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Buchrezension: "Wie Inseln im Licht" von Franziska Gänsler: Kann ein kleines Mädchen spurlos verschwinden?

Buchrezension

"Wie Inseln im Licht" von Franziska Gänsler: Kann ein kleines Mädchen spurlos verschwinden?

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    Franziska Gänslers schriftstellerisches Debüt „Ewig Sommer“ hat für Schlagzeilen gesorgt.
    Franziska Gänslers schriftstellerisches Debüt „Ewig Sommer“ hat für Schlagzeilen gesorgt. Foto: Linda Rosa Saal

    Als „Klimaroman“ wurde das erste Buch von Franziska Gänsler gefeiert, das in einer nahen Zukunft spielt, in der Brände und Atemmasken an der Tagesordnung sind. Das Debüt der gebürtigen Augsburgerin wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis für Literatur und mit dem Literaturförderpreis der Stadt Augsburg ausgezeichnet. Jetzt also der zweite Roman der hochgelobten Autorin, „Wie Inseln im Licht“. Kein Umweltroman, wie vielleicht zu erwarten. Eine Familiengeschichte, die um ein großes Rätsel kreist. Und wie im ersten Roman spielen auch hier die Frauen die Hauptrolle. 

    Die Ich-Erzählerin Zoey ist nach dem Tod ihrer Mutter an die französische Atlantikküste zurückgekehrt, wo sie als Kind mit ihrer Mutter und der kleinen Schwester Oda eine Zeit lang gelebt hat – in einem Wohnwagen auf einem abgelegenen Campingplatz. 20 Jahre ist das her, entsprechend bruchstückhaft sind die Erinnerungen der jungen Frau an diese Zeit, wie „Inseln im Licht“. Aber vieles kommt zurück, „wie Schnüre rollen sich die Erinnerungen in mir auf“: „die Wärme in unserem Bauwagen, Oda im Bett, kalte Handtücher, die die Mutter um ihre Waden schlug“, die Lichter im Wald, goldene Lichter und Gesang. 

    Die Mutter sprach nie wieder von Oda

    Jetzt ist sie hier, um die Asche der verstorbenen Mutter im Meer zu verstreuen. Aber noch mehr treibt sie die Erinnerung an die Schwester um, die plötzlich verschwand. Danach zog die Mutter mit Zoey in die Stadt, sprach nie wieder von Oda, zog sich immer mehr in sich selbst zurück, bis Zoey sie nähren musste wie ein Baby. Nach ihrem Tod bleibt die Tochter mit dem Rätsel um Oda allein zurück. Auch der ferne Vater kann oder will Zoey nicht weiterhelfen. 

    Die junge Frau ist ratlos. Wie kann es sein, dass ein kleines Mädchen spurlos verschwindet und es niemanden interessiert? Hat sie sich schuldig gemacht? Und warum nur war die Mutter so sprachlos? Zoey weiht Marlene aus ihrem Hotel in ihre Suche ein. Die beiden Frauen finden zueinander und auf dem Campingplatz kommt Unterstützung von der jungen Influencerin Kitty und ihrer klugen Großmutter. Die alte Frau, ehemals einflussreiche Juristin, wird von der Enkelin als Mme Future inszeniert. Aber sie ist trotz ihrer Hinfälligkeit noch ganz fit im Hier und Heute und sorgt dafür, dass Zoey endlich die Wahrheit erfährt und Abschied nehmen kann. 

    Ein sprachmächtiger Roman über Sprachlosigkeit

    Franziska Gänsler, die nach dem Abitur in Augsburg Modedesign und Malerei studiert hat und in Wien als Kunstvermittlerin gearbeitet hat, macht keinen Hehl daraus, was sie inspiriert hat: Tracey Emins Videos, die Truman Show, der Fall der kleinen Madeleine McCann, die spurlos aus einer Ferienwohnung an der Algarve verschwand, die Darstellung der Pietà in der Kunst. All das webt sie kunstvoll ein in ihr Erzähl-Gespinst. Sie folge dem, worauf sie selbst beim Schreiben Lust habe, sagt Franziska Gänsler auf die Frage, wie sie ihre Inspirationen zusammenbringe. Und sie kann das: Mit feinen Andeutungen angstvolle Erwartungen wecken, mit kurzen Sätzen in die Tiefe gehen, ihre so unterschiedlichen Figuren ausloten. „Wie Inseln im Licht“ ist ein sprachmächtiger Roman über Sprachlosigkeit und das schwierige Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. 

    Franziska Gänsler: Wie Inseln im Licht. Kein & Aber, 208 Seiten, 23 Euro

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