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Belastung begrenzen: So bleiben Angehörige von psychisch Erkrankten selbst gesund

Belastung begrenzen

So bleiben Angehörige von psychisch Erkrankten selbst gesund

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    Ein Familienmitglied psychisch leiden zu sehen, tut Angehörigen weh - sie wollen helfen. Doch dazu braucht es Hilfe.
    Ein Familienmitglied psychisch leiden zu sehen, tut Angehörigen weh - sie wollen helfen. Doch dazu braucht es Hilfe. Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn

    Eine akut auftretende psychische Erkrankung wie etwa eine Depression kann einen Menschen stark verändern. Ein zuvor lebensfrohes Familienmitglied wirkt plötzlich antriebslos, zieht sich zurück und meidet soziale Kontakte. Wie können Angehörige damit umgehen, ohne selbst auszubrennen? Antworten von einer Therapeutin, einer Beraterin und dem Leiter einer Selbsthilfegruppe.

    Behandeln lassen

    «Wenn ein geliebter Mensch in eine psychische Krise gerät, ist vieles, was man jahrelang kannte und Bestand hatte aufgehoben», sagt Gudrun Weißenborn vom Landesverband für Angehörige psychisch erkrankter Menschen in Berlin. Sie ist seit 25 Jahren in der Angehörigenberatung tätig und weiß, dass auch Nicht-Erkrankte in eine Krise geraten können. «Das Verhältnis von Nähe und Distanz verändert sich. Die Möglichkeiten und Grenzen des Miteinanders müssen neu ausbalanciert werden», so die Projektleiterin.

    «In der Anfangsphase einer psychischen Erkrankung fühlen sich Angehörige oft hilflos», erzählt Rolf Fischer, der im Kölner Verein Rat und Tat mehrere Gesprächskreise für Angehörige leitet. «Vor allem dann, wenn der Betroffene keine Krankheitseinsicht zeigt.» Der erste Schritt zur Entlastung sei daher, dass der oder die Erkrankte eine Behandlung beginnt. Wenn das trotz Bittens nicht geschieht, kann man sich an einen sozialpsychologischen Dienst wenden, rät der Vereinsvorsitzende: «Ein Sozialarbeiter oder Sozialpsychologe besucht dann den Erkrankten zu Hause.»

    Informieren und akzeptieren

    Angehörige sollten gut über die Erkrankung ihres Familienmitglieds informiert sein. Je mehr sie über die Symptome, den Verlauf und die Behandlung wissen, desto sicherer können sie mit ihr umgehen. «Es hilft zu akzeptieren, dass es schwierig ist», so Weißenborn. «Gleichzeitig sollte man schauen, wie man sich selbst stärken kann.» So eine Situation kann das Umfeld in Mitleidenschaft ziehen.

    «Das Schwierigste für die Angehörigen ist, wenn sie sich persönlich dafür verantwortlich fühlen, dass es dem Erkrankten wieder besser gehen soll», sagt die systemische Paar- und Familientherapeutin Angelika Völkel aus Berg am Starnberger See. Das kann aber nicht funktionieren: Der Erkrankte muss den Willen zur Therapie selbst aufbringen.

    Grenzen anerkennen

    Entscheidend für Angehörige ist der Umgang mit den eigenen Bedürfnissen. Wer nicht auf sie achtet, geht über seine Grenzen. Zumal Erkrankte diese Grenzen auch oft nicht (mehr) wahrnehmen und sie überschreiten.

    Grenzen setzen hilft Angehörigen, nicht in den Strudel der Krankheit zu geraten. Doch «wie viel Nähe und Distanz die einzelne Person benötigt, ist höchst individuell», sagt Weißenborn. Ein klares Mittel zur Abgrenzung ist die räumliche Trennung. «Das ist für viele erst einmal eine Herausforderung, aber man schützt sich damit», so Fischer. Lebt die erkrankte Person nicht im selben Haushalt, empfiehlt er Angehörigen, höchstens ein- bis zweimal pro Woche mit ihr zu telefonieren oder sie zu besuchen. Denn häufigere Kontakte führen oft dazu, dass die Gedanken fast nur noch um den psychisch Kranken kreisen. Das ist ungesund.

    Im Alltag kann ein psychiatrischer Pflegedienst helfen. Dieser kann zum Beispiel morgens und abends vorbeikommen und die Medikamente verabreichen, erklärt Fischer. Möglich ist außerdem, eine gesetzliche Betreuung zu beantragen. Bei schweren psychischen Erkrankungen kann dies die Familie entlasten, so der Experte.

    Das eigene Leben leben

    Psychische Erkrankungen sind oft langwierig, Rückschläge gehören dazu. In dieser Zeit ist es wichtig, dass man sich als Angehöriger mental schützt. Denn: «In einer depressiven Umgebung zu leben, kann selbst krank machen», so Therapeutin Völkel. Angehörige brauchen einen Ausgleich.

    «Freundschaftliche Kontakte, die mit einem über die Krise sprechen, ohne zu stigmatisieren, können helfen», empfiehlt Gudrun Weißenborn. Stärken kann zudem eine Selbsthilfegruppe, ein Ort, an dem man anonym und frei sprechen kann, und wo man Anregungen erhält, wie man mit der Krise umgehen kann. «Sie treffen dort Menschen in ähnlichen Situationen und lernen, sich nicht als Opfer des Schicksals zu sehen», so Rolf Fischer, der jede Woche mit Angehörigen spricht.

    Und Angehörige sollten an den Dingen festhalten, die ihnen Freude bereiten. «Das kann regelmäßiger Sport sein», sagt Völkel. Ebenso können Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung helfen, sofern man sich nach Ruhe und Erholung sehnt.

    «Am besten ist es, wenn man sich feste Termine in der Woche setzt», rät Fischer. Und sich bewusst um sich kümmert und sagt: «Da gehe ich jetzt hin, egal, was zu Hause los ist.»

    Sprechen - miteinander und mit Profis

    Ist der Leidensdruck sehr groß, «können Angehörige selbst das psychotherapeutische Gespräch suchen, um Abstand zu gewinnen und ihre Lebenssituation zu reflektieren», sagt Gudrun Völkel. Begleitend zur Behandlung des Erkrankten kann auch eine Paar- oder Familientherapie sinnvoll sein. Mit dieser lernen alle Beteiligten, an ihrer Beziehung zu arbeiten. Sie treffen Vereinbarungen, wie das Zusammenleben trotz der Belastung durch die Krankheit gut gestaltet werden kann, so die Therapeutin.

    Wichtig ist, mit psychisch erkrankten Menschen offen und ehrlich zu reden. Völkel empfiehlt eine «klare, freundliche Sprache: Angehörige sollten die Dinge so ansprechen, wie sie sind», sagt sie. Dazu gehöre auch, über Gefühle zu sprechen.

    «Wenn ich dem anderen etwas über mich mitteile, auch meine Gefühle, gehe ich in Kontakt mit ihm. Dann traue ich ihm etwas zu», erklärt Weißenborn. Das kann sich positiv auf die Beziehung auswirken. Sie rät, bewusst zu formulieren. Ein «Ich frage mich, wie es dir geht …» sei zum Beispiel besser als ein «Ich habe Angst um dich».

    Hier bekommen Angehörige Hilfe

    Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention bietet aktuelle Forschung zur Depression sowie bundesweite Telefon- und E-Mail-Beratung: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/start

    Auf der Seite des Bundesverbands der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BaPK) können Sie nach Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe suchen. Außerdem gibt es eine anonyme Telefon- und E-Mail-Beratung: https://www.bapk.de/der-bapk.html.

    Die Deutsche DepressionsLiga ist eine Patientenvertretung, die deutschlandweit aktiv ist. Auf der Webseite gibt es u. a. Infos zu Therapieformen: https://depressionsliga.de/

    Der Verein Rat und Tat bietet ebenfalls kostenlose Unterstützung für Angehörige psychisch erkrankter Menschen an. Die Gesprächskreise finden in Köln und online statt. Auch Telefonberatungen sind möglich: https://www.ratundtat-ev.koeln/

    Zudem stehen in den Bundesländern die Sozialpsychiatrischen Dienste zur Verfügung: https://www.sozialpsychiatrische-dienste.de/regionale-netzwerke/

    Sich wieder auf sich selbst zubewegen: Das kann man wörtlich nehmen.
    Sich wieder auf sich selbst zubewegen: Das kann man wörtlich nehmen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
    Nicht nur der oder die Erkrankte profitiert von einer Therapie. Es gibt auch Angebote für Angehörige.
    Nicht nur der oder die Erkrankte profitiert von einer Therapie. Es gibt auch Angebote für Angehörige. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
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