Die Mutter Französin, der Vater Togolese und Adikous Identität mäandert irgendwo dazwischen. Wer ist sie, woher kommt sie und woher kommt ihre Familie? Eine Reise, zu der sich Adikou eines heißen Sommernachmittags in Paris entschließt, soll Klarheit bringen. Die junge Frau macht sich auf nach Lomé, Togos Hauptstadt. Doch warten im Westen Afrikas wirklich Antworten auf all die Fragen, die Adikou selbst nicht einmal klar artikulieren kann?
„Adikou“ ist der Debütroman der deutsch-französischen Autorin und Sozialwissenschaftlerin Raphaëlle Red. Sie veröffentlicht Texte auf Französisch, Deutsch und Englisch, „Adikou“ erschien im Frühjahr zuerst auf Französisch, jetzt ist auch die deutsche Übersetzung von Patricia Klobusiczky erhältlich. Als Road Novel bezeichnet Red ihr Buch. Zusätzlich zu der Reise nach Togo und die Nachbarländer Ghana und Benin geht es in Erinnerungen auch um einen Aufenthalt in den USA.
In „Adikou“ geht es auch um die Aufarbeitung der kolonialen Verbrechen
Neben ihrer nebulösen Herkunft ist es auch das Schwarzsein an sich, mit dem Adikou hadert – warum wird sie überhaupt als „schwarz“ betrachtet, wo doch genauso viel „weiß“ in ihr steckt? An jedem Ort, an dem sie sich aufhält, wird ihr „Schwarzsein“ doch ohnehin anders bewertet. Reds „Adikou“ ist eine Figur, die den Leser mitfühlen lässt in ihrer Zerrissenheit und ihrer Unsicherheit.
Genauso wie Adikou im Roman ist auch der Leser mit einigen offenen Fragen konfrontiert. Und wie im echten Leben gibt es nicht auf alles eine klare Antwort. Wer ist der ominöse Ich-Erzähler, der Adikou auf ihren Reisen begleitet und den andere offensichtlich nicht wahrnehmen? Warum ist Adikous Vater in ihrem Leben so wenig präsent? Wer war dieser Mann überhaupt?
Es ist bisweilen schwer, Reds Erzählung zu folgen. Wie in einem nicht abreißenden Gedankenstrom erzählt sie, manchmal mit unerwarteten Sprüngen, manchmal mit etwas schwer zu durchschauenden Metaphern. „Adikou“ ist einerseits die Suche nach der ganz persönlichen Identität einer zwischen zwei Welten hin- und hergerissenen jungen Frau – ein beinahe alltägliches Dilemma in unserer globalisierten Welt – aber auch eine Aufarbeitung der europäisch-afrikanisch-amerikanischen Geschichte und der kolonialen Verbrechen. Red, die sich auch wissenschaftlich mit der afrikanischen Diaspora befasste, schafft es, neue Perspektiven zu einem Thema zu finden, zu dem in den vergangenen Jahren doch einiges geschrieben wurde.
Raphaëlle Red: Adikou. Rowohlt, 224 Seiten, 24 Euro
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