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Interview: Eros Ramazzotti: "Man eckt schnell an, wenn man als Künstler Stellung bezieht"

Interview

Eros Ramazzotti: "Man eckt schnell an, wenn man als Künstler Stellung bezieht"

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    Ein Pferdeliebhaber ist er auch noch: Eros Ramazzotti, inzwischen 58 Jahre alt.
    Ein Pferdeliebhaber ist er auch noch: Eros Ramazzotti, inzwischen 58 Jahre alt. Foto: Maki Galimberti

    Sie beginnen Ihre Welttournee in der altehrwürdigen Stierkampfarena „La Maestranza“ hier in Sevilla. Warum gerade dort?

    Eros Ramazzotti: Weil Sevilla eine wunderschöne Stadt und La Maestranza ein ganz besonderer, wunderbarer Ort für ein Konzert ist.

    Ein Ort jedoch, an dem traditionell Stiere brutal zu Tode kommen.

    Ramazzotti: Das stimmt, und tatsächlich tut mir das weh. Es ist ein Zwiespalt. Ich bin ein großer Tierliebhaber. Ein Tier sterben zu sehen, trifft mich sehr und gefällt mir überhaupt nicht. Mir tun die Tiere, die getötet werden, sehr leid. Trotzdem ist es eine besondere Ehre, in solch einer Arena Musik machen zu können. Denn Musik bedeutet für mich und für die Menschen: Liebe.

    Ist Spanien hinter Italien inzwischen der zweitwichtigste Markt für Ihre Musik?

    Ramazzotti: In Spanien habe ich tatsächlich sehr viele Fans, ich habe ja auch schon auf Spanisch gesungen. Und der Erfolg in Spanien hat mir viele Türen nach Lateinamerika geöffnet, wo ich ebenfalls regelmäßig und sehr gerne spiele.

    Als Sie mit Ihrer Gesangskarriere anfingen, waren romantische und gefühlvolle Balladen sehr gefragt. Heute hat sich die Musik stark verändert, und es gibt viele moderne Genres wie Rap oder Reggaeton. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

    Ramazzotti: Nun ja, das Leben verändert sich nun einmal unweigerlich und ohne, dass wir etwas dagegen tun können. Und die Geschmäcker und Vorlieben der Menschen ändern sich auch. Ich muss sagen, die Musik ist flach geworden, alles klingt heute so ähnlich. Es ist keine Überraschung, dass noch immer sehr gern die Lieder aus den sechziger oder siebziger Jahren gehört und die Musiker und Bands von damals verehrt werden. Das, was früher war, wird bleiben. Die aktuelle Musik wird bald wieder vergehen, denke ich.

    Eros Ramazzotti mit seiner damaligen Frau Michelle Hunziker und dem gemeinsamen Kind.
    Eros Ramazzotti mit seiner damaligen Frau Michelle Hunziker und dem gemeinsamen Kind. Foto: dpa (Archivbild)

    Können Sie selbst gut mit Veränderungen umgehen?

    Ramazzotti: Ich bin kein Teenager mehr, und das ist vollkommen in Ordnung. Ich singe die Lieder und führe das Leben eines erwachsenen Mannes. Aber ich sage zum Beispiel immer noch „CDs“, und ich höre auch noch CDs und LPs, auch wenn die Musik heute ja fast nur noch digital konsumiert wird.

    Finden Sie es schwierig, Ihre kreative Essenz zu behalten und zugleich mit der Zeit zu gehen?

    Ramazzotti: Nein, das finde ich nicht. Ich bin ein Mensch, der anderen Menschen mit seiner Arbeit Vergnügen bereiten will. Das ist sehr wichtig, gerade nach den letzten paar Jahren, gerade jetzt. Aber meine Essenz, wie Sie sagen, ist nicht nur meine Musik. Meine Essenz, das bin ich, ein ganz normaler Mensch. Gestern zum Beispiel habe ich einen Spaziergang unternommen, hier in Sevilla, und es war herrlich und unbeschwert.

    Um unbeschwerte Zeiten geht es auch in Ihrer neuen Single „Sono“. Im Video stehen Sie mit Ihrem spanischen Duettpartner Alejandro Sanz als Erwachsene auf einem Fußballplatz. In Rückblenden sieht man Sie aber auch als spielende Jungs. Wären Sie selbst gerne wieder ein Kind?

    Ramazzotti: Nein (lacht). Ich möchte kein Kind mehr sein. Aber die Szenen im Video haben tatsächlich viel Ähnlichkeit mit meiner eigenen Kindheit. Mit drei, vier Jahren rannten ich schon dem Ball hinterher. Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, auf der Straße Fußball zu spielen.

    Eros Ramazzotti: Zur Person

    Große Neuigkeiten: Demnächst wird Eros Ramazzotti wohl Opa. Die aus der 2009 geschiedenen Ehe mit Model Michelle Hunziker stammende Tochter Aurora ist schwanger (er hat noch zwei weitere Kinder aus einer 2019 geschiedenen zweiten Ehe).

    Und dann hat dieser Weltstar der Schmusesongs mit seinen über 70 Millionen verkauften Alben auch ein eigenes neues Baby: „Battito Infinito“ („Unendlicher Takt"), sein erstes Werk nach vier Jahren, es ist sein insgesamt 16. Studioalbum.

    Am 28. Oktober geht er selbst in sein 60. Lebensjahr und gut 40 Jahre ist es nun her, dass seine Karriere begann, als er sich durch einen Auftritt bei einem Talentwettbewerb den ersten Plattenvertrag ersang.

    „Sono“ ist ein Lied über das Festhalten von seinen Träumen, egal, wie hart einem die Hochs und Tiefs des Lebens bisweilen zusetzen können. Wie gehen Sie mit etwas dunkleren Momenten um?

    Ramazzotti: Manchmal braucht es nicht viel, um schwere Zeiten leichter erscheinen zu lassen. Alte Freundinnen oder Freunde und die Kraft der Erinnerungen können uns helfen, wieder ganz wir selbst zu sein.

    Wie wählen Sie eigentlich Ihre Gesangspartnerinnen und -partner aus? Neben Alejandro Sanz gibt es dieses Mal ein Duett mit Jovanotti, in der Vergangenheit haben Sie unter anderem mit Joe Cocker, Cher oder Ricky Martin gesungen …

    Ramazzotti: Sie alle haben gemeinsam, dass sie großartige Künstler und tolle Musiker sind. Popmusik, das steckt ja schon im Wort, ist populär, also beliebt. Daher liebe ich es, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die etwas bewegen und auch etwas zu sagen haben. Ich habe keine Zweifel daran, dass Popmusik immer existieren wird.

    Finden Sie die aktuelle Popmusik weniger gehaltvoll, vulgärer als die frühere?

    Ramazzotti: Verallgemeinerungen sind immer schwierig. Natürlich sind Songtexte wichtig, sie beeinflussen vor allem die jüngere Generation. Und die Jugend will in ihrer Musik nicht das hören, was die Eltern oder die Lehrer ihren beibringen. Musik stimuliert die Jugend, sie ist auch ein Mittel des Aufbegehrens. Doch ich denke, man sollte man schon ein wenig darauf achten, was man so singt.

    Auf der anderer Seite kann Musik viel bewegen. In Italien, und nicht nur dort, war vor einigen Jahren die alte Partisanenhymne „Bella Ciao“ ein Riesenerfolg. Die antifaschistische Hymne ist auch ein Statement gegen rechte Politik und rechte Parteien. Jetzt wird in Italien wieder gewählt …

    Ramazzotti: Das Lied, über das wir sprechen, hat natürlich einen politischen Hintergrund, es wurde von einer Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg gesungen. Aber ich möchte darüber nicht urteilen. Jedem das Seine. Ich bewerte Menschen grundsätzlich vor allem aus dem künstlerischen Blickwinkel. Ob sie links, rechts oder was auch immer sind und welcher Partei sie möglicherweise angehören, weiß ich oft gar nicht. Es ist für mich auch nicht unbedingt relevant. Mich interessiert vor allem das Gefühl, die Emotion, die ein Künstler vermittelt. Sie sollte im Vordergrund stehen. Und nicht die Politik oder eine Polemik. Ich habe den Eindruck, dass heute alle sehr empfindlich geworden sind. Man eckt sehr schnell an, wenn man als Künstlerin oder Künstler Position bezieht. Das halte ich nicht in jedem Fall für fair.

    Welche Macht hat Musik?

    Ramazzotti: Ich glaube nicht daran, dass Musik die Welt oder grundsätzlich das Leben eines Menschen verändert. Aber Musik tut gut, sie bringt Freude. Und ich nehme diese Aufgabe ernst. Ich will ein positiver, zuversichtlicher Mensch und Künstler sein. Viele Leute hören meine Lieder, und diesen Menschen will ich mein Bestes und Aufrichtigstes geben.

    Eros, was sind Ihre Träume?

    Ramazzotti: Ich höre nie auf zu träumen. Mein Traum ist, dass das Leben für alle von uns besser ist. Jeden Tag wünsche ich mir, dass wir uns auf dieser Welt weiterentwickeln und dazulernen. Ich freue mich zum Beispiel darüber, dass wir der Natur endlich mehr Respekt entgegenbringen. Aber der Weg zur Vernunft ist lang, und wir sehen aktuell, wie heftig sich unser Planet wehrt. Die Natur hat uns in diesem Sommer sehr eindeutige Signale geschickt, dass wir so nicht weitermachen, sondern mehr Rücksicht auf unsere geliebte Erde nehmen müssen.

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