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Eurovision Song Contest: Frage der Woche: Beim ESC für Deutschland mitfiebern?

Eurovision Song Contest

Frage der Woche: Beim ESC für Deutschland mitfiebern?

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    Sänger Isaak wird Deutschland beim Eurovision Song Contest in Malmö vertreten.
    Sänger Isaak wird Deutschland beim Eurovision Song Contest in Malmö vertreten. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Pro: Einfach mal das Wettbewerbsprinzip auf den Kopf stellen

    Wer trat vergangenes Jahr beim ESC für Deutschland an? Levina, Elaiza, Jendrik, Cascada, Lord of the Lost? Achtung Spoiler: letztere. Die Rockband machte ihrem Namen alle Ehre, letzter Platz für die Herren der Verlorenen, wie so oft, denn Deutschland überzeugt vor allem mit Langeweile. 66 Mal angetreten, zweimal gewonnen, zehn Mal letzter Platz. 

    Erstaunlich eigentlich, wo Deutschland doch zu den fünf großen Geldgebern des ESC gehört. Sich trotzdem keine Mühe zu geben, sich jeglicher Kreativität zu verweigern und das nächste glattgebügelte Gesangstalent ins Rennen zu schicken, muss man sich erst mal leisten können. Andere Länder nehmen aus finanziellen Gründen gar nicht erst teil oder legen sich richtig ins Zeug, um zu punkten. Und Deutschland? Lehnt sich zurück und versagt sich jeglichem Wettkampfgeist. Der pompösen Show mit einer derart nihilistischen Haltung zu begegnen, ist fast schon wieder innovativ, aber halt auch nur fast. 

    War ja schon schön, als Nicole mit Föhnfrisur und Gitarre in der Hand auf der Bühne saß, sich ein bisschen Frieden wünschte und gewann, damals, 1982. Und dann war da noch Lena. Vielleicht müsste mal wieder eine unbedarfte junge Frau vom Frieden trällern, aber bei aller Liebe: Der ESC ist eine paradoxe Show. Er soll Europa zusammenführen und lässt stattdessen Staaten musikpatriotisch gegeneinander antreten. Er gibt sich unpolitisch, ist es aber nicht. Die Musik soll im Fokus stehen, aber es geht vor allem um Einschaltquoten. Bei so viel Widersprüchlichkeit kann man auch gleich das Wettbewerbsprinzip auf den Kopf stellen und den ewigen Verlierer unterstützen. „It’s just a game that can’t be won“, singt Isaak für Deutschland. Na, dann, good luck. Go, Germany, go! (Felicitas Lachmayr)

    Contra: Diven und Drag, Pomp und Glitzer – da ist doch die Herkunft egal

    Beim ESC ist Europa vereint in Queerness und Kitsch. Über 150 Millionen Menschen schauen den Wettbewerb jährlich, in Deutschland zählt er zu den erfolgreichsten Shows der ARD. Zwar soll das Musikspektakel offiziell nicht politisch sein, doch immer wieder werden Geschlechterrollen infrage gestellt. Das Fest wurde gar schon zum "queeren Weltkulturerbe" erhoben.

    Offensichtlich wurde es das spätestens mit dem Sieg von Conchita Wurst. Aber schon 30 Jahre vorher traten Dragqueens auf. Lesbische und feministische Auftritte sind seltener, aber auch sie gehören dazu. 2018 sang die israelische Künstlerin Netta Barzilai „I am not your toy“ und lieferte einen Hit zur #metoo-Bewegung.

    Zu dieser Vielfalt hat Deutschland bislang wenig beigetragen und hatte auch sonst nicht viel zu bieten. Null Punkte, jedes Jahr aufs Neue. Der Exportweltmeister in Sachen Qualität und Verlässlichkeit versagt Jahr um Jahr, wenn es um Extravaganz und Popmusik geht. Klar, da war Nicole. Und Lena Meyer-Landrut, die 2010 gewann und Deutschland in einen unerwarteten Siegestaumel fallen ließ. Der hielt allerdings nur kurz und das ist gut so. 

    Denn beim ESC geht es nicht darum, für die eigene Nation zu fiebern, schließlich wurde er als völkerverbindende Maßnahme begründet. Das Pop-Spektakel kommt ohne chauvinistischen Patriotismus aus. Gerade weil Deutschland jedes Jahr krachend scheitert, liegt der Fokus auf den absurdesten, lustigsten oder besten Hits. Diven und Drag, Pomp und Glitzer, Schlager und Pop, da ist doch die Herkunft egal, Hauptsache es knallt. Mehr braucht es an einem Samstagabend nicht – außer vielleicht noch ein Glas Sekt. (Josephine von der Haar)

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