David, Sie sitzen vor einer Wand voller Goldener Schallplatten und anderer Preise. Gucken Sie sich Ihre Meriten regelmäßig an?
David Hasselhoff: Hin und wieder schon. Ich bin stolz auf meine Arbeit und auf das, was ich geschafft habe. Gerade vorhin fiel mir eine Auszeichnung auf, die ich vor vielen Jahren von Siegried & Roy überreicht bekam. Da musste ich an die beiden denken. Tolle Burschen waren das. Mit wirklich fantastischen Tigern.
Sind Sie befreundet gewesen?
Hasselhoff: Ja, ich verstand mich super mit den beiden. Wir reisten mal zusammen in einem Flugzeug. Hinten saß Roy und kümmerte sich um die Tiger, vorne unterhielten sich Siegfried, mein Vater und ich. Siegfried erzählte uns, wie er und Roy sich auf einem Kreuzfahrtschiff kennenlernten und verliebten, wie sie die Welt eroberten und wie ihm die Tiger am Anfang etwas unheimlich waren, er war ja eher ein Magier und kein Dompteur wie Roy. Jahre später schenkten sie mir einen ganz schön großen Stofftiger. Wo der wohl gelandet ist (lacht).
Wie stehen Sie selbst zu Tieren?
Hasselhoff: Ich mag Tiere. Vor allem wilde. Ich könnte niemals eines erschießen. Ich bin ein Tier-Umarmer (lacht).
Sie sind ja auch ein Menschen-Umarmer und jemand, der gern unter Leuten ist. Feiern Sie Ihren 70. Geburtstag groß?
Hasselhoff: Ja, das werde ich. Mann, vor einigen Tagen kam ich noch wirklich ins Grübeln, ob ich die Party wirklich veranstalten soll oder nicht. Die Tragödie in Highland Park bei Chicago, wo ein Attentäter sieben Menschen erschoss, hat mich richtig fertiggemacht. Als Jugendlicher habe ich ganz in der Nähe gelebt. Ich war echt geschockt, und dann holte ich das Fahrrad aus der Garage und fuhr erst mal runter an den Strand nach Santa Monica. Das mache ich gerne, wenn ich nachdenken muss. Außerdem ist Fahrradfahren sehr gut für mein Knie.
An dem Sie sich vor einigen Monaten in der Unfallklinik im bayrischen Murnau haben operieren lassen.
Hasselhoff: Richtig. Das Knie wurde erfolgreich behandelt, und jetzt braucht es Bewegung. Ich überlegte also: „David, willst du jetzt feiern oder nicht?“ Und ich fällte eine Entscheidung, rief mein Team an und sagte: „Ja, wir feiern.“ Wir haben einen tollen Ort für die Party gefunden. Das „Paddler’s Fork“ wird vollgepackt sein mit Freunden, Weggefährten und Angehörigen. Ich bin mir sicher, es wird eine superschöne Nacht.
Wollen Sie auch auftreten?
Hasselhoff: Wir haben einen DJ und eine Band, die auf Spanisch singt. Ich denke, ich werde irgendwann nicht vermeiden können, auf die Bühne zu gehen, und ein paar Songs zum Besten geben (lacht).
Was wünschen Sie sich?
Hasselhoff: Es ist sonst nicht meine Art, aber dieses Jahr habe ich mir selbst ein Geburtstagsgeschenk gekauft. Nach der wirklich harten und tollen Arbeit an der Serie „Ze Network“ habe ich mir ein wunderschönes Auto gegönnt.
Nämlich?
Hasselhoff: Einen Audi R8. In Azurblau. Herrlich.
Sie beschenken jetzt quasi Ihre Fans mit der Box „Birthday Party Your Hasselhoff“. Darin gibt es neben der letztjährigen CD mit drei neuen Stücken unter anderem auch einen Kühlschrankmagneten, ein Lederhalsband und ein Päckchen deines Kaffees namens „Hoffee“.
Hasselhoff: Ja, in der Box sind schon ein paar echt feine Sachen. Und ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Wortspiele mit meinem Namen ich noch so im Kopf habe. Der Hoffee-Kaffee ist übrigens sehr gut. Und wichtig, jedenfalls für mich. Eine gute Tasse Kaffee zählt zu den ganz wenigen Dingen, für die ich töten könnte.
Eines der von Ihnen neu aufgenommenen Lieder ist „Imagine“ von John Lennon. Eine Friedens- und Hippie-Hymne. Kein Zufall, oder?
Hasselhoff: Nein, volle Absicht. Ich halte es nicht für unmöglich, dass sich die Menschen verstehen, miteinander auskommen und sich lieben. Es ist doch so einfach. Eigentlich. Aber Geld, Egoismus und Machtgelüste stehen einem guten Zusammenleben immer wieder im Weg.
Was kann der Menschen-Umarmer Hasselhoff dafür tun, dass die Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderfällt
Hasselhoff: Ich kann Ihnen eines sagen: Gelassenheit ist die halbe Miete. Ich kann mich über alles aufregen und irgendwie grundaggressiv durch die Gegend laufen. Oder ich kann lächeln, wenn mir jemand die Vorfahrt nimmt und mich dann noch frech anhupt. Ich denke, wenigstens ein freundliches Gesicht zu machen, das bringt schon sehr viel.
Glauben Sie, die Menschen lieben Sie auch deshalb, weil Sie ein Typ sind, der einem einfach nichts Böses will
Hasselhoff: Da wird was dran sein. Vor allem aber lieben sie, von mir an das Kind erinnert zu werden, dass sie alle einmal waren. Dieses ewige Kind muss ab und zu gepflegt werden. Zum Beispiel bei meinen Konzerten. Ich sprach letztens nach einer Show mit einem Mann um die 40, Lokführer von Beruf. Ich wollte wissen, warum er gekommen ist. Wollte er ein paar Bier trinken, wollte er einen ulkigen Abend verbringen, genoss er es, dass ich mich selbst nicht zu ernst nahm? Er sagte: Ein bisschen von alledem, aber in erster Linie wollte ich meine Kindheit noch mal erleben.
Unbeschwerte Stunden.
Hasselhoff: Total. Ich gebe mit meinen Konzerten ein Glücksversprechen. Zwei Stunden lang bleibt der Schrecken garantiert draußen.
Sie wären 2014 beinahe in Kiew aufgetreten. Putins Einmarsch auf der Krim machte die Pläne dann zunichte.
Hasselhoff: Ja, das stimmt. Alexandra Hildebrandt, die Chefin des Berliner Museums am Checkpoint Charlie, hatte mich eingeladen. Sie ist in Kiew geboren.
Was denken Sie, wenn Sie die Bilder aus der Ukraine sehen?
Hasselhoff: Ich fühle mich angewidert und abgestoßen von diesem Krieg. Ich habe das Gefühl, wir im Westen haben nicht genug getan, um zu verhindern, dass es so weit kommt. Ich bewundere den tapferen ukrainischen Präsidenten Selenskyj, und ich bewundere auch unseren Präsidenten Joe Biden. Würde ich in seiner Haut stecken, hätte ich wahrscheinlich nicht so viel Geduld wie er. Ich bin seit Monaten ziemlich süchtig nach CNN, ich versuche, das alles zu verstehen. Aber manchmal kann ich nicht mehr. Dann muss ich raus.
Um sich abzureagieren?
Hasselhoff: Genau. Fahrrad aus der Garage und ab auf den Radweg am Strand.
Sie sagen, wir haben nicht genug getan. Was tun Sie in dieser Situation?
Hasselhoff: Ich bin zu meinem Nachbarn Fernando Garibay, einem Produzenten von Lady Gaga und Ricky Martin, gegangen und habe mit ihm den Song „Helping Hands“ aufgenommen. Vielleicht kann ich mit dem Lied ein klitzekleines bisschen Gutes bewirken. Ich mache auch jederzeit gerne alles mit, um Geld zu sammeln und Aufmerksamkeit zu schaffen. Ruft mich bitte einfach an (zeigt auf sein Telefon). Wen ich wirklich bewundere, das sind die Menschen, die Flüchtlinge aus der Ukraine bei sich aufgenommen haben.
Ganz anderes Thema. Ihre aktuelle Single „Damnit I Love You“ ist ein Duett mit Matthias Reim und eine Coverversion seines größten Hits „Verdammt, ich lieb Dich“. Was verbindet Sie?
Hasselhoff: Matthias ist einfach ein cooler Typ. Wir kommen prima miteinander aus. Er war bei einem meiner Konzerte, wir verstanden uns prächtig, und als wir den Song in einer TV-Show sangen, kam das sehr gut an. Matthias hat jetzt gerade ein Baby bekommen, ich wünsche ihm nur das Beste und bin mir sicher, ich sehe ihn bald wieder. Bei euch in Deutschland läuft man sich ja sowieso andauernd über den Weg, irgendein Florian Silbereisen oder ein Thomas Gottschalk ist ja immer in der Nähe (lacht).
Gottschalk ist in Ihrem Alter und wirkt ebenfalls wie ein großes Kind.
Hasselhoff: Thomas liebt seine Arbeit genauso sehr wie ich meine. Daher kommt das. Wenn du Spaß hast bei dem, was du tust, dann machst du es mit kindlicher Begeisterung. Ich bin ein erwachsener Mann, der verrückte Sachen macht und dank seiner Arbeit für immer jung bleiben kann.
Sind Sie einer der jüngsten 70-Jährigen der Welt?
Hasselhoff (lacht): Im Kopf ganz bestimmt. Der Körper sorgt manchmal für etwas Frust, weil ich nicht mehr rennen kann und mal dieses, mal jenes ist. Aber das ist okay. Wenn ich arbeite, fokussiere ich mich total auf das, was ich tue, und dann vergesse ich meine Wehwehchen. Auch deshalb kriege ich von meiner Arbeit nie genug.
Denken Sie eigentlich selber: O Mann, ich bin jetzt 70?
Hasselhoff: Es ist komisch, aber tatsächlich so gut wie nie. Dieses Alter ist eine seltsame Realität für mich. Ich denke oft an meine Mutter und an meinen Vater, und dann fällt mir ein, dass sie ja nicht mehr da sind. Oder ich schaue mir meine Töchter an, das sind jetzt erwachsene Frauen. Taylor Ann ist 32 und heiratet jetzt, und Hayley ist wie ich - sie findet ihr Glück in ihrer Arbeit. Bei meinen Mädchen merkst du echt, dass sie Hasselhoffs sind. Wir haben eine gemeinsame Devise: Hasselhoffs do what is in front of them – Hasselhoffs kümmern sich um das, was gerade vor ihnen liegt.