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Buchrezension: Weltberühmtes Antlitz: Wie Nofretetes Büste nach Berlin kam

Buchrezension

Weltberühmtes Antlitz: Wie Nofretetes Büste nach Berlin kam

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    Weltberühmtes Antlitz: Wie Nofretetes Büste nach Berlin kam
    Weltberühmtes Antlitz: Wie Nofretetes Büste nach Berlin kam

    Hunderttausende haben sie auf der Berliner Museumsinsel schon bewundert, sie ist die unbestrittene Primadonna der Royals, in aller Welt geschätzt, kopiert und vermarktet: Nofretete. Sie existiert seit über 3300 Jahren als Büste und übt ihren ungebrochenen Zauber trotz oder wegen des Fehlens ihres linken Auges auch heute noch aus. 

    Ägypten fordert die weltberühmte Büste der Königin schon lange zurück

    Gefunden wurde die einzigartige Büste im Dezember 1912 im ägyptischen Amarna von deutschen Archäologen, die der Berliner Baumwollfabrikant James Simon beauftragt und finanziert hatte. Ägypten war seinerzeit britisches Protektorat. Die damaligen Regeln der Teilung archäologischer Funde sahen vor, dass jeder Fund zu gleichen Teilen an den Finder oder die Finderin und an das Land gehen sollten. Die Büste der Nofretete fiel an den Fabrikanten Simon, ein großes Altarbild an Ägypten. Simon schenkte die Büste später dem preußischen Staat und so wurde sie erstmals 1924 im Neuen Museum ausgestellt, wo sie heute noch beziehungsweise wieder steht.

    Die Büste der Königin Nofretete (um 1340 v. Chr.) im Neuen Museum in Berlin.
    Die Büste der Königin Nofretete (um 1340 v. Chr.) im Neuen Museum in Berlin. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Diese Geschichte und alles, was sich daraus ergab, hat der Historiker Sebastian Conrad von der Freien Universität Berlin im Sachbuch „Die Königin – Nofretetes globale Karriere“ aufbereitet. Wissenschaftlich fundiert, mit üppigem Bildmaterial geschmückt und interessant geschrieben. Seit über hundert Jahren fordert Ägypten die weltberühmte Büste der Königin zurück, denn sie sei koloniale Raubkunst. Bisher waren die Versuche allerdings vergebens. Zwischendurch stritten auch noch die DDR und die Bundesrepublik um sie.

    Auch ein neuer Roman dreht sich um die Geschichte der berühmten Büste

    Derselbe Stoff gerät aus der Feder der Berlinerin Stefanie Gerhold zu einem neuen Roman, der die historischen Tatsachen mit fiktionalen Garnierungen fesselnd erzählt. In „Das Lächeln der Königin“ nimmt sie die Lesenden mit auf die Weihnachtsfeier der Firma „Gebrüder Simon“ von 1912. Mitten in die Ansprache von Simon vor der Belegschaft bringt ein Telegrammbote die frohe Botschaft aus Kairo: „Bedeutenden Fund gemacht. Beschreiben nutzlos. Borchardt“. 

    Dieser Borchardt leitete damals die Ausgrabungen. Von dieser Weihnachtsfeier bis zum ehemaligen Kunstschutzoffizier der US Army Walter Farmer, der nach 1945 alle Begehrlichkeiten amerikanischer Museen abwehrte und Nofretete für Deutschland rettete, erzählt Gerhold Geschichten rund um die berühmte Büste, die vor hundert Jahren erstmals auf der Berliner Museumsinsel präsentiert wurde.

    Selbst Popsängerin Beyoncé trat schon als Nofretete auf die Bühne

    Auch das Sachbuch von Sebastian Conrad enthält unterhaltsame Tatsachen: Er beginnt beispielsweise mit dem Auftritt der afroamerikanischen Popsängerin Beyoncé im April 2018 als Wiedergängerin der Nofretete und führt durch die weltweite Karriere der Büste dieser Königin, die auf allen Kontinenten ihre „Untertanen“ findet. „Nofretete ist Teil einer weltumspannenden Kultur geworden, bei der Zitate nicht mehr auf das Original verweisen; sie wurde zur global zirkulierenden Ikone par excellence“, schreibt Conrad. 

    Eigentlich gehöre sie der ganzen Welt. Vielleicht sollte sie der Unesco, wenn auch nicht als Königin vorstehen, aber anvertraut und allen Völkern wenigstens leihweise zum Bestaunen gezeigt werden. Die „schönste Berlinerin“ würde sie trotzdem bleiben. Eine „Königin zum Anfassen“ kann sie nach mehr als 3300 Jahren aus konservatorischen Gründen nicht sein. 

    Sebastian Conrad: Die Königin – Nofretetes globale Karriere. Propyläen, 376 Seiten, 29 Euro.

    Stefanie Gerhold: Das Lächeln der Königin. Galiani, 232 Seiten, 23 Euro.

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