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Ernährung: Superfood aus dem Meer: Was sich mit Algen alles kochen lässt

Ernährung

Superfood aus dem Meer: Was sich mit Algen alles kochen lässt

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    Erst modderig braun, dann strahlend grün: Werden Algen mit heißem Wasser übergossen, lassen sie sich optisch ansprechender servieren.
    Erst modderig braun, dann strahlend grün: Werden Algen mit heißem Wasser übergossen, lassen sie sich optisch ansprechender servieren. Foto: Verena Wolff

    Es ist eine Wissenschaft mit diesen Algen. Nicht das Ernten – das ist ziemlich einfach, denn der Seetang schlägt keine Wurzeln, sondern dockt mit seinen Armen an Steinen und Felsen unter Wasser an. Oft schwimmt er einfach so herum, an der Wasseroberfläche oder tief unten im Meer. In der dänischen Nord- und Ostsee zum Beispiel, dort ist das Wasser kühl und klar. 

    Mit leeren Händen rein ins Meer und mit vollen wieder raus, das ist kein Problem. Auch beim Angeln bleiben die Algen oft im Netz hängen, ein gesunder Beifang. Allerdings: „Die Algen sollten bei Ebbe noch gut vom Wasser bedeckt sein, sonst schmecken sie nicht“, sagt Tang-Experte Kristian Ottesen. Außerdem solle man darauf achten, dass sich gut 100 Meter nach rechts und links keine Abflussrohre im Meer befinden. Denn auch das wirkt sich nicht gut auf den Geschmack aus und sorgt für Kontaminierung. 

    In Asien werden Algen als Salat oder um den Sushireis gewickelt serviert

    Grundsätzlich aber gilt: Alge ist nicht gleich Alge. Da wird es schon schwierig für Ungeübte, die die Pflanzen aus dem Salzwasser holen wollen. Da gibt es Mikro-Algen und Makro-Algen. Die einen können mehrere Dutzend Meter lang werden, die anderen sind für das menschliche Auge nicht zu sehen. Trotzdem sind Mikro-Algen allgegenwärtig, denn getrocknet werden sie zu Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet, denen Superkräfte zugeschrieben werden. Chlorella, grün, gibt es da etwa oder Spirulina, blau. Sie hat mancherorts in den Eisdielen das künstliche Türkis im Schlumpfeis abgelöst und sorgt für eine deutlich natürlichere Farbe des Kinderfavoriten. Zudem ist sie in Säften und Smoothies auch im Supermarkt zu finden. 

    Rund 500 verschiedene Algen-Arten werden weltweit gegessen.
    Rund 500 verschiedene Algen-Arten werden weltweit gegessen. Foto: Verena Wolff

    Makro-Algen schwimmen hingegen sichtbar als Pflanzen im Meer herum. „Es gibt sie in rot, braun und grün“, erklärt Ottesen. Rund 500 verschiedene Arten werden weltweit gegessen. In Asien gehören sie ganz regulär auf den Speiseplan, als Salat, als Nori-Blätter um den Sushireis gewickelt oder getrocknet als Snack. In der Europäischen Union hingegen sind nicht alle zum Verzehr zugelassen. Wieder in anderen Ländern, darunter auch in Deutschland, sorgen Algenprodukte wie Alginat, Agar-Agar oder Carragen nur dafür, dass Pudding oder Joghurt nicht zu flüssig sind oder die Zahnpasta sich schön gleichmäßig aus der Tube drücken lässt. 

    Tang enthält viele wichtige Vitamine und gilt als Superfood

    Wer lernen will, wie sich aus Seetang Pesto herstellen lässt oder wie man die schmackhafteste Alge für einen grünen Salat findet, der kann vor der Küste Jütlands in Dänemark auf Tang-Safari gehen. Ein etwas hochgesteckter Name für einen Spaziergang am Meer, bei dem man entweder mit den Händen die Algen aus dem Wasser fischt oder ein langes Netz einholt, in dem sich neben Fischen und Austern auch jede Menge Algen verfangen haben. 

    Tang-Experte Kristian Ottesen erzählt beim Algensammeln, wie er nach seinem Studium viele Jahre in China verbracht und dort als Englischlehrer gearbeitet hat. Dabei fiel ihm schnell auf: Algen in allen Formen sind Standard in der asiatischen Küche. „Sie machen dort bis zu zehn Prozent der Nahrungsmittel aus.“ In Europa kennt man sie meist nur von den japanischen Sushi-Rollen oder aus der Miso-Suppe. In Asien hingegen isst man sie auch frisch als Salat, gekocht, frittiert, getrocknet oder fermentiert. 

    Asiaten halten den Tang für „Umami“. „Das ist einer der Grundgeschmäcker, neben sauer, süß, salzig und bitter“, sagt er. Umami verstehe man als „Wohlgeschmack“. Der Grund für diese natürliche Geschmacksverstärkung ist erforscht: Es liegt an der Glutaminsäure in den Algen. Als vollmundig, sagt Kristian, tief und kräftig, sei das am besten zu beschreiben. 

    Der Tang gilt als Superfood – aus verschiedenen Gründen. „Die Algen enthalten viel Vitamin B12“, sagt Kristian. Das ist vor allem für Vegetarier und Veganer wichtig, denn der Körper kann es sich fast nur aus Fleisch holen. Oder aus Nahrungsergänzungsmitteln.

    Frisch frittiert erinnern Algen geschmacklich an gebratenen Bacon

    Wie nutzt man die Pflanzen nun, die im kalten Salzwasser vor der dänischen Küste schwimmen und mehr CO2 binden als jeder Baum und jeder Strauch? Und wie lassen sie sich ansprechender fürs Auge servieren? Letzteres besorgt heißes Wasser. Denn wenn die Algen kurz übergossen werden, ändern sie ihre Farbe von einem oft modderigen Braun zu einem strahlenden Grün, ähnlich frischem Gras in der Frühlingssonne. „Das Chlorophyll wird dadurch aktiviert“, erklärt Experte Ottesen. Praktischer Nebeneffekt: Durch das kochende Wasser werden auch Bakterien abgetötet, die sich eventuell noch auf den Pflanzen befinden.

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    Foto: Verena Wolff

    Kulinarisch genutzt werden können die Algen auf ganz verschiedene Arten. Als Pesto etwa, mit Nüssen und Käse. Kleingeschnitten im Salat. Frisch am Lagerfeuer frittiert als Snack, der geschmacklich an gebratenen Bacon erinnert. Sogar ihren Lieblingsschnaps brennen die Dänen inzwischen aus Algen: Mehrere Firmen stellen Tang-Akvavit her. Algenmehl kann in veganen Burger-Patties verarbeitet werden, Tangsenf gibt gebratenem Fisch die nötige Würze.

    Auf Tangfarmen werden die Algen an langen Leinen gezüchtet

    Viel Aufwand braucht es auch nicht, um die Algen zu ziehen: „Die Sporen setzen sich auf Steinen oder Felsen fest und daraus entstehen die neuen Pflanzen“, erklärt Ottesen. Bei der Zucht auf Tangfarmen werden durch die befruchteten Sporen Leinen gezogen, an denen die Algen wachsen. Das passiert im Herbst, geerntet wird von April bis August. „Etwa zehn Kilogramm pro Meter Schnur erntet man da, die Leinen der Farmen sind zwischen 80 und 160 Kilometer lang", weiß Ottesen.

    Auch die wild wachsenden Algen hat man in Dänemark vermessen und deren Menge berechnet – denn sollte die Alge großflächig Einzug in die Nahrungsindustrie halten, will man der Ausrottung vorbeugen. Die Technische Universität des Landes hat Drohnen über das Meer fliegen lassen, vor allem über die felsige Ostküste. „Im Schnitt findet man auf einem Küstenabschnitt von 100 mal 30 Metern rund 100 Tonnen Seetang“, sagt Ottesen. 

    Auf den Farmen in Nordeuropa werden die Algen nur einmal im Jahr geerntet, denn im kalten Meerwasser wachsen sie langsamer als etwa in Südostasien. Dafür ist der Vitamin- und Mineralstoffgehalt deutlich höher. Und das wissen selbst die Asiaten zu schätzen, wie Ottesen erklärt: „Sie kaufen unsere Algen, obwohl sie selbst so viele davon haben.“

    Rezept für ein Algen-Spaghetti-Duo mit frischem Pesto

    Zwei Portionen, Arbeitszeit 30 Minuten 

    Zutaten:

    • 150 g Spaghetti
    • 25 g Meeresspaghetti (Algen)
    • 125 g Kirschtomaten
    • 15 g Parmesankäse
    • 15 g Basilikum
    • 2 TL geröstete Pinienkerne
    • 1 Knoblauchzehe
    • 40 ml Olivenöl
    • Salz, Pfeffer

    Zubereitung:

    • Meeresspaghetti in kaltem Wasser etwa 10 Minuten einweichen lassen. Das Einweichwasser abgießen und die Meeresspaghetti in frischem Wasser 15 Minuten kochen. Wenn sie zu fest sind, 5 Minuten länger kochen.
    • Parmesan reiben und einen Teil beiseite stellen. Aus Parmesan, Basilikum, 1 TL Pinienkerne, der Knoblauchzehe und dem Olivenöl in einer Küchenmaschine ein homogenes Pesto herstellen. Alternativ kann auch ein fertiges Glas Pesto verwendet werden. Die Kirschtomaten mit etwas Olivenöl in einer Pfanne braten, bis sie weich sind.
    • Die Spaghetti in einem eigenen Topf etwa 10 Minuten kochen. Nun die Getreide-Nudeln, Meeresspaghetti und das Pesto in eine kleine Schüssel geben und gut durchmischen. Auf zwei Teller verteilen, mit den Kirschtomaten, den restlichen Pinienkernen und dem Parmesankäse garnieren. Nach Belieben mit Salz und Pfeffer würzen.

    Quelle: www.algenladen.de

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