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Jahresrückblick: Reichtum, Royals, Rundfunk: Die Gesichter des Jahres 2022 in Panorama

Reichtum, Royals, Rundfunk: Die Gesichter des Jahres 2022 in Panorama
Jahresrückblick

Reichtum, Royals, Rundfunk: Die Gesichter des Jahres 2022 in Panorama

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    Jeff Bezos und Elon Musk

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    Foto: Andrej Sokolow, dpa - Carina Johansen, NTB/dpa

    Der Franzose Jules Verne hat in seinen Büchern ja viele spätere Entwicklungen vorweggenommen. Reisen zum Mond etwa oder unter Wasser. Gerne hat er auch mysteriöse Romanfiguren modelliert, die unermesslich reich sind und irre Maschinen konstruieren: Kapitän Nemo etwa oder Robur der Sieger. Dass es im frühen 21. Jahrhundert aber mit Jeff Bezos und Elon Musk gleich zwei solche Charaktere real geben wird, konnte er nicht voraussehen. Beide bauen Raumschiffe, wollen die Menschheit hinaus in den interplanetaren Raum treiben und beide gelten nicht unbedingt als Sympathieträger. 

    Mit der ruppigen Art, wie Elon Musk nach der Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter mit seinen Beschäftigten umgegangen ist, hat er sich immer noch mehr Zustimmung verspielt. Und dass es den Menschen, die bei Jeff Bezos Megaversandhandel Amazon arbeiten, häufig nicht gut geht, ist schon lange bekannt. 2014 war er darum beim Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes zum „Schlechtesten Chef der Welt“ gewählt worden. 

    Nun, beim Wettlauf in den Weltraum hat Elon Musk gegenüber Jeff Bezos mit seinen SpaceX-Raketen zwar eindeutig Nase vorn. Doch der Amazon-Begründer hat einen anderen natürlichen Vorteil, den Musk niemals wettmachen kann. Nachdem die Amerikaner ja auch Leute wie Donald Trump zu Präsidenten machen, steht zu befürchten, dass sie das eines Tages auch mit unermesslich reichen Raumschifferbauern machen werden. Aber: Elon Musk ist per US-Recht als gebürtiger Südafrikaner raus aus der Nummer. Jeff Bezos hingegen kam in New Mexico zur Welt. Und könnte sich somit eines Tages gar auf den Weg machen – ins Weiße Haus. (Markus Bär)

    König Charles und Prinz Harry

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    Wenn der Vater das Zepter in der Hand hat und der Sohn nicht so will wie er, wird es ungemütlich. Das gilt umso mehr, wenn das Zepter nicht nur metaphorisch gemeint ist und auch noch eine Krone hinzukommt – wie im Jahr 2022 in Großbritannien. Während Charles III. versucht, sein Königreich zu einen, spaltet Prinz Harry die Insel. 

    Nicht einmal der Tod konnte die Royals und ihren abtrünnigen Spross, der inzwischen bekanntlich mit seiner ebenso zwiespältig angesehenen Ehefrau und den beiden Kindern in Kalifornien lebt, wieder einen. Zwar marschierte die königliche Familie beim Trauerzug für die verstorbene Queen Elizabeth II. einträchtig nebeneinander, doch Harry und Meghan zerschlugen spätestens mit ihrer neuesten Netflix-Abrechnung im Dezember wieder alles oberflächlich gekittete Porzellan. 

    Britische Medien berichten, dass Charles III. das Telefon nicht mehr abgenommen haben soll, sobald Harrys amerikanische Nummer darauf auftauchte. Mehr noch: Nicht einmal mehr für die Sicherheit der Sussexes in den USA wollte die Krone noch zahlen. 

    Immerhin, es scheint Hoffnung zu geben für das Jahr 2023. Angeblich hat der 74-jährige Charles Harry samt Familie bereits zu seiner offiziellen Krönung im Mai eingeladen. Ob sie kommen werden und sollen, darüber sind die Briten wieder einmal geteilter Meinung – wie immer, wenn es um Harry und Meghan geht. 

    Doch weil man am Ende eines Jahres ja am liebsten zuversichtlich in die Zukunft schaut, erinnern wir uns an einen Satz von Prinz Harry, der noch gar nicht so lange zurückliegt. Im US-Fernsehen sagte er damals über seinen Vater: „Natürlich werde ich ihn immer lieben.“ (Sarah Ritschel)

    Bischof Bätzing und Kardinal Woelki

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    Foto: Sebastian Gollnow, dpa - Oliver Berg, dpa

    Man kann am Gesichtsausdruck des Limburger Bischofs Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, stets gut sehen, wie es ihm geht. Oft war in seinem Gesicht zuletzt eine Mischung aus Verärgerung, Frust und trotziger Zuversicht zu lesen. Das Gesicht des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki wiederum wirkt auf viele starr und kalt. Die beiden sind im zu Ende gehenden Jahr nochmals stärker zu Gesichtern einer massiv kriselnden katholischen Kirche geworden. 

    Bätzing vertritt dabei die Mehrheit der Bischöfe (und wohl auch Kirchenmitglieder), die mit Blick auf und in den Abgrund des Missbrauchsskandals Reformen wie eine erneuerte Sexualmoral herbeisehnen. Woelki hält das für einen Angriff auf Lehre und Tradition. Und so ruhen die Hoffnungen des liberalen Lagers auf Bätzing, die des konservativ-katholischen auf Woelki. 

    Das Ringen um einen Weg aus der Krise in die Zukunft wird von lautstarkem Getöse begleitet. Wie tief die Gräben sind, zeigte sich im September in Frankfurt am Main auf der vierten Versammlung des „Synodalen Wegs“ – jenes 2019 gestarteten Reformprozesses zwischen deutschen Bischöfen und engagierten Laien. Er stand kurz vor dem Scheitern, und nach dem Ad-limina-Besuch der Bischöfe in Rom im November tut er das mehr denn je. 

    Was Papst Franziskus von den deutschen Reformplänen hält? Wenig. Was er über Woelki denkt? Unbekannt. Er lässt den – wegen seines Umgangs nicht nur mit Missbrauchsfällen – umstrittenen Kölner Kardinal, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der falschen Versicherung an Eides statt ermittelt, weiter im Amt. Auf Kosten des Erzbistums und der gesamten Kirche in Deutschland. (Daniel Wirsching)

    Patricia Schlesinger und Tom Buhrow

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    Was als auf den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) herabregnender Enthüllungsschauer begann, wurde schnell zum veritablen Sturm, der die beitragsfinanzierten Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio hinwegzufegen drohte. Zumindest wirkte es so in manchen (sozialen) Medien: Das ganze System, ein Skandal! Wirklich? 

    Nun, es offenbarten sich eine Reihe von – auch strukturellen – Missständen, die eine seit Jahren andauernde Debatte kräftig befeuerten. Derart kräftig, dass die Existenzfrage gestellt wurde. In dieser Debatte warf sich, wie es Medienforscher Lutz Hachmeister formulierte, der kommissarische ARD-Vorsitzende Tom Buhrow Anfang November „entschlossen hinter den fahrenden Zug“. 

    Unter anderem „Gratismut“ wurde dem seit 2013 amtierenden WDR-Intendanten vorgehalten, der im Hamburger Übersee-Club vieles grundsätzlich infrage stellte (es aber bei Fragen beließ): Brauche es zwei bundesweite, lineare TV-Sender? Sollen die regionalen Programme Vollprogramme bleiben? Sind 16 Orchester, Big Bands und Chöre notwendig? Immerhin: Buhrow sprach an, was anzusprechen ist – und von „der“ Medienpolitik und „den“ Sendern in Angriff genommen werden müsste. Also so, dass es für jeden sichtbare Folgen hätte. 

    Dabei leisten die Öffentlich-Rechtlichen gute journalistische Arbeit und nicht alles ist skandalös. Umso verheerender das Verschulden und Versagen einer Intendantin wie Patricia Schlesinger vom RBB (Audi A8 mit Massagesitzen, italienisches Eichenparkett), die Verdruss über ARD, ZDF und Deutschlandradio massiv beförderte. Sie wurde im August regelrecht aus dem Amt geweht. Die weiteren Aussichten für die Sendeanstalten: stürmisch. (Daniel Wirsching)

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