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Geflüchtete in Deutschland: Warum das Ankommen nicht immer einfach ist

Buchrezension

Geflüchtete in Deutschland: Wenn die Ausgrenzung immer spürbar ist

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    In Deutschland leben knapp 25 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Doch hier anzukommen, ist nicht immer einfach.
    In Deutschland leben knapp 25 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Doch hier anzukommen, ist nicht immer einfach. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Wird über Migration debattiert, geht es meist um Abschiebungen, schnellere Asylverfahren, Grenzschutz und Gesetzesänderungen. Zwischen bürokratischen Forderungen und rassistischen Parolen ist kein Raum für Empathie. Was Menschen auf der Flucht erleben, wie diese Erfahrungen sie prägen und wie es sich anfühlt, an einem Ort zu leben, ohne sich willkommen zu fühlen, wird kaum thematisiert. Genau das macht der Historiker Mohammad Sarhangi in seinem Buch „Jahre der Angst, Momente der Hoffnung – eine Gefühlsgeschichte der Migration“. Und er beginnt bei sich selbst.

    Sarhangi war sechs Jahre alt, als seine Familie 1986 aus dem Iran floh, um dem Ersten Golfkrieg zu entkommen. Im Buch erzählt er, wie sie von einer Unterkunft zur nächsten zogen, wie seine Eltern um den Anerkennungsbescheid ihrer Kinder bangten, wie sein Vater Jahrzehnte später noch mit einem mulmigen Gefühl zum Briefkasten ging und wie er selbst beim Spielen als „Ausländerkind“ abgestempelt und ausgegrenzt wurde.

    Sarhangi verwebt Persönliches mit Auszügen aus literarischen Werken und Interviews

    Heute lehrt Sarhangi am Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität in Berlin, doch das Gefühl des Ausgeschlossenseins hat Spuren hinterlassen, nicht nur bei ihm. Sarhangi analysiert die emotionalen Erfahrungen, die Menschen mit Migrationsgeschichte teilen: Hoffnung auf Geborgenheit, Wut über Ungleichbehandlung, Scham, der Verlust der Individualität, weil man nur als Geflüchteter und nicht als Mensch wahrgenommen wird.

    Mohammad Sarhangi: Jahre der Angst, Momente der Hoffnung – eine Gefühlsgeschichte der Migration. Fischer, 320 Seiten,
26 Euro
    Mohammad Sarhangi: Jahre der Angst, Momente der Hoffnung – eine Gefühlsgeschichte der Migration. Fischer, 320 Seiten, 26 Euro Foto: Fischer Verlag

    Sarhangi verwebt persönliche Erlebnisse mit Auszügen aus literarischen Werken, Publikationen und Interviews. Er zitiert Pierre Bourdieu, Eva Illouz, Navid Kermani und Joan Didion. Teils verharrt er zu sehr im wissenschaftlichen Duktus, auch die Textcollagen wirken mitunter etwas durcheinander. Trotzdem ist sein Buch ein wichtiger Beitrag zur Migrationsdebatte, denn es verleiht denen eine Stimme, die sonst kaum zu Wort kommen. Sarhangi plädiert für mehr Solidarität, vor allem vonseiten der Politik. Statt sich klar gegen Hass und Hetzte abzugrenzen, hätten sich einige Politiker die rechte Rhetorik der AfD zu eigen gemacht. Das Resultat ist Angst in allen Teilen der Gesellschaft.

    Mohammad Sarhangi: Jahre der Angst, Momente der Hoffnung – eine Gefühlsgeschichte der Migration. Fischer Verlag, 320 Seiten, 26 Euro

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