Kurze braune Haare sind ihr Markenzeichen und wahrscheinlich auch Teil ihres Erfolgs. So setzt sich Schauspielerin Julia Koschitz optisch von anderen Frauen ab. Doch bei der Optik bleibt es nicht, sondern Koschitz glänzt durch Vielseitigkeit. Theater, Fernsehen, Kino – das alles bespielt sie, anpassungsfähig an die Umgebung wie ein Chamäleon. Der Wechsel zwischen Drama und leichter Komödienkost gelingt der Charakterdarstellerin problemlos. Auch mit 50 Jahren bangt sie nicht um Rollen, sondern ist wieder im Kino zu sehen, mit „Vierer“. Einer locker flockigen Komödie rund um eingeschlafene Beziehungen, in der die Thermomix vom Partner mehr gekuschelt wird als die Frau. Was liegt näher, als zumindest sexuell Abhilfe zu schaffen.
Wie Julia Koschitz ihre Rollen auswählt? „Ausschlaggebend ist immer das Buch und die Geschichte, die erzählt wird.“ Koschitz erlaubt sich klug zu wählen. Lehnt die Hälfte der ihr angebotenen Rollen ab. Die gebürtige Belgierin, die eigentlich Österreicherin ist, aber den Großteil ihres Lebens in Deutschland verbracht hat – auch das ein Zeichen, ihrer Wandlungsfähigkeit – ist wählerisch. Aber nur was die Geschichten anbelangt, ihre Rolle ist ihr gar nicht so wichtig. Sie spielt auch in der zweiten Reihe, wenn der Charakter zu ihr passt.
Koschitz hat auch in Hanni und Nanni mitgespielt - als Lehrerin
Der Charakter allerdings muss passen, sonst geht es nicht. Ein typisches Mädchen war Koschitz nie. Zwar hat sie in der Verfilmung von „Hanni und Nanni“ mitgespielt, als „strenge Physiklehrerin mit trockenem Humor“. Als Kind hat sie aber lieber den Pumuckl angeschaut. War schon damals kein Girly Girl, sondern froh, als sie die Schule und ihr Physiktrauma endlich hinter sich lassen konnte. Nur wie sollte es weitergehen nach der Schule?
Nach ihrem Vorbild befragt, gibt Koschitz ihre Eltern an. Und nein, die sind keine Schauspieler. Konnten der Tochter nicht den Weg ebnen durch Vitamin B, wie Beziehungen. Dafür haben sie ihr geraten: „Einen Beruf zu suchen, der mir Freude macht und für den ich bereit bin, Opfer zu bringen.“ Im Laufe der Jahre hat Julia Koschitz erkannt, dass „Kreativität mir am meisten Freiheit bietet“. Nur welcher Weg auf die Bühne sollte es sein – oder doch lieber hinter der Bühne? Denn um vor der Kamera zu bestehen, braucht es Mut zu Entscheidungen und eine eigene Meinung, sagt Koschitz.
Die Speed Dating Komödie „Shoppen“ war Koschitz Kinodebüt
Diese innere Stärke, zeichnet Julia Koschitz aus, verhilft ihr dazu, stets wandlungsfähig zu bleiben. Egal ob sie in Büchners „Woyzeck“ auf der Coburger Bühne gespielt hat, 2007 mit der Speed-Datingkomödie „Shoppen“ aus der Feder des Regisseurs Ralf Westhoff ihr Kinodebüt gefeiert hat, oder in „Im Schatten der Angst“ dunklere Nuancen zeigt. Keine verrückte Beziehungsneurotikerin wie einst Woody Allen in der Stadtneurotiker, sondern eine forensische Psychiaterin, die über Schuld und Unschuld befinden muss. Im Zentrum von Koschitz Rollen, bleibt eine Konstante: zwischenmenschliche Beziehungen. Doch wie gelingt es, die glaubhaft herüberzubringen?
Mit Mikroexpressionen, feinen Ausdrücken im Gesicht. Die sind unverzichtbarer Teil der Körpersprache, um als glaubwürdige Darstellerin vor der Kamera wahrgenommen zu werden. Doch Koschitz neigt manchmal auch zu großen Gesten. Typisch für eine Theaterschauspielerin auf der Bühne. Dort sitzen die Zuschauer weit weg, was einen ganz anderen Körpereinsatz verlangt. Beides vereint Julia Koschitz zu einem ganzen, durch die großen Gesten wirkt sie dynamisch, bisweilen hektisch. Je nachdem, was die Rolle verlangt. Denn für Koschitz steht fest: „Ich liebe Schauspieler, bei denen es nicht mehr Spielen, sondern Sein ist.“
Und gute Schauspieler werden nicht geboren: Es geht um mehr als bloße Nachahmung einer Rolle durch Einfühlen, der Charakter muss mit dem Verstand durchdrungen werden. Deshalb hat Julia Koschitz als Österreicherin in Wien am Konservatorium studiert, in Coburg, Regensburg und München am Theater gespielt. In München spielt auch die Krimiserie „München 7“, in der Koschitz als schnoddrige Kommissarin überzeugt und in München hat Gestaltwandlerin Koschitz zumindest vorerst auch ihre Heimat gefunden.
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