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Buchrezension: Philosophie des Judentums: Was sich von der Weltreligion lernen lässt

Buchrezension

Philosophie des Judentums: Was sich von der Weltreligion lernen lässt

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    In ihrem Buch "Von Juden lernen" zeigt Mirna Funk, warum die Lehren des Judentums auch heute noch relevant sind.
    In ihrem Buch "Von Juden lernen" zeigt Mirna Funk, warum die Lehren des Judentums auch heute noch relevant sind. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Das Judentum blickt auf eine mehr als 5000 Jahre währende Geschichte zurück. 5000 Jahre, in denen Theologen und Rabbiner das jüdische Wertesystem weiterentwickelt haben. Mit ihrem Buch "Von Juden lernen" will Mirna Funk den deutschen Leserinnen und Lesern einen frischen Blick auf das

    Mirna Funk wiederholt auch ihre kontroversen Ansichten zum Feminismus

    Es ist teils verblüffend, wie relevant die Jahrtausende alten Lehren des Judentums heute noch sein können. An vielen Stellen gelingt es der Autorin, die alten Gebote gekonnt auf Problemstellungen unserer Zeit anzuwenden, etwa im Kapitel "Lashon hara", von der üblen Nachrede. Lügen und Verleumdungen, die einmal in die Welt gesetzt sind, ließen sich auch früher kaum wieder einfangen, in Zeiten sozialer Medien ist das nahezu unmöglich. 

    Aus der Rolle der Provokateurin kann (oder will) sich Mirna Funk auch mit ihrem neuesten Werk nicht befreien und wiederholt unter anderem ihre kontroversen Ansichten zum Feminismus. Beliebte Parolen wie "smash the patriarchy" lehnt sie entschieden ab. Statt der radikalen Lösung, also der Zerschlagung des Patriarchats, plädiert sie für die Erweiterung der Geschlechterrollen. Mann kocht, Frau führt erfolgreiche Unternehmen. 

    Stellenweise verrennt sich Mirna Funk in ihrer Argumentation

    Ebenfalls provokant: Ausgerechnet dem Kapitel zur üblen Nachrede stellt sie die Geschichte eines Bekannten voraus, der im Zuge der "MeToo"-Debatte von vielen Frauen öffentlich kritisiert wurde. Deren Geschichten mögen stimmen, räumt Funk ein. Ihren Bekannten rehabilitiert sie allerdings mit dem Hinweis, dass keiner der zahlreich geäußerten Vorwürfe juristisch relevant sei. Eine mögliche moralische Verantwortung über das Justiziable hinaus lässt sie völlig außer Acht. 

    So scheint es an manchen Stellen, als würde sich Funk in ihrem Ansinnen, die hohen Werte der jüdischen Lehre hervorzuheben, etwas in ihrer Argumentation verrennen, indem sie ihre selbst gewählten Beispiele etwas zu sehr vereinfacht. Im Kapitel "Zedeka", das die jüdische Vorgabe zur Wohltätigkeit beschreibt und die vor allem Hilfe zur Selbsthilfe verlangt, kommt Funk zu der Ansicht, dass die Aktivitäten von Investoren moralisch höher zu bewerten seien als das Engagement der Millionenerbin und Aktivistin Marlene Engelhorn, die einen großen Teil ihres geerbten Vermögens verschenkt. Dass Investoren zumeist nur auf Profit aus sind und an soziale Anliegen gar nicht denken, spielt für Funk an dieser Stelle keine Rolle.

    Mirna Funks "Von Juden lernen" steckt voller spannender Anregungen

    Mirna Funks "Von Juden lernen" steckt nichtsdestotrotz voller spannender Anregungen, wie wir unser Leben gerechter und für die Gesellschaft nutzbringender gestalten können. Vor allem der in den jüdischen Lehren wiederkehrende Hang zur Dialektik, die Bereitschaft, Dinge von verschiedenen Seiten zu betrachten und den eigenen Standpunkt auch mal zu verlassen, kann sehr gewinnbringend sein.

    Das trifft insbesondere auf die aktuelle Debatte über den Krieg in Israel zu, die ebenfalls thematisiert wird. Funk arbeitete zwar schon an ihrem Buch, als die Hamas im Oktober vergangenen Jahres Israel überfallen hatte, aber sie hatte noch Gelegenheit, diese Entwicklungen einzuarbeiten. Insofern ist "Von Juden lernen" ein brandaktuelles Werk.

    Mirna Funk: Von Juden lernen. dtv Verlag. 160 Seiten, 14,99 Euro.

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