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Gesellschaft: Babyboomer versus Generation Z: Was ist dran am Generationenkonflikt?

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Babyboomer versus Generation Z: Was ist dran am Generationenkonflikt?

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    Ist der Konflikt zwischen Jung und Alt ein ewig gleiches Phänomen?
    Ist der Konflikt zwischen Jung und Alt ein ewig gleiches Phänomen? Foto: Viacheslav Yakobchuk, stock.adobe.com (Symbolbild)

    Sind die Älteren nicht gottserbärmlich bis himmelschreiend ärgerlich in ihrer selbstherrlichen Uneinsichtigkeit dafür, dass sie es verkackt haben und noch immer verkacken, dass sie es sind mit ihren verantwortungslosen Konsum- und Wachstumsbiografien, die Schuld tragen an den Energiekrisen und am Klimawandel, die mitgebaut haben an der verheerenden Ideologie, durch Leistung könne jeder sein Glück verdienen, blind für die Folgen in der Welt und auch für ihre (Kindes-)Kinder, aber gewissensbereinigt, weil irgendwie schon kritisch gegenüber der Globalisierung und diesen Superreichen, eigentlich Heuchler?

    Der wohlstandswoke Belehrungsgestus der Generation Z

    Sind die Jüngeren nervig mit ihrer ewigen, humorlosen Empfindlichkeitsattitüde, fordern maximale Toleranz, kennen selber aber gar keine, unerträglich in ihrem wohlstandswoken Belehrungsgestus, während sie am liebsten höchstens vier Tage arbeiten, überhaupt wohl in Work-Life-Balance die Welt retten wollen, jene ums authentische Ich kreisende Welt jedenfalls, die auf einer moralisch einwandfreien Bahn zu laufen hat, dort gehalten von Influencern, von nach energiefressenden Klicks und Views, nach Sponsoring gierenden Selbstdarstellern und -innen, Heuchlern und -innen, eigentlich? 

    Willkommen in dem Generationenkonflikt der Gegenwart. Da ihn nun auch das Echolot der deutschen Abgründe, der „Tatort“, durchmessen hat, muss jedenfalls echt was dran sein. Nicht nur in der Ermittlung fiktiver Schwarzwald-Bullen, sondern auch in der Analyse einer irgendwie vielleicht doch wirklichen Gesellschaft. Hier also die Älteren, die sogenannten Babyboomer, Menschen etwa von 60 bis Mitte 70; dort also die Jüngeren, die sogenannte Generation Z, von bald 15 bis bald 30 – und dazwischen durchaus auch mal persönlich, aber vor allem ganz generell: Schuldzuweisungen, Genervtheiten, Abkanzelungen, Belehrungen, erhobene und gereckte Zeigefinger, Knatsch. Ausgetragen gerne in den eben so gar nicht das Soziale (hier vielleicht den Zusammenhalt eines traditionellen Generationenvertrags) fördernden „sozialen Medien“. Aber auch in den in schwierigen Zeiten um jede aufmerksamkeitsheischende Debatte frohen Feuilletons – und da nicht überraschend: je konservativer, desto Boomer-freundlicher, je progressiver, desto Gen-Z-näher. Ein wahrer Generationenstreit-Hype!

    Die Babyboomer in diesen sich schnell wandelnden Zeiten: Checken die es einfach nicht mehr?

    Ein eigentlich klassisches, mit neuen Mitteln erhitztes Phänomen also, das gerade die ältere der verwickelten Generationen kennen müsste, weil mit der Jugend ihrer Jahrgänge ja das bislang heftigste Rebellieren auch hierzulande verbunden wurde – wobei damals wie heute solche Auseinandersetzungen nie die vielen führen und doch vom Zeitgeist zeugen. Bloß nun halt wirklich auch verschärft vom drohenden Weltuntergang, den die Boomer vielleicht mindestens schon zweifach überlebt haben (siehe Kalter Krieg, siehe atomare Gefahr, siehe Waldsterben …), den die Gen Z aber doch irgendwie wissenschaftlich belegt als „Letzte Generation“, in deren Lebenszeit dieser noch abzuwenden ist, an die Wand malt. Ist das nicht doch irgendwie neu, dringlich und, nein, liebe (von gar nicht so wenigen Generation-Zlern und -innen gewählte) FDP, womöglich nicht irgendwie durch technologischen Fortschritt in 20 Jahren zu lösen? 

    Was jedenfalls ziemlich sicher neu ist: die restlose Entwertung von Lebenserfahrung. Worauf auch die Haltung der Z-Personen gegenüber den Boomern fußt. In Zeiten eines solch rasanten Technologie- und Lebenswelt-Umbruchs steht, wer älter ist, ganz automatisch im Ruch, es einfach nicht mehr checken und das bloß nicht mehr einsehen zu wollen. Demut gegenüber einem erworbenen Wissen, wo man doch alles ergoogeln kann? Respekt gegenüber Lebensläufen, wo deren Grundstrukturen ohnehin gerade zerbrechen? Zumindest Interesse für Gedanken und Perspektiven, aus den Biografien einer Welt geformt, die in ihren eigenen Untergang steuert? Höchstens als albern gruslige Zombie-Streaming-Serie. 

    Wenn die Rebellion der Jugend im Namen der Vernunft geführt wird

    Aber neu ist ziemlich sicher auch: die Wendung der jugendlichen Rebellion in den Anspruch der Vernunft. Gerade die selber ja modernen Boomer waren wohl durchaus darauf vorbereitet, ihre viel vergleichsweise wenigen und umso behüteteren (Kindes-)Kinder in Ausbrüchen der Unvernunft mit Gleichmut begleiten, irrational trotzige Anfeindung mit Weisheit aushalten zu müssen, deren aufbrausende Ideologien in ein verständiges Gespräch über politische Differenzen zu überführen … Oder so. Aber jetzt kommen diese äußerlich doch typischen Pubertiere mit Vernunft und Wissenschaft! Als müssten sie die kindisch verblendeten Boomer in deren selbst verschuldeten Unmündigkeit aufklären! Interesse für auf eine solche Anmaßung gründende Gedanken und Perspektiven? Höchstens in einem unterhaltsamen Fantasy-All-Age-Roman, verzaubert von einem wie Harry Potter.

    Und ein Drittes, ziemlich sicher Neues kommt da noch verschärfend hinzu: dass sich bei all dem die Lebenswelten dieser beiden durch gut 50 bis knapp 30 Lebensjahre getrennten Generationen angenähert haben wie nie zuvor. Die gerne jugendlich wirkenden und bleibenden Älteren und die gerne reif wirkenden Jüngeren, sie shoppen gemeinsam in Modeläden, chatten in den gleichen Social-Media-Kanälen … Wenn das zu lang zu nah wird, ist Zeit für Differenz. Und wenn die Kids da meinen, sich am besten abgrenzen zu können, indem sie erwachsener sind als die Erwachsenen, vernünftiger, nüchterner – wovon zeugt das dann? Einerseits, würde mancher Boomer sagen: von fehlendem Humor. Andererseits vielleicht auch: von einer gar nicht so lustigen Zeit fürs Jungsein. Eine Studie über die Älteren mündet unterdessen in den Befund, die Boomer, sie fühlen sich längst schon: erschöpft.

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