Wenn das neue Jahr vor einem liegt, erscheint es einem unfassbar lang. Unmöglich, da schon ans Ende zu denken. Kaum aber steckt man drin, hat sich eben daran gewöhnt, die neue Jahreszahl zu schreiben, fängt es in einem irren Tempo an vor sich hinzuschrumpfen. Auch unfassbar. Eben war doch noch Februar, plötzlich Ende Mai. Zack, schon ist der Sommer vorbei. Dann: Ich glaube es nicht, nur noch sechs Wochen bis Weihnachten … Als sei das Jahr ein Rad, das man oben am Berg loslässt, das dann immer schneller rollt, bis es unten angekommen in wilder Fahrt von einem Hindernis gestoppt wird: dem nächsten Jahr.
2021: Mit Olympia, Bundestagswahl - und "Rock im Park"?
Ob das aber 2021 wohl auch so ist? Oder wird es eher so dahinschlingern und holpern, nachdem es schon so schwerfällig startete, wie das Jahr 2020 endete. Lockdown, angezogene Handbremse. Klar ist bislang jedenfalls: Enden wird 2021 so, wie es begonnen hat, an einem Freitag. Alles andere? Ziemlich ungewiss. Annäherung an ein unplanbares Jahr.
Januar
CDU-Parteitag (15. bis 16.1.)/ Amtseinführung des designierten 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten Joe Biden (20.1.)/ Aufstockung des Kindergelds um 15 Euro / CO2-Abgabe als Teil des Klimaschutzpakets wird eingeführt.
Da liegen sie also nun, zwölf nagelneue Monate. Ungebraucht. Normalerweise würde man anfangen, sie mit Terminen wie mit Reißnägeln zu perforieren. Ein Piks nach dem anderen: Omis Geburtstag, Geschäftsreisen, Wien-Wochenende, eine Hochzeit in Mexiko, Citylauf, Alicia-Keys-Konzert München, Sardinien-Urlaub. Die erste grobe Planungsphase, damit man schon mal weiß, woran man ungefähr ist, dann das Feintuning. Zahnprophylaxe, Friseur, Sommerräder montieren. Kann man jetzt natürlich tun wie immer: Einfach eintragen, die innere Stimme, die in diesem Fall ein bisschen wie Karl Lauterbach klingt, reden lassen und sich denken: Wird schon, wenn jetzt doch geimpft wird, und dann wird’s ja bald wieder wärmer …
Februar
Chinesisches Neujahr (12.2.) /Faschingsferien (15. bis 19.2.)
Der Punkt ist nur der: Man kann so viel hineinschreiben in den Kalender, wie man will, die Monate mit Terminen festzurren, bis sie sich nicht mehr rühren, aber sich das alles so richtig vorstellen kann man nicht. Als ob der Nebel über dem Jahr 2021 hängen würde. Dichte Schwaden, dahinter März, April … Laut chinesischem Sternzeichen beginnt nun übrigens das Jahr des Büffels. Der ist stark und überwindet alle Schwierigkeiten. Immerhin!
März
Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg (14.3.) / Yayoi Kusama Retrospektive im Berliner Gropius-Bau (ab 19. 3.)/Osterferien (29.3. – 10.4.)
Wenn man dem Jahr 2021 ein Motto verpassen würde, dann vielleicht so eines wie „Mal sehen“ oder „Lass es auf dich zukommen“. Das klingt so schön entspannt. Nur ist der Mensch aber leider meist nicht entspannt, wenn er nicht planen kann. Im März letzten Jahres haben es viele aus der Not heraus versucht. 77 Prozent erklärten bei einer Umfrage, dass sie aktuell nichts im Voraus planen würden. Aber bereits zwei Wochen später waren es schon nur 72 Prozent …
April
Bundesgartenschau in Erfurt (ab 23.4.)
Was freie Tage angeht, wird das Jahr 2021 übrigens kein gutes Jahr für Arbeitnehmer. Der Tag der Arbeit, der Tag der Deutschen Einheit, Weihnachten, Neujahr – fallen diesmal alle aufs Wochenende. Hier ein Rat von Brückentage-Spezialisten: Im April kann man mit nur vier Urlaubstagen vom 6. bis 8. zehn freie Tage gewinnen. Was soll man mit denen dann aber eigentlich tun? Noch mehr spazieren gehen?
Mai
Beginn der Abiturprüfungen in Bayern (12.5.) / Eurovision Song Contest in Rotterdam (18. bis 22.5)/ Weltwirtschaftsforum in Luzern (18. bis 21.5.)/ Pfingstferien (25.5. bis 4.6.)
Hochzeitsmonat. Wird es aber nun eine coronabedingte „Mikro-Wedding“ oder doch die wilde Sause mit 150 Gästen auf der Alm? Die Vogue hat beim internationalen Eventmanager Bryan Rafanelli nachgefragt. Seine Prognose fürs Hochzeitsjahr 2021: „Ich denke, Mittwoch, Donnerstag und Freitag werden der neue Samstag werden – nicht nur, weil man die Location nicht bekommt, sondern auch, weil viele von uns weiterhin virtuell arbeiten werden, was bedeutet, dass man mehr Möglichkeiten haben wird, unter der Woche zu einer Hochzeit zu gehen und flexibel an einem Samstag oder Sonntag zu arbeiten.“ Sonntag arbeiten, Mittwoch feiern – verrückt, was 2021 doch alles möglich ist!
Juni
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt (6.6.)/ Ringförmige Sonnenfinsternis über Europa (10.6.)/ Fußball-EM der Männer in 12 Ländern (11.6. bis 11.7./ Rock am Park in Nürnberg (11. bis 13. 6.)/Prüfungsbeginn Mittlere Reife in Bayern (23.6.)
Apropos Planen: Im Harvard Business Manager wird vor ziellosem Dahintreiben gerade in ungewissen Zeiten gewarnt: „Dem Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit folgt oft der Impuls, sich am besten gar nichts mehr vorzunehmen. Genau das wäre jedoch falsch.“ Weil Pläne Sicherheit geben. Weil gerade in unsicheren Zeiten Ziele helfen, voranzukommen. Weil man weniger gestresst ist, wenn man das Gefühl hat, man gibt die Richtung vor. Also doch: Das Unplanbare planen …
Juli
Tour de France (2. bis 25.7.)/ Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme aus Kunststoff sowie To-go-Getränkebecher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essensbehälter aus Styropor sind nicht mehr in Deutschland erlaubt (ab 3.7.)/ Salzburger Festspiele (ab 23.7.)/ Olympische Sommerspiele in Tokio (23.7 bis 8.8.)/ Sommerferien (30.7. bis 13.9.)
Im Übrigen ist 2021 eigentlich nur das neue 2020. Die Menschheit hat einfach alles aus dem alten Jahr, was nicht hineingepasst hat, ins neue Jahr hinübergeschoben: die Olympischen Spiele, die Fußball-Europameisterschaft, die Konzerte, die Hochzeiten, die großen Sommerfeste... Das soll nun alles in 2021 passen. Das meiste in den Sommer. In Tokio planen sie die Spiele nun tatsächlich mit Zuschauern aus aller Welt! Die olympische Flamme könne das Licht am Ende des Tunnels sein, sagt IOC-Präsident Thomas Bach. Was man positiv sehen kann oder aber so: Auch im Juli stecken wir also noch im Tunnel.
Ausblick 2021: Noch mehr Reisen innerhalb Deutschlands
August
Allgäu-Triathlon (22.8.)/ Tennis US Open (ab 30.8.) /
Der Plan ist im August meist der: Weg sein. Irgendwo am Meer, am See. Sylt ist vermutlich aber jetzt längst ausgebucht. Bei „Hometogo“, eine Suchmaschine für Ferienhäuser und -wohnungen, entfielen zuletzt 44,4 Prozent der Anfragen auf Reiseziele in Deutschland. Im Vergleich zu 2020 sei der Anteil um 61,15 Prozent gestiegen. Wer nicht rechtzeitig bucht, muss am Ende nach Italien! Dafür interessieren sich derzeit nur 7,9 Prozent.
September
Wahl zum 20. Deutschen Bundestag (26.9.) Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (26.9.), Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (26.9.)/ Ausstellung „Fantastisch Real. Belgische Moderne von Ensor bis Magritte“ in der Kunsthalle München (ab 10.9.)
Deutschland wählt. Einen neuen Kanzler oder eine neue Kanzlerin. Wenn es etwas gibt, das unvorstellbar ist, dann dies: Merkellosigkeit. Was die dann aber sicher anstehenden Koalitionsverhandlungen betrifft, lässt sich aus den Sternen nichts Gutes lesen. Ab dem 27. September ist Merkur, der Planet der Kommunikation, rückläufig. Dabei handelt es sich zwar nur um eine optische Täuschung, aber Astrologen warnen dennoch vor nervenden Folgen: Man redet dann eher aneinander vorbei!
Oktober
Expo in Dubai (ab 1.10.)/Abschiedskonzert Elton John in München (2.10.)/Frankfurter Buchmesse (20. bis 24. 10.)
Wie ein völlig verrückter Plan jedenfalls klingt, dass man im Oktober mit tausenden anderen in der Münchner Olympiahalle sitzen und sich Elton John anhören will. Mit tausend anderen, die atmen! Ohne Zwischenplatz, der mit Plastik abgedeckt ist? Aber gut, Karten gekauft, mal sehen... Vielleicht gibt es bei den Merchandising-Artikeln dann eine Elton-John-Maske, vielleicht aber kommt Elton John auch einfach nicht. Weiß alles keiner. Manches aber will man auch besser gar nicht wissen...
November
Herbstferien (2. bis 5.11.)
Woran man jetzt – mit Ausnahme der Ferien – wirklich noch nicht denken mag.
Dezember
Totale Sonnenfinsternis, sichtbar über der Antarktis und Teilen des Südpazifiks (4.12.)/ Weihnachtsferien (ab 24.12.)
Geschafft. Vielleicht auch die Sache mit der Herdenimmunität. Vielleicht ist 2021 doch wieder ganz schnell gerollt, immer voller mit Terminen, immer schwerer. Effectuation nennt sich die Coaching-Methode, die für Jahre wie dieses passt. Kurz erklärt von Florian Sußner, Coach aus Nürnberg: „Die Idee ist: Wenn ich meine Zukunft aktiv, aber flexibel gestalte, muss ich sie ja gar nicht voraussagen. Ich bin der Pilot, der am Steuerknüppel sitzt. Egal, was geschieht, ich entscheide, wie es weitergeht.“ Es geht also nicht um den großen fantastischen Plan X, sondern darum, was gerade möglich ist mit den Mitteln, die einem zur Verfügung stehen. Und dann mal sehen, wie weit, mit wem und wohin man dahinkommt. Plakativ formuliert: Man kocht nicht nach Rezept, sondern schaut, was der Kühlschrank so hergibt. Ungewissheit als Chance. Mit seinen Teilnehmern hat Sußner im letzten Jahr gerne folgendes Gedankenexperiment gemacht. Sie sollten sich überlegen, ob ihr Leben im Februar 2020 weniger planbar war als heute. Der Witz daran natürlich: Das war es nicht, nur wusste man das nicht im Februar. „Sicherheit tut uns gut, wir brauchen sie, aber wir haben viel weniger Sicherheit, als wir denken“, sagt Sußner. Also, liebes Jahr 2021, mal sehen. Ein bisschen planen, ein bisschen improvisieren. Meist ist ja im Kühlschrank etwas drin, aus dem sich etwas machen lässt!
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