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Geologie : Warum der Genfer See so viel CO₂ ausstößt

Geologie

Warum der Genfer See so viel CO₂ ausstößt

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    Das Licht der untergehenden Sonne am Himmel über dem Genfer See. Nun ergründeten Forscher, warum der See so viel Kohlendioxid ausstößt.
    Das Licht der untergehenden Sonne am Himmel über dem Genfer See. Nun ergründeten Forscher, warum der See so viel Kohlendioxid ausstößt. Foto: Laurent Gillieron, dpa

    Während Meere große Mengen des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid aufnehmen, stoßen die meisten Seen CO₂ aus. Nicht immer sind die exakten Mechanismen geklärt, die zur Bildung des Gases führen. Im Genfersee in der Schweiz fanden Forschende nun die Hauptursache für den dortigen Ausstoß: Viel CO₂ stammt aus der natürlichen Erosion von Gestein, wie sie im Fachblatt Science Advances schreiben.

    Der Genfersee produziere pro Jahr so viel Kohlendioxid wie die Fahrzeuge der 150.000-Einwohner-Stadt Lausanne, bemerken die Forschenden der am See liegenden University of Lausanne. Der 580 Quadratkilometer große und bis zu 309 Meter tiefe See liegt im französisch-schweizerischen Grenzgebiet und ist der größte See Westeuropas.

    Mithilfe der schwimmenden Labor-Plattform „Léxplore“ konnte das Forschungsteam den See kontinuierlich überwachen. Demnach zufolge stammen die meisten CO₂-Emissionen dort nicht wie bisher oft angenommen aus biologischen Prozessen, sondern aus einem geologischen Prozess.

    „Die Ausfällung von Calcit ist auch das, was im Wasserkocher passiert.“

    Treffe Regenwasser – das durch atmosphärisches CO₂ leicht sauer ist – auf Kalkstein im Gebirge im Einzugsgebiet des Sees, würden Bicarbonat- und Calciumionen freigesetzt, hieß es. Diese Ionen gelangten in den See und bildeten dort Mikropartikel aus Calcit, also Calciumcarbonat. Diese sogenannte Calcit-Fällung, eine chemische Reaktion, setze CO₂ frei, schreiben die Forschenden.

    „Die Ausfällung von Calcit ist auch das, was im Wasserkocher oder der Waschmaschine passiert“, erklärte die Mitautorin Marie-Elodie Perga von der Fakultät für Geowissenschaften und Umwelt der Universität. Calcit sei in warmem Wasser weniger löslich. Erwärme sich das Wasser im Genfersee im Sommer, werde ein Schwellenwert überschritten und Calcit entstehe.

    Verstärkt werde der Effekt noch durch den Anstieg des pH-Werts im Wasser im Sommer, der auf die Photosynthese von Algen zurückzuführen ist, führte Perga weiter aus. Die kleinen Algen seien auch der Kern, an dem sich die ersten Calcit-Kristalle bildeten – sie funktionierten somit als Beschleuniger für den Prozess. Die Calcit-Bildung sei auch für die milchige blau-grüne Farbe des Sees im Sommer verantwortlich.

    Natürlich gebe es im Genfersee noch gegenläufige Effekte, etwa das Algenwachstum, das zur CO₂-Aufnahme führe. Doch dies reiche nicht aus, um die Felserosion auszugleichen. Außerdem wurde der Zufluss organischer Stoffe betrachtet. Die Reste von Tieren und Pflanzen werden durch Regen in den See getragen und dort von Mikroorganismen abgebaut. Auch das führe zur Freisetzung von CO₂, spiele aber im Genfersee keine so große Rolle, schreiben die Forschenden.

    Auch in deutschen Seen findet Calcit-Fällung statt, zum Beispiel im Bodensee

    „Unsere Ergebnisse erklären nicht nur den Kohlenstoffkreislauf im Genfersee, sie zeigen auch einen universellen Prozess auf, der für mehrere große Seen der Welt gilt“, sagte Perga. „Nicht alle Seen haben Calcit-Fällung, aber wahrscheinlich viel mehr, als wir denken.“ Dazu gehörten die Great Lakes in Nordamerika, mit dem Eriesee und Michigansee, sowie die Afrikanischen Großen Seen mit dem Victoriasee. Geologische Ursachen für CO₂-Emissionen seien dort wichtig, möglicherweise dominierten sie sogar.

    Auch in deutschen Seen finde Calcit-Fällung statt, erklärte Perga. Der Belauer See in Schleswig-Holstein, der Feldberger Haussee und der Breite und Schmale Luzin in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Bodensee seien Beispiele dafür. „Der Bodensee funktioniert ganz ähnlich wie der Genfersee“, sagte die Forscherin, deswegen sei es wahrscheinlich, dass die Prozesse dort ähnlich seien. Wichtig seien solche Erkenntnisse unter anderem für die Klimaforschung. (Katharina Köhler, dpa)

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