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Gesellschaft: Weil das Schöne bleibt: Ein Blick auf Kleinigkeiten im Alltag

Gesellschaft

Weil das Schöne bleibt: Ein Blick auf Kleinigkeiten im Alltag

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    Manchmal können auch Menschen so schön aussehen wie kuschelnde Eulen.
    Manchmal können auch Menschen so schön aussehen wie kuschelnde Eulen. Foto: prochym, stock.adobe.com

    Die nun irgendwie anders lächelnden Mitglieder der Zeugen Jehovas? Unverändert mit ihren „Erwachet!“-Postern und -Broschüren an den Straßenrändern stehend – während auf den Straßen laut Schlagzeilen das Land nun erwacht. 

    An einem kristallklarkalten Wintermorgen das Glitzern des Raureifs auf der Wiese bei aufgehender Sonne – und die Erinnerung an Harald Schmid, wie er einst in seiner Show mit entsprechender Handbewegung sagte: „Heute Morgen, nachdem ich den Tau von den Wiesen aufgelesen habe …“ Oder: „Ja zu deutschem Wasser!“

    Beobachtungen beim Bauernprotest

    Bis in die letzte Faser austrainierte Modellathleten verschiedener Sportarten, die vor laufender Kamera immer wieder sagen: Es ist alles zu 80 Prozent Kopfsache. 

    Der Buchtitel des Monats: „All die Schönheit dieser Welt“. Ein Mann verliert durch einen sehr nahen Todesfall seine Lebensfreude, kündigt seinen Beruf als Journalist – und arbeitet fortan als Museumswächter, findet, nun alltäglich umgeben von Kunst, wieder zurück zum Schönen. 

    Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, der bei einem Bauernprotest in Cottbus auf einen Mann mit AfD-Kappe traf und ihm sagte, er habe die falsche Mütze auf: „Oder du willst die Subventionen alle streichen.“ Was der Mann verneinte, woraufhin Woidke ihm die Hand auf die Schulter legte und sagte: „Steht aber im Grundsatzprogramm – lies das mal.“ 

    Es ist bereits Januar, die Märchenfenster in der Stadt, vor einem von denen eine Mama gerade ihrer kleinen Tochter vorliest, sind aber noch aus den Festtagen geblieben – bis die Kleine sich mittendrin in der Geschichte ganz verzweifelt an die Mutter wendet und sagt: „Ja, aber Mama, wann ist denn jetzt endlich Weihnachten?“ 

    Das große, selbst gemachte Schild auf einer Demonstration, das – zwischen solchen mit „Schnauze voll!“ und „Es reicht!“ – sagt: „Für den Wald und die Tiere.“

    "Delulu" als Jugendwort des Jahres 2024?

    Dass als erster heißer Kandidat für das Jugendwort des Jahres bereits „delulu“ gehandelt wird. Eigentlich ist es eine Kurzform des englischen Adjektivs delusional, zu Deutsch wahnhaft. Aber inzwischen stehe es dafür, dass sie die „delulu-Generation längst mit der Unerfüllbarkeit ihrer Wünsche arrangiert hat“, weil wahr werdende Lebensträume angesichts all der herrschenden Krisen und Unsicherheiten als irrational erscheinen. Im Netz kursiert schon der alberne, aber doch auch trotzig schön Erfüllung erhoffende Spruch: „May all your delulu come trululu.“ 

    Ein Vater beim Spazieren mit dem kleinen Sohn, der mit der Holzente am Führstock, bei jedem Schritt die Lederfüße flappend, gerade im Laufen sicher wird – eine Stunde später genau drei Meter weitergekommen und das Kichern am Hin und Her noch immer ungebrochen. 

    Die Erinnerung an das Glück, das noch immer da, immer geblieben aus solchen Momenten, wenn das noch wackelig aber stolz laufende Kind beim Versteckus so kichernd durch das Haus nach „Baba! Baba!“ ruft, dass einem das Herz übergeht. 

    Die sehr schön gemachten Bücher aus dem Kjona-Verlag, etwa „Vertrauensübungen“ von Susan Choi, in dem steht: „Seitdem bin ich auf der Suche nach ebendieser geheimen Botschaft, nach ebendieser Bestätigung, dass ich dem Absender der Botschaft mehr als andere bedeute. Ich bin mir sicher, wir sind alle auf der Suche nach dieser Botschaft, nur erhalten manche sie schon so früh, dass sie sie gar nicht als Botschaft erkennen. Sie fragen sich nicht, wer sie geschickt hat, weil sie sich ihrer eigenen Bedeutung bewusst sind. Aber so war ich nie, und ich bezweifle, dass ich je so sein werde. Wenn man einmal alt genug ist, eine Lücke in sich zu erkennen, ist es zu spät, diese Lücke noch zu füllen.“

    Das Pärchen, Mitte 30 vielleicht, das auf einer Parkbank sitzt, als nach einigen dunkelgrauen Tagen erstmals die Sonne durchbricht, und mit einem Lächeln und geschlossenen Augen nebeneinander nur die Schläfen aneinander lehnt – als würden sie so eins, könnten jeweils ins Innere des anderen blicken; wie kuschelnde Eulen.

    Aufregung um Oscar-Nominierung für Barbie

    Die Aufregung darüber, dass der Film „Barbie“ bei den Oscar-Nominierungen so wenig berücksichtigt wurde, inklusive der Regisseurin Greta Gerwig – ein Grund noch mal ihren früheren Film „Little Women“ anzuschauen, und wieder zu weinen. Und überhaupt: leises Weinen im Kino. 

    Das kleine Wunder, über einen zugefrorenen See gehen zu können; und in dessen Mitte drei Kinder, die sich offenbar schon seit Stunden darüber kaputt lachen, wie verrückt sie ausrutschen und hinfallen können – auf der Bank am Rand das Großeltern-Ehepaar, das das lächelnd beobachtet, Hand in Hand dasitzend. 

    Der Satz in einer der vielen Gesprächsrunden zu den aktuellen Protesten, dass, wer gegen die Rechten demonstriere, sich dann aber auch gegen die grassierende Verächtlichmachung der anderen stellen müsse, alle berechtigte Kritik hin oder her. Der Soziologe Heinz Bude hat’s gesagt. Und noch etwas: Dass wesentlich dazu gehört, Demokratin oder Demokrat zu sein, an die Entwicklungsmöglichkeit, die Fähigkeit zum Besserwerden der Gesellschaft zu glauben. Schön – und interessant, wie viele Deutsche bei Umfragen da „Ja“ zum Glauben sagen würden… 

    Ein schon älteres Lied, durch eine neue Freundschaft entdeckt – das mal wieder das Wunder der Popmusik erlebbar macht: Die ganz eigene Stimmung so verdichtet widerzuspiegeln, dass beides eigentlich nur wahrhaftig sein kann, das Gefühl und die Kunst. Dazu die Erinnerung an Lieder, die das bislang vermochten – und an die darin verwahrten Gefühle. Aber vor allem eröffnet eine neue Freundschaft neue Perspektiven auf die Welt, das Leben, sich selbst – darum neue Freundschaften für alle! 

    Am Vormittag die adrette Frau in einer Bar, die bei offener Tür die Reste des Vorabends entsorgt und dabei laut und hingebungsvoll einen italienischen Schlager mitsingt – sich vom Passanten aber so gar nicht ertappt fühlt, sondern einfach lachend auch ein kurzes „Hallo“ trällert und dann wieder in den Song einstimmt. 

    Dass die Mode jetzt unter dem Label „librarian core“ zum Trend gemacht hat, was einst dem Wort nach Bibliothekarinnen getragen haben: Bleistiftröcke, Strickjacken und die Lesebrille. Schon schön. 

    Der Rabe, der nicht wie alle anderen in den Wipfeln der Bäume sitzt, sondern sich von Passanten an der Wochenendpromenade beim genüsslichen wie ausgiebigen Bad im kleinen Flüsschen bestaunen lässt.

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