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Interview: Johnny Depp im Interview: "Ich hasse die Idee der Oscars"

Interview

Johnny Depp im Interview: "Ich hasse die Idee der Oscars"

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    Johnny Depp beim Filmfest in Zürich, wo er den Film "Shane" vorstellte, den er produziert hat.
    Johnny Depp beim Filmfest in Zürich, wo er den Film "Shane" vorstellte, den er produziert hat. Foto: Alexandra Wey, dpa

    Herr Depp, was fasziniert Sie so an Shane McGowan, dass Sie gleich eine Dokumentation über ihn produziert haben?

    Johnny Depp: Wenn Shane Musik macht, ist das für mich ein Ausdruck allerhöchster Energie – das ist Verrücktheit mit vielen Umdrehungen, Wahnsinn mit hoher Oktanzahl. Man hat bei jedem Konzert das Gefühl, es vielleicht nicht mehr lebend zu verlassen. Was ich besonders schätze, ist, dass „The Pogues“ eine geradezu grotesk große Popularität erlangt hatten, aber ihre Musik nie zu Mainstream verkam.

    Nichts kümmert McGowan weniger als die Erwartungen oder Vorurteile der Leute. Wie sehr hat Shane Sie als Freigeist und Lebens-Künstler inspiriert?

    Depp: Mir fällt nur eine Handvoll Schriftsteller, Songschreiber oder Sänger ein, die in dem, was sie tun, absolut perfekt sind: Bob Dylan, Tom Waits, Nick Cave. Shane gehört auch in diesen Pantheon, er ist für mich ein Musik-Gigant. Er selbst gibt immer nur ungern zu, dass er einer von ihnen ist. Aber für mich war er immer eine Inspiration.

    Sie sind selbst begeisterter Musiker. Was drücken Sie mit der Schauspielerei aus, was mit Musik?

    Depp: Musik war für mich immer eine Inspiration für meine Arbeit als Schauspieler. Als ich mit der Schauspielerei anfing, musste ich mir ja erst mal darüber klar werden, was es bedeutet, zu spielen. Du fängst an, Dinge wiederzuverwenden, die du siehst, die ihren Weg in dein Leben gefunden haben, und du wendest sie auf die Welt an. Musik ist der direkteste Weg zu deinen kreativen Quellen und zu deinen Gefühlen. Wenn du dir ein Lied aus deiner Kindheit anhörst, wird es dir direkt deine Erinnerung zurückbringen. Die Musik verwende ich bis heute in meiner täglichen Arbeit als Schauspieler. Umgekehrt aber nicht, ich verwende keine Schauspielerei, wenn ich Musik mache!

    Sie sagten mal, dass die Musik Ihre erste Liebe sei. Mit Ihrer Band „Hollywood Vampires“ gehen Sie auch auf Tournee. Wie empfinden Sie diese beiden Arten von Performances?

    Depp: Wenn man Musik macht, gibt es sofort einen unmittelbaren Austausch mit dem Publikum. Bei einem Film kommt die Reaktion des Publikums erst ein Jahr später, wenn der Film fertig ist und in die Kinos kommt. An diesem Punkt hast du das Projekt längst hinter dir. Was mir bleibt, ist die Erinnerung und die Erfahrung, diese Rolle gespielt zu haben. Das ist mir genug. Ich möchte meine Filme lieber nicht sehen, das ist mir unangenehm, ich mag mich nicht selbst anschauen.

    Ihre Paraderolle ist Captain Jack Sparrow aus dem Leinwandknüller „Fluch der Karibik“. Das Studio war irritiert, ob Sie beim Spielen betrunken waren oder die Figur etwas überzeichnen. Lieben Sie das Risiko, eventuell zu weit zu gehen?

    Depp: Ich fühle mich geradezu verpflichtet, nach einer Spielart zu suchen, bei der ich auch voll auf die Nase fallen könnte. Ich schulde den Zuschauern doch immer etwas Neues. Und ich hasse es zu langweilen! Wenn ich also nicht das versuche, was möglicherweise katastrophal sein könnte, ans Limit gehe oder darüber, habe ich nicht das Gefühl, dass ich ordentlich gearbeitet habe. Dann bevorzuge ich eher, dass die Studios bibbern. (lacht)

    Hätten Sie je erwartet, dass Jack Sparrow eine echte Kultfigur wird, ein Phänomen der Popkultur?

    Depp: Als ich Jack Sparrow erfand, war meine Tochter Lily Rose drei Jahre alt. Ich hatte also drei Jahre lang nichts anderes gesehen außer Trickfilme. Ich fragte mich, warum Zeichentrickfiguren mit Dingen durchkommen, die wir in unserem Alltag nicht bringen könnten. Das wurde dann mein Ansatz: Er kann sagen, was er will, und die Leute sagen: „Richtig!“ Ich habe die ultimative Respektlosigkeit gesucht. Und sie gefunden.

    Das Publikum liebt Sie nicht nur als Schauspieler, sondern als Mensch. Wie reagieren Sie, wenn Fans z. B. Ihren Rat hören wollen, um Ihre Einschätzung bitten?

    Depp: Solche Leute nehme ich sehr ernst. Sie sind der Grund, warum ich auftrete. Wenn ich um Rat gefragt werde, rührt mich das. Mich rühren alle Menschen, die für etwas brennen und voller Leidenschaft für ihre Sache sind, z. B. für ihr eigenes Filmprojekt. Seien wir ehrlich: 97 Prozent aller Filme, die gedreht werden, müssten gar nicht sein.

    97 Prozent gleich? Was bedeutet das für Ihre eigenen Projekte?

    Depp: Ich gebe mir Mühe, nur Filme auszuwählen, die mir wirklich etwas bedeuten. Denn ich habe keinen Funken Ambition in mir, zum Glück… Was ich aber habe, ist Hunger, Lust auf eine Sache, das Bedürfnis, etwas Besonderes zum Ausdruck zu bringen.

    Sie gehören zu Hollywoods bestbezahlten Schauspielern, drehen seit 35 Jahren und Ihrem Durchbruch in „21 Jump Street“, besitzen eine eigene Insel. Warum setzen Sie sich nicht einfach zur Ruhe?

    Depp: Ich glaube, ich bin noch nicht fertig. Ich hatte das große Vergnügen, Marlon Brando zu kennen und zu bewundern. Er war ein großartiger Mentor, Lehrer und Freund, Bruder, Vater … – einfach alles für mich. Er fragte mich mal, wie viele Filme ich pro Jahr drehe, so ungefähr. Ich sagte, vielleicht zwei, drei pro Jahr. Und er sagte: „Das ist zu viel, John. Wir haben nur eine bestimmte Anzahl von Gesichtern in unseren Taschen.“ Ich habe das Gefühl, dass mir die Gesichter noch nicht ausgegangen sind.

    Was treibt Sie an?

    Depp: Ich habe noch immer die Leidenschaft, Menschen zu beobachten, bin noch immer fasziniert von menschlichen Verhaltensweisen, von Ticks und seltsamen Dingen, die Menschen tun. Das ist der Stoff, der mich antreibt. Und die Tatsache, dass ich in meinem Leben so viel verrücktes Zeug in meinem Erfahrungsrucksack angehäuft habe. Ich habe einige wirklich verrückte Sachen gemacht! Zum Glück! (lacht) Ich bin auch noch immer auf der Suche, nach dem Weg, nach der Reise, zum Ergebnis. Ich nehme jeden Tag, wie er kommt, und mache weiter. Was auch immer mir vorgesetzt wird, ich erkenne es an und gehe vorwärts. Ich bleibe dabei immer in meiner eigenen Spur, denn ich habe keinen Funken Konkurrenzdenken in mir. Es wäre einfacher, wenn jeder in seiner eigenen Spur bliebe. Alles andere verursacht Unfälle und Chaos.

    Träumen Sie nach drei Nominierungen davon, einmal den Oscar zu gewinnen?

    Depp: Ich hasse die ganze Idee dieses Wettbewerbs, dass ein Haufen Schauspieler gegeneinander antritt. Es gibt doch auch keinen Preis für den besten Bediener des Kamerawagens, den besten Friseur oder besten Klempner. Ich glaube einfach nicht an den Gedanken des Besten. Da bleibe ich lieber zu Hause und male, statt zu diesen Veranstaltungen zu gehen.

    Zur Person: John Christopher Depp (*9. Juni 1963) stammt aus Kentucky und wuchs als jüngstes von vier Kindern auf, die Mutter Kellnerin, der Vater Ingenieur. Und war schon mit 13 Musiker. Und Problemfall: Drogen, Schulabbruch … Durch Nicolas Cage landete er bei Film und Fernsehen. Sein Durchbruch war die Serie „21 Jump Street“ 1987. Berühmte Filme: „Gilbert Grape“ und „Chocolat“, „Sleepy Hollow“ und „Edward mit dem Scherenhänden“, „Dead Man“ und die „Fluch der Karibik“-Reihe … Promi-Beziehungen: viele. Tiefpunkt: ein Schuldspruch wegen häuslicher Gewalt. Er ist Vater zweier Kinder.

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