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Zwischenruf einer Mutter: Die Landesregierung nimmt eine Durchseuchung der Kinder in Kauf

Zwischenruf einer Mutter

Die Landesregierung nimmt eine Durchseuchung der Kinder in Kauf

Lea Thies
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    Und wieder Maske auf nach den Herbstferien. Die Staatsregierung will damit verhindern, dass sich mehr Kinder anstecken. Dabei nimmt sie durch massive Fehler im bisherigen Corona-Regelwerk eine Durchseuchung von Kindern in Kauf und macht zudem Familien das Leben unnötig schwer.
    Und wieder Maske auf nach den Herbstferien. Die Staatsregierung will damit verhindern, dass sich mehr Kinder anstecken. Dabei nimmt sie durch massive Fehler im bisherigen Corona-Regelwerk eine Durchseuchung von Kindern in Kauf und macht zudem Familien das Leben unnötig schwer. Foto: Benedikt Siegert (Symbol)

    Jetzt also wieder Masken im Unterricht. Angesichts der hohen Inzidenzen unter den Schulkindern ist das für Markus Söder die einfachste Maßnahme, um die Notbremse zu ziehen. Sie ist jetzt richtig und wichtig. Allerdings wäre sie nicht nötig gewesen, wenn die Landesregierung einfach früher agiert und auf die Fachleute gehört hätte, die seit dem Sommer schon vor dem warnen, was nun eingetreten ist: die Pandemie der Ungeimpften.

    Dass die Inzidenzen bei den Schulkindern so hoch sind, zeigt, dass die vielen Tests in dieser Altersgruppe funktionieren und wenigstens in dieser Kohorte Infizierte entdeckt werden. Testen bringt als Pandemiebremse jedoch nur etwas, wenn auch die Rückverfolgung funktioniert. Tut sie aber nicht – die Behörden kommen mit dem Telefonieren nicht mehr nach. Obwohl die Inzidenzen stiegen, verkündete die Landesregierung sogar jüngst, auf digitale Rückverfolgungshilfsmittel wie die Luca-App etwa bei Restaurantbesuchen zu verzichten. Ist das logisch?

    Am Arbeitsplatz der Eltern gibt es keine vergleichbaren Maßnahmen

    Die Schulkinder müssen jetzt also wieder mal die Suppe auslöffeln, die ihnen die Erwachsenen, auch die in der Bayerischen Staatsregierung, eingebrockt haben. Das Söder-Kabinett tut sich leicht damit, Kindern die Maske im Unterricht zu verordnen – bei den Erwachsenen jedoch traut sich die Landesregierung keine vergleichbaren Maßnahmen. Für Erwachsene gilt bisher keine Maskenpflicht im Großraumbüro oder am Fließband – und 3G am Arbeitsplatz nur in Hotspots. Logisch?

    Im Gegensatz zu den Eltern und anderen Erwachsenen in ihrem Umfeld haben Kinder unter zwölf Jahren jedoch keine Wahl, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. Damit sie sich nicht infizieren, sind sie darauf angewiesen, dass die Erwachsenen auf sie aufpassen. Aber die Erwachsenen in der Regierung haben sie in der Vergangenheit mehrfach im Stich gelassen.

    Es fehlt ein verlässliches Quarantäne-Konzept

    Besonders frustrierend ist die Lage in den Kitas. Sozialministerin Carolina Trautner hat wiederholt verkündet, dass die Kitas offen bleiben sollen. Das ist der richtige Ansatz, doch leider tut die Landesregierung nur wenig dafür, dass die Umsetzung auch garantiert ist. Es gibt nach wie vor keinen für Eltern verlässlichen Quarantäne-Plan. Dabei müsste der Freistaat nicht einmal ein Prozedere neu erfinden: Er müsste einfach nur bei der Stadt Köln abschauen.

    Dort gibt es längst einen klaren, vom Uniklinikum Köln geprüften Weg für die Kitas: Bei einem positiven Fall dürfen „negativ“ getestete Kinder sofort in die Gruppe zurück und müssen sich dann, um die Kita weiter besuchen zu dürfen, eine Woche lang alle zwei Tage PCR-testen lassen. In Bayern ist es hingegen so: Jedes Gesundheitsamt muss vor Ort entscheiden, wie es bei einem positiven Fall vorgeht und schwammige Richtlinien aus München auslegt. Anstatt Testergebnisse einzufordern und für Klarheit zu sorgen, wird dann mitunter abgefragt, mit welchem Kind das infizierte gespielt hat – die Spielkameraden müssen in Quarantäne, ob infiziert oder nicht. Logisch?

    Kommunen verzweifeln schier an der Bürokratie

    Angesichts solcher Regeln fragt man sich als Eltern, ob in den Ministerien eigentlich nach fast zwei Jahren Pandemie angekommen ist, dass sich das Virus über Aerosole verbreitet. Oder dass auch geimpftes Personal das Virus weiter übertragen kann? Wie kann es aber sein, dass bisher geimpfte Erzieherinnen oder Lehrkräfte nach einem positiven Fall in der Lernkohorte keinen negativen PCR-Test vorweisen mussten, um wieder arbeiten zu dürfen? Und wie hält man eigentlich eine Kita offen, wenn eine Corona-Infektion nicht rechtzeitig bemerkt wurde und das Personal in Quarantäne ist?

    Weil damit Infektionen früher erkannt und Infektionsketten unterbrochen werden können, wären Pool-Tests ein Segen für viele Kitas, eine Chance für mehr Normalität für die Kleinsten in der Gesellschaft – darauf verweist auch das RKI, seit Monaten. Der Freistaat hat sich zwar jüngst bereit erklärt, die Pools zu zahlen – aber nur an die Kommunen und nach einer europaweiten Ausschreibung. Manche Stadt, manch Landkreis verzweifeln nun schier an der Bürokratie. Warum so kompliziert? Es geht wertvolle Zeit mit Warten verloren, in der längst tausende Kinder getestet werden könnten. Die Stadt München sieht wegen des Bürokratieaufwands sogar ganz von Pool-Tests in Kitas ab. Besorgte Eltern, die den Ernst der Lage angesichts der steigenden Inzidenzen längst erkannt haben, organisieren nun auf eigene Faust und Rechnung Testmöglichkeiten.

    Maskenfrei ins Bordell, aber nicht in die Kita

    Wenn sie dann testen und dazu beitragen, dem Virus auf die Spur zu kommen, haben sie bisher - mal abgesehen vom Wissen über eine mögliche Infektion - nicht einmal einen Vorteil den Nicht-Testern gegenüber. In Bayern war es nämlich bislang so: Wer einen PCR-Test gemacht hat, durfte ohne Maske einen Club oder ein Bordell besuchen – in einer Kitagruppe, in der sich alle Kinder und auch das geimpfte Personal (sogar das geimpfte) regelmäßig PCR-testen lassen, ist eine Maskenbefreiung nicht möglich, obwohl sie elementar für die Sprachentwicklung der Kleinen wäre. Unlogisch!

    Ein Lehrkraft-Stäbchen mehr sprengt keinen Klassen-Pool

    Offensichtlich hat das Gesundheitsministerium auch das Prinzip von PCR-Tests und die damit verbundenen Möglichkeiten noch nicht verstanden, anders sind solch absurde Regeln nämlich nicht zu erklären. Auch nicht, dass Lehrkräfte von den Pool-Tests ausgeschlossen sind. Ein Stäbchen mehr sprengt keinen Klassenpool, es würde vielmehr für mehr Sicherheit im Klassenzimmer und Freiheit von Kindern sorgen. Durch unlogische, unzureichende Test-Regeln und eine langsame Bürokratie macht die Landesregierung das Leben zigtausender Kinder und Familien unnötig schwerer und nimmt eine Durchseuchung der Kinder in Kauf.

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