Was macht heute eigentlich das König-Sein aus?

Foto: Chris Jackson/PA Wire, dpa
29.04.2023

Sieben Könige und Königinnen gibt es in Europa. Sie sollten nicht zu abgehoben wirken. Aber ein bisschen Glamour muss bleiben. Zwei Adelsexperten über den schwierigen Spagat.

Als Faruk I. im Juli 1952 Ägypten verließ, hinterließ er eine Prophezeiung: Am Ende des Jahrhunderts gäbe es nur noch fünf Könige, sagte Faruk: die vier des Kartenspiels und den in England. Er selbst hatte seinen Titel als König des Landes eben verloren, vermutlich schwang also eine Portion Eigentrost in diesen Worten mit. Im Exil versuchte sich Faruk in der Rolle des Playboys, Herzkönig zumindest, Autos liebte er auch, nach seinem frühen Tod verblasste die Erinnerung an ihn gnädig schnell. Aber seine Worte werden immer wieder mal gerne zitiert, wenn es um die Langlebigkeit von Monarchien geht. Irgendwie dann doch überraschend. Heute noch so viele Könige?

70 Jahre nach Faruks Verbannung ist es jedenfalls so: Sechs Könige und eine Königin gibt es derzeit in Europa, zwei Drittel davon anwesend am nächsten Samstag zur Krönung von König Charles III. und Königin Camilla. Dazu noch adelige Staatsoberhäupter aus Luxemburg, Liechtenstein und Monaco, Großherzöge, Fürsten, ferner Kronprinzessinnen und Kronprinzen. Und dann natürlich noch Harry. Harry wer? Scherz. 

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Foto: Hugo Burnand/Buckingham Palace/PA Media, dpa
Foto: Hugo Burnand/Buckingham Palace/PA Media, dpa

König Charles III. und seine Frau Camilla werden am 6. Mai gekrönt.

Großbritannien:
Auf dem Thron: Charles III. und Camilla (seit 2022)
Thronfolger: William, verheiratet mit Kate
Image: traditionell
Krisen: Ehekrisen, Ehescheidungen, Dauerkrisen mit den Zweitgeborenen. Margret, Andrew, Harry. In die schwerste Krise aber rutschte die Monarchie nach dem Tod von Diana.
Zustimmung: sinkend, vor allem bei der Jugend. Noch sind 58 Prozent der Briten der Ansicht, ein König sei besser als ein gewähltes Staatsoberhaupt, das sind jedoch 17 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren.

Über Harry wird man natürlich auch gleich mit Alexander von Schönburg sprechen. Und mit Stefanie Richter. Beide Königsexperten. Schönburg, Journalist, Autor, Mitglied der Chefredaktion Bild, wird einem unter anderem von einem heiteren Abendessen bei der Queen erzählen. Richter, Journalistin bei der Zeitschrift Gala, von einem heiteren im norwegischen Königshaus. Wobei, warum warten. Vornweg erst einmal Häppchen. 

Die Geschichte von Schönburg ist ein wenig länger, steht so in seinem eben bei Piper erschienenen neuen Buch „Was bleibt, was wird – Die Queen und ihr Erbe“ und geht so: Als angeheirateter Verwandter wurde er bei einem Abendessen in Windsor Castle neben der Queen platziert. Er habe Höllenqualen gelitten. Denn: Worüber redet man mit der Queen? Politik ausgeschlossen, Pferde wären gut, von denen aber versteht Schönburg nichts. Die Queen beschloss, ihn mit einem Trick aufzulockern. Öffnete also eine silberne Keksdose und beim Klang wackelten sofort ihre Corgis an, dann schloss sie sie wieder und die Hunde wackelten zurück. Es muss ein paar Mal so gegangen seien, irgendwann bekamen die Corgis ihre Kekse und Schönburg war so weit, dass er einen Scherz wagte … Die Geschichte von Stefanie Richter ist schneller erzählt: Bei einem festlichen Dinner im norwegischen Königshaus, bei dem auch Medienvertreterinnen eingeladen waren, verschwand der bärtige Kronprinz Haakon nach der Vorspeise. Stand also auf, verabschiedete sich kurz und kam nach einer halben Stunde zurück: glatt rasiert. „Er hat einfach so getan, als ob nichts wäre.“ Genau ihre Art Humor, sagt Stefanie Richter. Auf Instagram veröffentlichte das Königshaus später Vorher-Nachher-Bilder. Ach, heitere heutige Königswelt.

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Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix Foto/AP, dpa
Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix Foto/AP, dpa

Das norwegische Königspaar Harald V. und Sonja, bei der Krönung von Charles III. jedoch nicht dabei.

Norwegen
Auf dem Thron: Harald V. und Sonja (seit 1991)
Thronfolger: Haakon, verheiratet mit Mette-Marit
Image: locker, emotional
Krisen: Partnerwahl. Die Hochzeit von Haakon mit der damals alleinerziehenden Mutter Mette-Marit ist jedoch längst als Glücksfall abgebucht. So weit ist man bei seiner Schwester Märtha Louise noch nicht. Sie heiratet demnächst Durek Verrett, einen Schamane.
Zustimmung: hoch. Bei einer Umfrage anlässlich des 80. Geburtstags von König Harald V. vor sechs Jahren sprachen sich 81 Prozent für die Monarchie aus. Bemerkenswert auch dies: Auch die Jugend ist pro.

Nun aber zu Schönburg, Bestsellerautor mit Büchern über Adel und Gesellschaft wie „Die Kunst des stilvollen Verarmens“, „Smalltalk: Die Kunst des stilvollen Mitredens“ oder aber: „Was sie schon immer über Könige wissen wollten ... und sich nicht zu fragen trauten“. Und nun das neue: Was bleibt, was wird … Bei Schönburg ist man also an der richtigen Adresse, um eben genau danach zu fragen beziehungsweise banaler: Heute ein König – wie muss man sich das nun vorstellen? Tagesablauf zum Beispiel von King Charles. Wobei, den kennt im Detail natürlich auch Alexander von Schönburg nicht, aber ein paar genauere Einblicke hat er dann doch. Frühes Aufstehen, kein Lunch, arbeiten bis spät in die Nacht. „Vor ein Uhr geht er eigentlich nie ins Bett.“ Dazwischen: Korrespondenz, Aktenstudium, Termine, die Arbeit eines Staatsoberhauptes eben. „Aber er schafft es, sich immer wieder kleine Inseln zu schaffen, wo er in der Natur Kraft tankt, zum Beispiel bei einem kleinen Spaziergang, und wo er dann auch für kurze Zeit für niemanden zu erreichen ist.“ 

Für all jene, die sich schönen Illusionen übers Königsdasein hingeben, sagt Schönburg einen sehr ernüchternden Satz: „Es ist ein wirklich unfreies Leben, weil jede Sekunde des Tages durchgeplant ist, und zwar auf Monate.“ Was Schönburg übrigens auch sagt: An der irren Eierstory ist nichts dran. 

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Foto: Oivier Matthys/AP, dpa
Foto: Oivier Matthys/AP, dpa

Prinz Gabriel (r-l) von Belgien, Kronprinzessin Elisabeth von Belgien, König Philippe von Belgien, Königin Mathilde, Prinz Emmanuel von Belgien und Prinzessin Eleonore von Belgien.

Belgien

Auf dem Thron: Philippe und Mathilde (seit 2013)
Thronfolgerin: Elisabeth
Image: bodenständig
Krisen: unwürdiger Gerichtsstreit um die uneheliche Tochter von Vorgänger Albert II. Immer wieder Kritik an den Kosten.
Zustimmung: Stabil, vor allem bei den Frankophonen, weniger bei den Flamen.

Zurück zur Eierstory, die nicht so uninteressant ist, wie sie auf den ersten Blick klingt. Weil sie exemplarisch zeigt, wie offenbar jedes und sei es noch so nichtige Details aus dem Leben der englischen Royals sich zu einer Art Klatschsoufflé aufbläht, oder aber: wie aus Eiern Schmarren wird. Wobei, sie ist natürlich schön schräg und stand so in einem Buch. Angeblich bekommt der als schrullig bis exzentrisch geltende Charles jeden Morgen sieben unterschiedlich lang gekochte Frühstückseier serviert, die er dann alle köpft, um das für ihn perfekte Ei zu finden. „Albernes Gerücht“, sagt Schönburg. Eben erst dieser Tage dementierte auch noch einmal ein ehemaliger Butler die alte Kamelle. Der König möge Eier, aber nicht zum Frühstück. Und außerdem würde er jede Art von Verschwendung hassen. Er frühstückt übrigens gerne Müsli, dazu Früchte aus dem eigenen Garten.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, picture alliance
Foto: Bernd von Jutrczenka, picture alliance

König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia von Schweden im offiziellen Ornat.

Schweden
Auf dem Thron: König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia (seit 1973)
Thronfolgerin: Victoria, verheiratet mit Daniel
Image: volksnah
Krisen: Enthüllende Biografie, demnach der König nicht nur Ausflüge ins Rotlichtmilieu unternommen haben soll, sondern auch eine Beziehung zu einer Pop-Sängerin unterhielt.
Zustimmung: stabil. Laut einer Umfrage des Instituts „Novus“ wollen 71 Prozent der Bevölkerung die Monarchie behalten. Genauso viele aber würden es auch gern sehen, wenn Carl Gustaf den Thron an Victoria abgeben würde.

Wen aber interessiert das alles überhaupt? Wie viele Eier Charles morgens isst? Die Schuhe von Maxima? Der Bart von Haakon? Wer einmal im Internet nach Detailwissen über die europäischen Monarchien googelt, stößt auf die aberwitzigsten Fragen von wissbegierigen Nutzern: Dürfen Könige Alkohol trinken? Duscht Charles? Ist die Nase von Letizia echt? Das Enthüllungsbuch von Prinz Harry wurde 3,2 Millionen mal weltweit verkauft – innerhalb der ersten Woche – und gilt nun als das am schnellsten verkaufte Sachbuch aller Zeiten. Was auch bedeutet: Millionen Menschen glauben, jetzt also noch einmal ein bisschen mehr über das englische Königshaus zu wissen, zum Beispiel auch wirklich Nebensächliches wie: William schubst! 

Und die königslosen Deutschen? Interessiert das natürlich auch, lesen sogar gerne auch Erfundenes. „Blitzkrönung“ titelten gleich zwei Klatschblättchen dieser Tage. Wobei nicht die von Charles gemeint war, sondern die bald anstehende von William. Wie jetzt? Dazu hier vielleicht eine neue Umfrage von YOUGOV. Demnach will immerhin jeder dritte Deutsche für die Krönung zumindest mal den Fernseher anschalten. Überraschender aber dies: Fast ein Viertel der Befragten hätte demnach gern auch in Deutschland ein Königshaus, in anderen Umfragen fällt der Wert geringer aus. Vermutlich ist es aber tatsächlich auch so: Würde man die Deutschen zum Namen der First Lady des Landes befragen, es käme vermutlich ein schönes Namens-Potpourri heraus. Richtig nur Elke Büdenbender. Was die erste Dame von England betrifft, wäre die Trefferquote vermutlich höher.

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Foto: Sem Van Der Wal/ANP, dpa
Foto: Sem Van Der Wal/ANP, dpa

Maxima und Willem-Alexander, Königin und König der Niederlande, haben sich in der Corona-Krise falsch verhalten - sehr zum Ärger der Bevölkerung.

Niederlande
Auf dem Thron: Willem-Alexander und Máxima (seit 2013)
Thronfolgerin: Amalia
Image: sympathisch, glamourös, verschwenderisch
Krisen: falsches Urlaubsziel zur falschen Zeit, Griechenland 2020 während der Corona-Pandemie
Zustimmung: massiv gesunken, von 78 Prozent (2013) auf 55 Prozent (2023)

Wen das alles schon von Berufs wegen interessiert: Stefanie Richter, seit zwanzig Jahren Monarchie-Expertin der Zeitschrift Gala. „Ein dankbares Feld“, sagt Richter. „Da gibt es eine ganz andere Konstanz als beispielsweise bei den Hollywoodstars, weil man die Familien über lange Zeit begleitet, da kann man auch ganz anderes Wissen aufbauen.“ Das mache ja auch den Charme für die Leserinnen und Leser aus. Über Jahre entstehe eine Vertrautheit. „Wenn man noch die Bilder von Charles und Diana im Kopf hat, von William und Harry, die dem Sarg ihrer Mutter folgten, von der Hochzeit zwischen William und Kate, dann verfolgt man das weiter und will jetzt dann natürlich auch sehen, wie Charles gekrönt wird.“ Wobei Richter sich die Begeisterung der Deutschen fürs Royale unter anderem auch damit erklärt, dass ihnen das alles im Grunde ja auch fein egal sein kann. „Weil wir kein Königshaus haben, können wir das ja alles lesen und anschauen, ohne uns über irgendetwas persönlich aufregen zu müssen.“ 

Die Kosten zum Beispiel, ein immer wiederkehrender Kritikpunkt! Die Spanier gelten als relativ günstig, die Belgier und die Niederländer als relativ teuer. Stefanie Richter hat in den vergangenen Jahren bei allen aber einen Trend zur öffentlich demonstrierten Sparsamkeit ausgemacht – was sich in der Wahl des Transportmittels zeigt, immer mal wieder Zug, oder auch in der royalen Mode. Was früher als Fauxpas gegolten hätte, Kleider mehr als einmal öffentlich zu tragen, werde heute bei Kate, Mary oder Victoria begrüßt. „Da hat sich etwas geändert.“ Richter sieht die Monarchen da übrigens in einem gewissen Dilemma: „Einerseits sollen sie etwas Besonderes sein, damit sie eben ihre Berechtigung haben, andererseits dürfen sie nicht abgehoben wirken. Das ist eine schwierige Balance, zumal sich mit gesellschaftlichen Strömungen ja auch die Erwartungshaltung immer wieder ändert.“ 

Etwa zwanzig bis dreißig Prozent machen bei der Gala die aktuellen Geschichten über Adelshäuser aus. Stoff gäbe es weit mehr. „Aber wir achten darauf, dass wir das Heft damit nicht überfrachten, weil es natürlich auch Leserinnen gibt, die das gar nicht lesen wollen.“ Die anderen aber eben schon. Stefanie Richter, die sich täglich durch königliche Instagramkanäle und internationale Presse liest, einen vor der zwar gut informierten, aber doch tendenziösen Daily Mail warnt, hat übrigens wie auch Schönburg alle europäischen Monarchen schon einmal getroffen, war bei mehreren Hochzeiten und Taufen dabei. Im Gegensatz zu ihm aber hat sie die Netflix-Serie „The Crown“ nicht gesehen: „Extra nicht, das ist sicher eine sehr gut gemachte Serie, aber ich möchte in meinem Kopf so wenig Fiktionen wie möglich haben, das beeinflusst einen dann doch.“ Walter Bagehot hätte die Serie übrigens gehasst! Wie auch alle Instagramkanäle, Prinzen-Memoirs und Netflix-Dokus. 

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Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AP, dpa
Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AP, dpa

Königin Margrethe II. von Dänemark (M) ist die dienstälteste Monarchin Europas, hier mit Familienmitgliedern auf dem Jubelbalkon.

Dänemark
Auf dem Thron: Margrethe II. (seit 1972)
Thronfolger: Frederik, verheiratet mit Mary
Image: modern, volksnah
Krisen: immer mal Familienärger, unter anderem wegen Titelentzug. Rauchen in der Öffentlichkeit (seit 2007 nicht mehr).
Zustimmung: hoch. Vier von fünf Dänen stehen hinter der Königin.

Zurück zu Bagehot, britischer Verfassungstheoretiker im 19. Jahrhundert, von dem einige Zitate über die englische Monarchie ebenfalls eine ungeheure Langlebigkeit beweisen. Das Mysterium mache den Kern der Monarchie aus. Weshalb man auch kein Tageslicht darauf fallen lassen dürfe! „We must not let in daylight upon magic.“ Stattdessen heute: Monarchie im Scheinwerferlicht! Alexander von Schönburg sagt: „Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie im Film ,The Truman Show’, in dem ein Mann plötzlich entdeckt, dass er Teil einer Realityshow ist, von morgens bis abends alle seine Schritte von Kameras live übertragen werden. Im englischen Königshaus ist es im Grunde genau so. Nur wissen alle darum und rebellieren nicht dagegen, sondern finden sich mit damit ab – mit Ausnahme von Harry.“ 

Die „Truman Show“ wurde 1998 gedreht, als Realityshows als Schmuddelfernsehware noch empören konnten. 25 Jahre später hat es ein Mitglied der englischen Königsfamilie selbst hineingeschafft, plauderte Mike Tindall, Ehemann der Queen-Enkelin Zara, in der englischen Version des Dschungelcamps 2022 über eine platzende Hose beim Tanz mit seiner Schwiegermutter Prinzessin Anne. 

Alles ein Dilemma, in dem auch Harry steckt, royaler Zauberlehrling, der die Geister der Öffentlichkeit versucht unter Kontrolle zu bringen. Mit noch mehr Öffentlichkeit: Interviews, Netflix-Doku, Buch. Früher seien Mitglieder der königlichen Familie wie Götter behandelt worden, jetzt wie Insekten, denen man zum Spaß die Flügel ausreißt, schreibt er in seinem Memoir, zerlegt aber ja selbst das Familienleben in seine Bestandteile. Stefanie Richter sagt übrigens, das war auch ihr zu viel. „Man ist natürlich neugierig. Aber dieses Ausplaudern von internen Familienangelegenheiten hat mich unangenehm berührt.“ Bei den Briten löste das Lektüreerlebnis offenbar Ähnliches aus. Auf der Beliebtheitsskala ist Harry nach unten abgestürzt. 

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Foto: Emilio Fraile/EUROPA PRESS, dpa
Foto: Emilio Fraile/EUROPA PRESS, dpa

Königin Letizia von Spanien und Felipe VI. müssen das Ansehen der Monarchie erst wieder polieren.

Spanien
Auf dem Thron: Felipe VI. und Letizia (seit 2014)
Thronfolgerin: Leonor
Image: bescheiden
Krisen: zahlreiche: Steuerbetrug, Geldwäsche, Korruption, Elefantenjagd, Affären. Die meisten produziert von Skandalkönig Juan Carlos I. Felipes Schwager wurde wegen Veruntreuung von Steuergeldern, Betrug etc. zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Zustimmung: steigend (zuletzt über 50 Prozent), zumindest im Vergleich zu den katastrophalen Umfragewerten bei der Abdankung von Juan Carlos I. Bei den Jungen aber hat die Monarchie einen schweren Stand.

Was bleibt, was wird? In fünfzig Jahren, in hundert? Wer sich durch sämtliche Staffeln von „The Crown“ schaut, erlebt da zwar die fiktive Queen Elizabeth in unterschiedlichen Rollen, als demütige erste Dienerin, als etwas kaltherziges Familienoberhaupt, als taktisch gewiefte Botschafterin fürs Land, gewinnt aber vor allem den Eindruck: Der wichtigste Job eines Monarchen scheint zu sein, die plappernde, unglückliche, revoltierende, sich verliebende Verwandtschaft in Schach zu halten – und Monarch zu bleiben. Wofür es heute vor allem eines braucht, sagt Alexander von Schönburg: Liebe. „Eine Monarchie, die den Kontakt zur Bevölkerung verliert und nicht mehr geliebt wird, ist in ihrem Fundament bedroht.“ 

Aber mit der Liebe ist es ja so, sie hat einen Hang zur Wankelmütigkeit. Den selbst die Queen zu spüren bekam, als die englische Monarchie nach dem Tod Dianas in ihre größte Krise der letzten fünfzig Jahre schlitterte. Oder aber das niederländische Königspaar, das während der Pandemie ins Ferienhaus nach Griechenland reiste, schnell dann ins eisige Heimatland zurückflog und sich entschuldigte. 

Auch der Zeitgeist macht die Sache mit der Liebe gerade schwer. „Wir leben in einer Zeit, in der Ehrfurcht nicht mehr hochgehalten wird, in der das Konzept von Autorität und Hierarchie schlechthin infrage gestellt wird“, glaubt Schönburg: „Das bedeutet, im Grunde stehe die Monarchie für Konzepte, die in der modernen Welt in die Defensive geraten sind – und stellt in unserem egalitären Zeitalter eine Provokation dar.“ Was Schönburg aber wiederum auch als Chance sieht: „Wenn man immer nur dem Zeitgeist hinterherläuft, verliert man das Bewusstsein dafür, dass es auch so etwas wie unabänderliche Wahrheiten und Sitten gibt. Das gehört auch zu einer Kultur dazu.“ Die Monarchie als Werte-Bollwerk gegen die Hypermoderne. 

Aber zurück zur Frage: Wie wird man als Monarch auch in Zukunft geliebt? Schwierig. Schönburg antwortet auf die Frage, was Charles liebenswert mache, übrigens so: „Ich bin ihm ein paar Mal begegnet und muss sagen, er ist ein Mensch, bei dem es fast unmöglich ist, ihn nicht zu mögen.“ Unglaublich zugewandt, freundlich, ein guter Zuhörer. Er traut ihm jedenfalls einiges zu – wenn er denn seine Rolle etwas anders ausfüllt als seine Mutter. „Charles könnte der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt sein. Dann wenn er das Amt anders interpretiert, nicht stumm wie eine Statue über allem thront, sondern seine Stimme erhebt.“ Was Schönburg erwartet: Auf dem Thron sitzt nun schließlich auch ein Umweltaktivist. 

Das aber könnte wiederum mit akutem Liebesentzug bestraft werden. Schon jetzt verliere der König mit seinen progressiven Tendenzen bei seiner angestammten Fan-Basis Halt. Krönung entschlacken, althergebrachte Sitten streichen, Multikulti, mit so etwas macht man sich bei den Konservativen keine Freunde. Die linksliberalen, urbanen Schichten dagegen würden das zwar wohlwollend sehen, „aber die wären erst ganz zufrieden, wenn das Land zur Republik würde und der Buckingham Palast ein frei begehbares Begegnungszentrum“, sagt Schönburg. 

Die Zukunft also, welches Land hat morgen noch einen König oder eine Königin? Stefanie Richter glaubt, am aktuellen Stand wird sich auch in 50 Jahren in Europa zumindest wenig geändert haben. Vielleicht sei Spanien dann Republik. „Das hängt ja auch immer ein bisschen mit der Stabilität des Landes insgesamt zusammen. Juan Carlos ist nur deshalb zum Abdanken gezwungen worden, weil, als all die Skandale aufgedeckt wurden, das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise steckte. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre das, glaube ich, gar nicht weiter aufgefallen.“ Schönburg sieht es ähnlich: Am wackeligsten ist der Bourbonen-Thron. 

Felipe VI. und Letizia werden am 6. Mai ebenfalls dabei sein, ganz vorne in der Westminster Abbey. Harry dagegen muss angeblich zehn Reihen hinter seiner royalen Verwandtschaft Platz nehmen, hat ein ehemaliger Butler ausgeplaudert und gemutmaßt: Dem Prinz sei das vielleicht sogar ganz recht. Er könne dann auch einen schnellen Abgang machen, nach Hause zu Meghan – ach, dieser Herzbube! 

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