die große Karriere. Am Ende ist sie nicht an Kinderlosigkeit verzweifelt oder an Katzenhaarbüscheln erstickt, sondern an chauvinistischen Männern in den Chefetagen gescheitert. Patriarchat und Turbokapitalismus. Wenn Eleanor Abernathy heute einmal spricht und nicht faucht, dann die intelligentesten Sätze in ganz Springfield, Somewhere, USA.

    Tippi Hedren konnte gut mit Katzen. Vor allem Löwen und Tigern.

    Intelligent sind solche Katzenfrauen und mutig auch. Tippi Hedren zum Beispiel. Ihr Name ist schon ein bisschen verblasst in der Ahnengalerie der Hollywood-Stars. Aber Hedren war die Hauptdarstellerin, die in Hitchcocks „Die Vögel“ (1963) gegen das große Flattern kämpfte, sich vor wildgewordenen Vogelschwärmen retten musste und in sensationeller Manier den Horror spielte. Der Film blieb nicht der einzige Hit und Klassiker der Tippi Hedren. Und wo Vögel sind, da lauern bekanntlich auch Katzen, die liebte Hedren im Privaten.

    Umgeben von Vögeln, aber eigentlich Katzenfrau: Tippi Hedren mit Alfred Hitchcock am Set von „Die Vögel“.
    Umgeben von Vögeln, aber eigentlich Katzenfrau: Tippi Hedren mit Alfred Hitchcock am Set von „Die Vögel“. Foto: picture-alliance, dpa

    Es gibt da einen sensationellen Schnappschuss: Ein riesiger, echter, lebendiger Tiger springt durch ein Hausfenster, stürzt mit seiner Mähne hinein in Tippi Hedrens Küche. Und was macht sie? Reicht ihm einen Teller Leckerlis. Denn ihr gehört der Löwe. Auf ihrer Farm hält sie sich bis heute Tiger und Löwen und auf jedem Beweisfoto sagt Hedrens Blick nur: „Ach was, der will doch nur spielen.“ Tippi Hedren besaß Raubkatzen und die Dreistigkeit, sich gegen so einen Zampano wie Alfred Hitchcock zu wehren. Sie machte Vorwürfe gegen den Regisseur öffentlich, sprach über Schikanen und Übergriffe am Set. Das ist lange Geschichte, aber ihre Großkatzen pflegt sie immer noch, auch mit 94 Jahren.

    In diese Porträtreihe thront aber eine über allen, den keine verkörpert die Macht der „childless catladies“ wie Taylor Swift. Geht der Popstar auf Reisen, dann mit Begleitung im Gepäck: In ihrem Transportrucksack gucken Schnurrhaare und Äuglein aus einem Sichtfenster-Bullauge – und es wirkt so, als blickte ihre Katze (Namentlich: Olivia Benson) aus dem Guckloch eines Raumschiffs. Dieses Tier nimmt Swift, der größte Star im Popkosmos, gerne mit als Flugbegleitung in ihrem Privatjet. Aber das allein genügt ja nicht, um sich als oberste Katzenfrau zu qualifizieren. Diesen Status hat sich Swift auch mit einem Video erkämpft, in dem ihr ein gut gelaunter Talkshow-Moderator eine Aufgabe stellt. In dreißig Sekunden soll sie so viele Katzenrassen aufzählen wie nur möglich: „Maine-Coon, Britisch Kurzhaar, Abessinier, Burma, Bengal, Russisch Blau …“, und hätte nicht der Gong geklingelt, wäre diese Kaskade an Katzenrassen nicht im Publikumsapplaus untergegangen, sie hätte wohl eine ganze Stunde weiter aufgelistet. Altfriesisches Langschnurrhaar, Kongolesische Leichtpfote und weiß Gott welche Sorte noch.

    Katzenfrau Taylor Swift gibt eine Wahlempfehlung ab

    Taylor Swift hat inzwischen auf J.D. Vance reagiert: Sie hat verkündet, dass sie Kamala Harris wählt. Mit einem Glamour-Bild auf Instagram, einem Foto von sich und ihrer Katze. Unterschrift: „Taylor Swift, childless cat lady“. Seitdem dürfen sich die Republikaner fürchten vor der Macht der Swift unter jungen Wählern. Ihre Stimme hat Gewicht, ihre Fans registrieren sich scharenweise jetzt für die Wahl.

    Wenn J.D. Vance alle Katzenfrauen als traurig beschimpfen darf, dann darf man ruhig einmal genauso plump die Gegenthese aufstellen: Katzenfrauen sind intelligent, mutig, mächtig. Alle. Wer hat eigentlich dieses schräge Schreckensbild gemalt, von der kinderlosen Katzenfrau? Waren es vom Leben enttäuschte Reihenhaus-Familienväter? Frustrierte Ehemänner, die tagsüber ihren Pinscher kommandieren und nachts von der Scheidung träumen? Wenn man als Frau ungebunden und kinderfrei sein Leben lebt, mit schnurrender Begleitung, also mit einem Tier, das sogar Braunbären mit Krallenhieben in die Flucht schlagen kann (es gibt dazu furchteinflößende Videobeweise auf Youtube!), wenn dies also das Schlimmste aller Schicksale sein soll – dann ist das kein Hundeleben.

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