Pro: Digitales Workout bietet mehr Möglichkeiten, sich auszuprobieren
Endlich wieder Olympia, die Zeit, wenn Sportarten wie Luftpistolenschießen, Fechten oder rhythmische Sportgymnastik endlos über die Fernsehbildschirme flimmern. Die Vielfalt olympischer Disziplinen führt gerade wieder vor Augen, wie facettenarm das Sport- und Workoutoligopol doch ist, das Fußball, Joggen und Gym während der übrigen drei Jahre und zehn Monate errichten. Wie gut, dass virtuelle Coaches und sportliche Konsolenspiele am Bildschirm mehr Möglichkeiten eröffnen, sich auszuprobieren.
Morgens kegeln, nachmittags Yoga, abends Kampfsport. Und das alles auch im abgelegendsten Dorf, wo schon ein unvorsichtiger Kommentar vor der Kegelverein-Belegschaft die sportlichen Ambitionen einer angehenden Kegelspielerin zunichtemachen kann. Wo vielleicht dieses Jahr ausgerechnet die Trainerin für Brazilian Jiu-Jiutsu eine Weltreise macht. Die technischen Mittel dafür liegen bereit: Dank Balance Boards und Fitness-Spiegeln ist die Emanzipation von müffelnder Fitnessstudio-Ästhetik und penetranter Guruverehrung in der Yogaschule für alle greifbar.
Wer das Workout vor dem Bildschirm, dieses handfeste Stück gesellschaftlichen Fortschritts, hingegen als Symptom einer vermeintlich alles vereinnahmenden Selbstoptimierungssucht verdammt, der greift zu kurz. Denn er verkennt die Freiheitspotentiale eines selbst durchgeführten Workouts vor dem Arbeits-PC. Im Servicevideo einer Krankenversicherung macht Turner Fabian Hambüchen vor, wie es gehen kann: Computermaus beiseite, Close-Up auf Hambüchens Hände und Füße, die sich, scheinbar völlig versunken im Moment, zu Fäusten ballen, die Finger aufspreizen, die Fußhacken heben und wieder sachte senken. Dazu darf man sich ruhig auch mal eine passende Musik auf die Ohren setzen. Nach diesem gänzlich unschuldigen Päuschen am Arbeitsplatz kann es dann, frisch aufgedehnt, in den Feierabend gehen. (Lino Wimmer)
Contra: Der ist Tag immer besser, wenn man mal draußen war
Die Mehrheit der Deutschen hat ein Problem: Sie verbringt zu viel Zeit am Bildschirm. Oftmals ist das berufsbedingt, doch auch in der Freizeit nehmen die Geräte immer mehr Raum ein. Das ist nicht gesund, vermeldet die Forschung. Vor allem das reine Sitzen steigert Herzprobleme und andere Erkrankungen und auch die Sehkraft wird von zu viel Bildschirmguckerei stark beansprucht. Von mentalen Folgen mal ganz abgesehen. Ein Workout vor dem Bildschirm gerät vor diesem Hintergrund zu einer geradezu gesundheitsgefährdenden Idee.
Zumal der eigene Tag immer besser wird, wenn man mal draußen war. Immer! Die Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen, sind groß: Schwimmen, Joggen, Radfahren und Co. Aber auch schon ein kleiner täglicher Spaziergang hat allerlei positive Wirkungen auf den Menschen: fördert die Fitness, stärkt das Immunsystem, hebt die Stimmung, lindert Stress und schüttet Glückshormone aus. Wow!
Obendrein ist ein wenig bildschirmfreie Zeit auch eine gute Übung, um unseren reizüberfluteten Gehirnen etwas Pause zu gönnen und den Gedanken einmal freien Lauf zu lassen. Wer sich zum Sport vor der Türe in Form von Joggen entscheidet, wird zudem seine Ortskenntnis erweitern, könnte die Nachbarn kennenlernen (und eine lebenslange Pflanzengieß-Partnerschaft schließen), seine schicken Sportklamotten ausführen und der Welt beweisen, dass er oder sie sportlich ist.
Falls man aus verschiedenen Gründen doch ein paar Wände, Geräte oder Menschen um sich herum braucht, geht das auch im Fitnessstudio. Wer auf wenigen Quadratmetern haust, dem wird ein Tapetenwechsel auf jeden Fall guttun. Überdies hilft das auch bei der Konzentration. Das kennen wir ja vom Homeoffice. Wenn die Wäsche nebenher piepst, das Kind schreit und das Handy ständig plingt, grenzt ein Workout zu Hause doch sowieso an eine Illusion. Und auch die Nachbarn werden bei Ausgang weniger von Getrampel gestört - und können den Besenstiel im Schrank lassen. (Anna Mohl)
Ein klares Ja für Contra! Nur ergibt sich leider das Problem, dass große Teile der Gesellschaft überhaupt nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu beschäftigen. Sie sind nicht mehr in der Lage, "ganz einfach" eine Runde im Wald zu joggen; oder einen der vielen Trimm-Dich-Pfade zu absolvieren. Eigeninitiative? Fehlanzeige! Es fehlt an Wissen und Wollen! Scheinbar sind viele nicht mehr in der Lage, eigenständig ihre Übungen zu absolvieren.
Es spielt dieser Industrie in die Hände. Wer Sportgeräte im Sitzen via Teleshop gekauft hat, trainierte vielleicht ein paar Wochen damit, dann sind die Dinger verstaubt. Es hilft nur eine Änderung der Lebensgewohnheiten. Ich habe wieder einen Arbeitsweg anstatt zuhause zu arbeiten. Man muss vor die Tür,für den Sport erst recht.
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