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Alltagsszenen, Absurditäten, Tünkram: Mit der Freude am Kleinen auf Weihnachten einstimmen

Freude am Kleinen

Alltagsszenen, Absurditäten, Tünkram: Einfach mal Schönes zu Weihnachten

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    Spazierendes Pärchen: Einen Menschen zu haben, dem man einfach so alles sagen kann? Was gibt es Schöneres.
    Spazierendes Pärchen: Einen Menschen zu haben, dem man einfach so alles sagen kann? Was gibt es Schöneres. Foto: Adobe Stock

    Dieses langsam durch den vollen Weihnachtsmarkt spazierende Paar: Eine Oma mit ihrer vielleicht sechsjährigen Enkeltochter an der Hand – und die Kleine hat keinen Blick übrig für das Summen an den Kaufständen, sondern ist voll darauf konzentriert auf das, was sie gerade über das Fest und die Bescherung in lang vergangener Kindheit erzählt bekommt.

    Männer in kurzen Hosen bei null Grad. Und daneben Frauen mit Jacken wie tragbaren Daunendecken.

    Jeden Abend auf dem immer selben Mülleimer abgestellt: drei Bierflaschen, davon zwei leer, eine voll und daneben eine geöffnete Zigarettenschachtel mit jeweils fünf bis zehn noch übrigen ungerauchten Kippen – da hört offenbar jemand auf, jeden Tag aufs Neue, immer wieder erfolglos, aber unverdrossen.

    Erst das Bekenntnis zu mehr Anstand in der Politik, dann wieder Tünkram

    Die tiefe Schönheit der Weihnachtserzählung (gepaart mit innerer Wärme, wenn sie beim Besuch daheim von Gustl Bayrhammer als Ludwig Thomas „Heilige Nacht“ gelesen wird): Menschwerdung Gottes, ein Baby, geboren in der Not. Passt doch gut in eine Zeit, in der sich der Mensch mit seiner vermeintlichen Gottwerdung selbst in Not bringt.

    Die immer weiter verblassende, aber immer noch lesbare Botschaft mit krakeliger Handschrift auf dem vermauerten Eingang eines längst geschlossenen Ladens: „Weltfrieden? Warum nicht?“

    Misstrauische Blicke: Scholz und Merz im Wahlkampfmodus.
    Misstrauische Blicke: Scholz und Merz im Wahlkampfmodus. Foto: Michael Kappeler/dpa

    Ein Straßenmusiker spielt in der völlig überfüllten Fußgängerzone „Stille Nacht, offenbar noch Anfänger an der Geige, ein kleines Kind im Kuscheloverall mit Hasenöhrchen tanz trotzdem begeistert dazu, während die Mutter in ein paar Metern Entfernung bei jedem dritten Ton im Gesicht einen leichten Schmerz erkennen lässt.

    Eben noch haben sich Scholz, Merz und Habeck auf Einladung von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf öffentlich zu Anstand in der Politik aufs sittliche Podest gestellt – und nur ein paar Tage später diese Debatte im Bundestag zur Vertrauensfrage. Tünkram.

    Warum verfallen auch Erwachsene dem Hello-Kitty-Trend?

    Die Irritation, wenn wieder mal jemand allein, aber laut vor sich hin redend durch die Straßen geht – erst auf den zweiten Blick eine Ahnung, ob es sich dabei um einen völlig Vereinsamten im Monolog oder einen lückenlos Vernetzten im Smartphonefreisprechmodus handelt.

    Das inzwischen schon komplizenhaft vertraute Lächeln der schönen Schmuckverkäuferin von nebenan, der das regelmäßig zufällige Begegnen auch nicht ganz unangenehm zu sein scheint.

    Und dann und wann im Radio plötzlich wieder ein Lied von Zaho de Sagazan.

    Hello Kitty sieht aus wie eine Katze, ihr Design ist aber so anpassungsfähig wie ein Chamäleon. Das Kätzchen wurde eben 50 Jahre alt. (Foto Archiv)
    Hello Kitty sieht aus wie eine Katze, ihr Design ist aber so anpassungsfähig wie ein Chamäleon. Das Kätzchen wurde eben 50 Jahre alt. (Foto Archiv) Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

    Das strotzende Zugehörigkeitsgefühl in einer Gruppe Studierender, die, eigentlich ja sicher sehr diversitätsengagiert, gekleidet sind wie uniformiert, alles in Schwarz, Kontrastweiß bloß an den Sneakern.

    Eine Freundin länge Zeit aus den Augen verloren – beim Wiedersehen hält ein Baby auf dem Arm. Dazu diese besondere Mischung aus Übermüdung und Glück.

    Die vergeblichen Kopfstände anlässlich des 50. Geburtstags zu erklären, woher der Erfolg von „Hello Kitty“ kommt und warum dem Ganzen gerade auch vermeintlich Erwachsene verfallen.

    Mal ernsthaft über die Folgen von „Social Media“ nachdenken - schön wär‘s

    Ein spazierendes Pärchen im erregten Gespräch. Er: Aber du hast doch letzte Woche gesagt, dass dich das gar nicht stört! Sie: Ja, letzte Woche – aber das ist doch alles ein … Prozess!

    Die umfassenden, tiefen Sorgen um die Wirtschaft in diesem Lande – und dann die Aussage eines gewissen Bernd Raffelhüschen, wissenschaftlicher Leiter des „Glücksatlas“, der die Lebenszufriedenheit der Menschen untersucht, gut sieben von zehn möglichen Punkten, Fazit: „Deutschland ist wieder auf Glückskurs.“ Dazu Rekordwerte des Dax, von Gold und Bitcoins. Ach ja, und gebrauchte Rolex gibt es jetzt schon ab 3000 Euro.

    Eine Frau in der Buchhandlung auf die Frage des Inhabers, ob ihr zu helfen sei: „Ja, ich suche was Schönes.“

    Beim Rentnerkaffee am Nebentisch nach einer längeren aufgeregten Debatte über die unhaltbaren Zustände von Stadt, Land und Welt nach kurzer Stille eine nachdenklich Stimme, die sagt: Acht, wisst’s ihr, eigentlich geht’s und schon ganz schön gut.

    Dass vielleicht ja tatsächlich ernsthaft über die Folgen von „Social Media“ für junge Menschen nachgedacht wird.

    Einen Menschen zu haben, dem man einfach so alles sagen kann? Gibt nichts Schöneres

    Wenn inmitten aller Unbilden des Alters aus einem Menschen ein Lächeln strahlt, das zu beweisen scheint: Die Seele altert nicht.

    Die Meldung, dass neue Messungen zeigen, dass das bisherige Bild der Wissenschaft vom Universum und seiner Ausdehnung wohl nicht stimmen kann – mit dem Hinweis ergänzt, dass in dem, was da Dunkle Energie und Dunkle Masse heißen, ohnehin noch 96 Prozent von allem unbekannt sind.

    Die drei Buben, die um zwei Bänke im Park fast schon eine Art Tanz aufführen – eigentlich spielen sie wohl einen Kampf Schlacht, aber ohne etwas in den Händen, greifen bloß ab und zu Richtung Boden, als könnten sie sich da etwas holen und formen und abfeuern, eine Schneeballschlacht ohne Schnee. Dann sinkt einer getroffen zu Boden, im Liegen dann platzend vor Lachen.

    Einen Menschen zu haben, dem man einfach so alles sagen kann, was einem durchs Herz flimmert und durch die Birne rauscht.

    Franz (M.) und Moritz Wagner (l) qualifizierten sich mit Orlando Magic für die NBA-Playoffs.
    Franz (M.) und Moritz Wagner (l) qualifizierten sich mit Orlando Magic für die NBA-Playoffs. Foto: John Raoux/AP, dpa

    Die tiefe Inbrunst und Beseeltheit, mit der Politiker gewisser Färbungen nun wieder von Leistung und Leistungsträgern sprechen.

    Da längst so viele ständig mit großen Kopfhörern aufgesetzt rumlaufen – jetzt die Rückkehr der Puschelohrenwärmer.

    Der Basketballspieler Mo(ritz) Wagner, der in einer Doku über sich und Bruder Franz („The Wagner Brothers“) fassungslos ist, weil er einen neuen Jahresvertrag für eine Gage von sieben bis acht Millionen Dollar angeboten bekommt: weil er zum einen weiß, dass das in der wirklichen Welt absurd viel Geld ist – und weil er zum anderen erklärt, dass das in der US-Profiliga NBA zugleich ein so geringer Lohn, dass er nur beschämt und geradezu entwürdigt mit gesenktem Kopf seinen Mannschaftskollegen gegenübertreten könnte.

    Zwei junge Frauen und ein junger Mann unterwegs. Sagt die eine: Ich kenne da ein paar Gamer, die sind todesschüchtern, aber endssüß. Er nickt dazu. Setzt die eine nach an die andere gewandt: Die müsstest du nur mal anchatten, die täten garantiert antworten. Er nickt dazu. Sagt die andere: Ich? Endskrass!

    Dass auch in der Tragik eines Trauerfalls die vielen schönen Erinnerungen wiederbelebt werden – und weiterleben.

    Die Verblüffung im Blick, wenn einer auf die Begrüßungsfrage „Na, alles gut?“ die Antwort erhält: „Wann war es das das letzte Mal?“

    Es wird Weihnachten – und damit kehrt das Licht zurück, werden die Tage wieder länger, Wintersonnenwende, auch für die Seelen.

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