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Debatte: Pro und Contra: Zum Fasching verkleidet in die Online-Konferenz?

Debatte

Pro und Contra: Zum Fasching verkleidet in die Online-Konferenz?

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    Pro und Contra: Verkleidet ins Online-Meeting?
    Pro und Contra: Verkleidet ins Online-Meeting? Foto: Stock adobe

    Ja, um das Leben einmal aus dem unernsten Faschingsblick zu betrachten

    Verkleiden, das gehört in diesen schwäbischen Breitengraden ja nicht fest zum Leben. Der Straßenfasching in Augsburg zum Beispiel hat einen spektakulär bescheidenen Charakter, eine Veranstaltung für Feierwütige, die hart im Nehmen sind. Einfach verkleidet hinaus in den Alltag, das ist hierzulande im Fasching nämlich nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Aber wirklich gut funktioniert das Kostümieren nur, wenn alle mitspielen, alle mit dem Unernst einverstanden sind und mitmachen.

    Jetzt bietet das Homeoffice allerdings eine Gelegenheit, Fasching anders auszuleben. Verkleidet für die Videokonferenz, fast schon garantiert als Einziger, in Büros ist man ja von Faschingsmuffeln nur so umgeben, da wird man natürlich für einen Augenblick zum Mittelpunkt des Meetings und erzeugt Gelächter. Was die Kollegen nicht ahnen: Das Kostüm behält man natürlich an. Denn die eigentliche Homeoffice-Erfahrung ist es, seine tägliche Arbeit mit diesem anderen, unernsten Faschingsblick einmal zu betrachten. Richtig, ein Rollenwechsel, auch ein Aus-der-Rolle-Fallen, um dadurch zu sehen, wie diese Rolle, nein, Mehrzahl, wie diese Rollen – wir moderne Menschen haben da schon ziemlich viele zu erfüllen, im Beruf, im Verein, im Sport, natürlich auch in der Familie – beschaffen sind.

    Das Gute dabei: Der Do-it-yourself-Fasching bereitet niemandem Probleme. Man muss sich auch nicht rechtfertigen und zum Beispiel die Frage beantworten, wie man bei diesen politischen Ereignissen sich nur verkleiden kann. Das Erscheinen in der Konferenz versendet sich schnell. Und viel besser. Die Wahrscheinlichkeit, ohne Kater am nächsten Morgen aufzuwachen, ist so hoch wie sonst nie im Fasching. (Richard Mayr)

    Nein, denn das ist nicht witzig, sondern traurig

    Klar, jeder (und jede) blamiere sich, so gut er (und sie) kann (kann). Aber eine so ganz nach unten offene Skala hat dann doch etwas Beunruhigendes. Und das ist nicht immer nur eine Frage von Humor und Niveau. Zum Beispiel in diesem Fall. Denn hier handelt es sich eher um eine Steigerung des Traurigen, die einen (und eine) zur Frage veranlassen sollte: Lieber Narr (liebe Närrin) – muss das wirklich sein, echt jetzt? Klare Antwort: Nein!

    Es beginnt nämlich schon damit, dass Fasching in der flachen Breite (breiten Fläche) der hiesigen Kulturlandschaft ja ohnehin eine ziemlich traurige Angelegenheit sein kann. Trauriger aber ist dann doch, dass in diesen Zeiten, die ein bisschen Quatsch und Leichtigkeit nötig hätten wie selten, das jauchzende Späßetreiben schon wieder ausfällt – ob der Freund (und die Freundin) des Ganzen sich nun hineinstürzt oder der Skeptiker (und die Skeptikerin) einfach nun Freude am Seitlich-daran-Vorbeigehen empfindet. Am traurigsten aber wird die Angelegenheit, wenn nun offensiv unverdrossene Clowns (und Clowninnen) meinen, die Online-Meetings, die ohnehin auf Dauer und in Masse nur zu ertragen sind, wenn sie stringent zur Sache und zeitlich effizient gehalten werden, datumsgemäß aufpeppen zu müssen.

    Das ist dann ungefähr so witzig, wie wenn man (oder frau) statt des sonst verbreiteten Brauchs, echte Krawatten abzuschneiden, virtuelle per Klick und Bildschirmschere kürzen würde. Hach, wie pfiffig! Als wäre die moderne Kommunikation mit Emoji-Wahn und Verfremdungs-Foto-Filtern nicht ohnehin voller trauriger Späße. Und wer nicht witzig ist, wird es auch durch eine rote Nase, eine Perücke oder bunte Schminke erst recht nicht. Drum: Wolle mer se reinlasse? Auf keinen Fall! (Wolfgang Schütz)

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