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Interview: Slash im Interview: „Der Sex-Appeal der Rockmusik leidet“

Interview

Slash im Interview: „Der Sex-Appeal der Rockmusik leidet“

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    Saul Hudson alias Slash: inzwischen 56 und aktuell mit den Conspirators ein neues Album am Start: "4".
    Saul Hudson alias Slash: inzwischen 56 und aktuell mit den Conspirators ein neues Album am Start: "4". Foto: Austin Nelson

    Slash, Ihre Plattenfirma hat extra betont, ich solle Sie nichts Doofes fragen, aber: Ist der Titel Ihres neuen Albums mit den Conspirators „4“ nicht etwas schlicht?

    Slash: Ich wollte absichtlich keinen cleveren Titel nehmen und vollständig auf jegliche Anspielung zu unserer momentan eher beschissenen Gesamtsituation verzichten. Die vergangenen Jahre sollten nicht auch noch mit einem Titel gewürdigt werden, und außerdem ist „4“ ja wirklich unser viertes Album.

    Das Stück „The River Is Rising“ ist ja eine deutliche Warnung vor schlimmen gesellschaftlichen Zuständen.

    Slash: Das kommt auf den Menschen an, würde ich sagen. Wir hatten ja jetzt in den vergangenen Jahren in politischer Hinsicht sehr aufgewühlte Zeiten. Die Unversöhnlichkeit und die Radikalität, mit der manche Leute in meinem Heimatland USA, aber auch in meinem Geburtsland Großbritannien aufeinander losgehen, haben mich sehr schockiert. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Menschen jemals zu meinen Lebzeiten so böse aufeinander waren. In den Vereinigten Staaten war das zuletzt vielleicht beim Sezessionskrieg der Fall, im vorletzten Jahrhundert. Dann noch Corona. 2020 ist das mieseste Jahr überhaupt gewesen.

    Sie sind seit 35 Jahren in zentraler Position dabei. Aus Ihrer Sicht: Wie geht es dem Rock’n’Roll?

    Slash: War schon mal besser, könnte aber auch schlechter sein. Wir müssen diese Kunstform ein bisschen pflegen, sonst verschwindet sie womöglich, wenn wir, die Musiker meiner Generation, irgendwann nicht mehr aktiv sind. Trotzdem tue ich mich schwer mit der Vorstellung, die Rockmusik könnte eines Tages aussterben. Ich meine, warum sollte sie? Es wird immer Kids geben, die lieben, was auch wir schon unser ganzes Leben lang lieben. Auch wenn sie vielleicht nicht mehr so zahlreich sein werden wie in den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern. Aber was mich wirklich ärgert ist etwas anderes.

    Slash spricht über das Verhältnis zu Axl Rose

    Was denn?

    Slash: Das Knisternde, überhaupt der Sex-Appeal der Rockmusik leidet. Schuld daran ist die moderne Computertechnik. Gerade unter den arrivierteren Kollegen haben sich viele den modernen Produktionsstandards angepasst und arbeiten heute viel mehr am Rechner als früher. Das führt dann dazu, dass du dir aus Faulheit nicht mehr so viele Gedanken machst, weil du ja eh deine ganzen Aufnahmen mit ein paar Klicks korrigieren kannst. Im Dance- und Pop-Bereich wird schon ewig so gearbeitet, im Rock aber zunehmend auch. Wir wollten diesen Trend brechen und ein Album aufnehmen, dem man auch anhört, dass es aus der Hitze des Moments geboren wurde.

    Gab es diese Faulheit nicht auch schon in den Neunzigern?

    Slash: Gott, das ist richtig. Als wir damals loslegten, waren eine ganze Menge an Schaumschlägern unterwegs. Und später dann, nach 2000 etwa, galt es beinahe schon als Kuriosum, wenn sich eine Band noch wirklich im selben Raum aufhielt, während sie ein Album aufnahm. Für mich sind diese Methoden nichts.

    Die Conspirators gibt es seit mittlerweile elf Jahren. Was ist das Besondere an Ihrem Verhältnis?

    Slash: Dass es so entspannt ist. Die Chemie ist einfach stimmig, sowohl musikalisch als auch menschlich. Was übrigens beides gleich wichtig ist. Als Band verbringst du normalerweise sehr, sehr viel Zeit zusammen. Du solltest dich also besser einigermaßen sympathisch finden. So eine Kameradschaft wie bei uns, die findest du definitiv nicht oft im Leben.

    Sie sprechen aus Erfahrung. Bei Velvet Revolver gab es immer wieder Knies mit Scott Weiland, und über die Kämpfe bei Guns N’ Roses könnten wir locker den ganzen Abend reden …

    Slash: Ich war in einigen Bands, in denen wir eher gegeneinander als miteinander gespielt und gearbeitet haben. Aber auf Guns N’ Roses kann ich, aus heutiger Sicht betrachtet, nichts kommen lassen. Wir wären nicht immer noch zusammen, wenn es menschlich nicht passen würde.

    Guns N’ Roses-Sänger Axl Rose und Sie haben in der Vergangenheit, nun ja, manche nicht ganz so netten Worte übereinander gesagt und eine Wiedervereinigung nach deinem Ausstieg 1996 wiederholt für unrealistisch erklärt, wenn nicht gar ausgeschlossen. Sind Sie beide einfach älter, reifer und milder geworden?

    Slash: In den Neunzigern ist uns das Gemeinschaftsgefühl abhandengekommen, das ist wahr. Gestern waren wir noch eine Club-Band auf dem Sunset Strip von L.A., und plötzlich sind wir das größte Ding des Planeten. Das musst du auch erst mal verarbeiten. Doch seit wir 2016 wieder angefangen haben, zusammen aufzutreten, ziehen wir das Ding wirklich gemeinsam durch. Du würdest es nicht aushalten, mit Mitte 50 dreistündige Stadionshows zu spielen, wenn du dich in Wirklichkeit nicht riechen kannst.

    Slash: Live mit Guns N' Roses in Deutschland 2022 und mit den Conspirators 2023

    Ich nehme an, Sie sind froh, dass Sie sich wieder arrangiert und zusammengerauft haben.

    Slash: Logisch. Ich bin ein Mensch, der sowieso gerne mit allen gut auskommt. Es ist nicht meine Art, Streit zu suchen, und ich mag es, wenn sich auch andere in meiner Gegenwart wohl fühlen. Als Mensch bin ich ruhig und freundlich, im Studio und auf der Bühne aber, da kann ich meinen Enthusiasmus kaum zügeln.

    Der Plan ist, dass Sie im Sommer mit Guns N' Roses zu uns kommen und die Konzerte nachholen, die ursprünglich schon 2020 hätten stattfinden sollen. Bleibt es dabei?

    Slash: An uns wird das gewiss nicht scheitern. Wir sind am Start und freuen uns. Aber auch mit den Conspirators möchte ich unbedingt nach Europa kommen, wahrscheinlich Anfang 2023.

    Haben Sie während Corona noch irgendwelche neuen Hobbys gefunden?

    Slash: Ich habe mich erst mal neu organisieren müssen. So viel Freizeit bin ich nicht gewohnt gewesen. Nach dem ersten Schrecken und einer wochenlangen Flut von schlechtem Fast Food habe ich dann hauptsächlich mehr von dem gemacht, was ich sowieso gern mache. Ich war entweder im Fitnessraum oder im Studio. Ich wollte die Dinge nicht zu sehr schleifen lassen und auch darauf achten, dass der Körper fit bleibt, falls es mit den Konzerten genauso schnell wieder losgeht wie es aufgehört hat.

    Ihr älterer Sohn, der 19-jährige London ist auch Musiker und spielt in einer Band. Aber warum hat er sich für das Schlagzeug entschieden und nicht für die Gitarre?

    Slash: Er wollte das so. Ich unterstütze ihn und seinen Bruder Cash absolut auf ihrem Weg und achte darauf, die Jungs nicht in irgendeine Richtung zu drängen. Mit 19 und 17 sind sie alt genug, ihr eigenes Ding zu machen. London ist ein echtes Naturtalent am Schlagzeug, aber für ihn war immer klar, dass er die Finger von der Gitarre lässt. Denn der Gitarrist in unserer Familie bin immer noch ich (lacht).

    Zur Person

    Geboren im englischen Stoke-on-Trent als Sohn einer Afro-Amerikanerin wurde Saul Hudson als Slash ab 1985 an der Leadgitarre der US-Band Guns n’ Roses berühmt. Das ist er nach der Trennung 1996 seit 2016 wieder. Dazu kamen Bands wie Velvet Revolver, Soloalben und Starauftritte etwa an der Seite Michael Jacksons. Der 56-Jährige lebt, zweifach geschieden und Vater zweier Söhne, mit Partnerin in San Fernando, Los Angeles.

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