Ein schmales Feld an einem Ortsrand im Unterfränkischen: grau-braune Krume, längsgestreift mit dünnen Furchen, daneben eine kleine Reihe Feigenbäume. Dass hier im Boden eine kleine Kostbarkeit gerade ihren Anfang nimmt, an diesem staubtrockenen Spätsommertag, davon ist nichts zu sehen. Bald aber wird es hier lila leuchten, erst nur einzelne kleine Punkte, dann immer mehr. Dann beginnt in Franken die Safranernte …
Safran, Franken? Dass man diesen Satz nun einfach so hinschreiben kann, als gehöre Safran zu Franken wie der Wein, liegt an der Frau, die am Feldrand steht und einen in Gedanken schon einmal mit in den Oktober genommen hat. Seit 2018 baut Katharina Apfelbacher hier auf einigen Parzellen am Rand von Erlach in der Nähe von Ochsenfurt Safran an, genauer gesagt die violett blühende Krokusart Crocus Sativus. Auf die Frage, wie man denn bitte auf eine derart exotische Idee verfällt, fragt sie zurück: „Wollen sie die lange Version hören oder die kurze?“ Natürlich die lange. Safran, Franken?
Das Gewürz gilt als teuerstes der Welt, Synonym für Luxus wie auch der Kaviar oder weiße Trüffel, edler Geschmacks- und Farbgeber für die wahre Paella oder das Risotto Milanese. Für ein Kilo Safran der höchsten Qualitätsstufe werden mehrere tausend Euro gezahlt, durchschnittlich etwa fünftausend. Der Iran ist mit rund 180 Tonnen weltweit der größte Safran-Produzent, Bayern weltweit einer der kleinsten. Sehr weit entfernt von nur einer einzigen Tonne. Baut ja fast niemand an – außer eben Katharina Apfelbacher und zum Beispiel der erste bayerische Safran-Pionier im mittelfränkischen Feuchtwangen. Die Ernte im ersten Jahr auf dem Ströhlershof, wo die Familie in sechster Generation Landwirtschaft betreibt, fünf Gramm. 2500 Knollen hatte Katharina Apfelbacher im Sommer 2018 in die Erde gesetzt, rund um ihre kleine Plantage von Trüffelbäumchen, die lila Blüten einige Wochen später frühmorgens geerntet, später die zarten Blütenfäden abgeknipst und das also war dann irgendwann der Ertrag. Eine Handvoll rotes Gold …
Wer guten Safran ernten will, darf ihn nicht warten lassen
Aus 2500 gepflanzten Knollen sind nun 60.000 geworden – tatsächlich liegen im Boden auf den etwa 2000 Quadratmetern viel mehr, weil sich die Knollen selbst vermehren. Und aus den fünf Gramm sind mehrere hundert geworden, im letzten Jahr 330, in diesem Jahr hofft sie auf 500. „Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe, es bräuchte jetzt mal Regen“, sagt Katharina Apfelbacher. Und dann aber einen schönen milden sonnigen Oktober, wenn die Safranblüten austreiben und die Tage für sie kurz werden. Der Safrananbau in Franken funktioniere gut, sagt Apfelbacher: Der Krokus mag offenbar den kalkhaltigen Erlacher Boden, hält auch mal einen frostigen fränkischen Winter aus, aber wenn man guten Safran ernten will, darf man ihn nicht warten lassen. Die Blüten welken schnell und die Fäden in den Kelchen verlieren in der Sonne an Aroma und Farbe.
Die etwa vier bis sechs Wochen lange Erntezeit bedeutet also für Katharina Apfelbacher: Wenn die Kinder in der Schule sind, mit dem Pflücken beginnen. Jede Blüte mit der Hand. Am ersten Tag blühen auf den Feldern vielleicht nur zehn Pflanzen, in der Hochphase sind es mehrere tausend. Und noch am gleichen Tag müssen die feinen Narbenschenkel, die wie Zungen aus der Blüte hängen, abgezogen werden, eine Sisyphus-Arbeit, die oft bis in die Nacht dauert und bei der ihr mittlerweile Familie und Freunde helfen. Anschließend werden die Fäden auf einem Netz getrocknet, verlieren dann noch einmal etwa vier Fünftel ihres Gewichts. Für ein halbes Kilo Gewürz muss sie geschätzt ungefähr bis zu 125.000 Blüten ernten und zupfen. Womit im Grunde auch schon erklärt ist, woher der Preis kommt. „Die ganze Handarbeit ist eigentlich gar nicht bezahlbar“, sagt Katharina Apfelbacher.
Safran war schon immer ein lohnendes Geschäft für Betrüger
Schon immer war der aufwendig gewonnene Safran daher ein Luxusgut, edel genug, um in der griechischen Mythologie Zeus als Bettunterlage zu dienen, um Königsgewänder und Brautschleier zu färben, zeitweise so wertvoll, dass er mit Gold aufgewogen wurde. Sogar einen Krieg entfacht das Gewürz, den Schweizer Safran-krieg. Schon immer war der Safranhandel deswegen auch ein lohnendes Geschäft für Betrüger, er gilt nicht nur als teuerstes, sondern auch als das meistgefälschte Gewürz der Welt. In Nürnberg, das im 14. Jahrhundert zum Zentrum des Safranhandels in Mitteleuropa wurde, untersuchten vereidigte Safranschauer die Fäden, prüften ihre Qualität. Wer gegen den Safranschou-Code verstieß, musste mit drakonischen Strafen rechnen – bis hin zur Hinrichtung durch Erhängung.
An den Arn der Fälschung hat sich in all den Jahrhunderten wenig geändert. Die roten Fäden der Färberdistel werden noch immer gerne genommen, sind auch Katharina Apfelbacher im Urlaub schon begegnet. Wobei die Färberdistel schnell enttarnt werden kann, es fehlt ihr schon der erdig-süßliche Safran-Duft. Schwieriger wird es bei Pulver, da wird der Safran auch gerne mal durch Kurkuma gestreckt.
Nicht nur den Kuchen macht Safran gehl
Katharina Apfelbacher verkauft ihren Safran in kleinen Röhrchen, 0,1 Gramm für 7,50 Euro, in denen der Safran lichtgeschützt lange haltbar bleibt. Sein volles Aroma entfaltet er übrigens erst nach etwa einem Jahr. Der alte Kälberstall wurde mittlerweile in eine Safranstube umgewandelt, mit angeschlossener Küche, in der sie neue Rezepte testet und Produkte entwickelt. In den Regalen stehen beispielsweise Fruchtaufstriche mit Safran, Safran-Gin, Safran-Apfelessig, Safransalz und Zitronen-Safran-Tee. Eine exotische Idee – Safran, Franken? – treibt im Ströhlershof also ihre Blüten und wächst sich für Katharina Apfelbacher, gelernte Landwirtin, aber auch gelernte Krankenpflegerin, zu einem kleinen florierenden Geschäft aus. Mittlerweile verkauft sie nicht mehr nur direkt auf Märkten und über das Internet, sondern beliefert auch heimische Spitzengastronomie. Und kocht selbst viel mit Safran: Kuchen, Brot, Griesbrei, Risotto, Omelett, Suppe, Saucen. Und auch in den Cappuccino kommt bei Apfelbachers gerne ein bisschen Safran, färbt den Milchschaum schön gelb … Das Besondere am Safran, er verleiht Gerichten nicht nur das feine florale und bitterherbe Aroma, macht nicht nur den Kuchen „gehl“, sondern intensiviere auch den Geschmack, sagt Apfelbacher: Die Marmelade schmecke mit Safran also noch fruchtiger.
Das Gute am teuren Safran aber ist auch dies: Man braucht nicht viel davon. 0,1 Gramm gemörsert und etwas eingeweicht für ein Risotto Milanese. Nicht zu lange mitkochen, sonst verflüchtigt sich der Geschmack – der aber macht ein Essen erst kostbar.
Safran-Rezepte von Katharina Apfelbacher:
Kürbis-Safran-Suppe (für vier Personen):
1 mittlerer Hokkaido 1-2 (Süß-)Kartoffeln 3-4 Karotten 1 Zwiebel 1 Knoblauchzehe 125 ml Kokosmilch ca 1 L Wasser oder Brühe 0,05 - 0, 1 g Safran Nach Belieben Curry, Zimt, Ingwer
Den Safran mörsern und eine halbe Stunde in etwas Kokosmilch einweichen. Zwiebel und Knoblauch klein schneiden und in Butter anschwitzen. Gemüse in Würfel schneiden und kurz andünsten. Mit Wasser oder Brühe aufgießen und bei mittlerer Temperatur weichkochen. Dann alles pürieren, die gesamte Kokosmilch und den Safran hinzugeben. Anschließend mit Salz und Pfeffer abschmecken. Nach Belieben mit weiteren Gewürzen verfeinern.
Apfelkuchen mit Safran und Marzipan
3-4 Äpfel klein geschnitten 250 g Butter 220 g Zucker 300 g Mehl 100 ml Milch 50 g Nüsse 50 g Marzipan, fein gerieben 4 Eier 1 Vanillezucker 1 Backpulver 1 Prise Zimt 0,05 g- 0,1 g Safranfäden
Safran mörsern und in etwas Milch einweichen. Butter, Zucker, Vanillezucker und Zimt schaumig rühren. Eier trennen und das Eigelb unterrühren. Eiweiß steif schlagen und beiseitestellen. Mehl, Backpulver, Safran, Milch, Nüsse und Marzipan unterrühren. Eiweiß und Apfelstückchen unterheben, eine Springform fetten und mit Paniermehl ausstreuen, Teig einfüllen. Heißluft: 160 Grad Celsius Backzeit ca 60 Minuten.
Weitere Infos unter: www.franken-safran.de