Um die von den Bundesländern angestoßene Idee einer Fusion der Kulturkanäle 3sat und Arte ist eine Debatte entbrannt. In einem Entwurf für eine Rundfunkreform von ARD, ZDF und Deutschlandradio präsentierten die Länder kürzlich Einsparmöglichkeiten. Eine Fusion der Kultursender Arte und 3sat wird dort in Betracht gezogen.
Von Bülent Ceylan bis Anne-Sophie Mutter: Künstler teilen Petition
Unter Kulturschaffenden hat sich die Nachricht zu Beginn langsam verbreitet, mittlerweile hat sich Protest formiert, auch wegen einer Petition mit Titel: „Rettet 3sat – unser Kultursender darf nicht verschwinden!“ von der Berliner Journalistin Katja Riha. Mehr als 125.000 Menschen hatten bis Freitagmittag online die Petition zum Erhalt des Senders unterzeichnet. Zu den Erstunterzeichnerinnen und Unterzeichnern gehören die Schauspielerin Iris Berben, der Comedian Bülent Ceylan, der Politiker Gerhart Baum, die Schriftstellerin Sibylle Berg, der Kabarettist Josef Hader und die Band „Die Toten Hosen“. Riha berichtet, dass vor wenigen Tagen auch Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter das Anliegen geteilt habe. „Das war eine Adelung“, sagt Riha.
Der Sender 3sat ist im deutschsprachigen Raum die Adresse für Kultur und Kunst im Fernsehen. „Es ist der einzige Sender, der Theater spielt“, sagt Riha. Ihrer Meinung nach ist der Kulturkanal zudem der einzige Sender, der seinen Auftrag ernst nimmt. Hier werde neben Kultur auch Wissenschaft in den Blick genommen. Sollte 3sat verschwinden oder am Programm drastisch gespart werden, werde noch viel mehr platt gemacht, ärgert sich Riha und sagt, dass in Sendungen wie dem Magazin Kulturzeit beispielsweise auch mal ausführlich über die Buchmessen oder über Kulturpolitik berichtet werde. „Das sind Themen, die man sonst nirgendwo unterkriegt“, weiß die Journalistin. Sie dreht mit ihrer Produktionsfirma unter anderem für 3sat.
Programm von 3sat kommt aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
Ob der Sender vor dem Aus steht, ist noch unklar. In dem Diskussionsentwurf heißt es: In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen die Inhalte von 3sat „teilweise oder vollständig“ in das Arte-Programm und dessen Digitalangebote „überführt werden“. Eine Verpflichtung bestehe nicht, heißt es in den Anmerkungen der Länder zur Reform. Wie diese Fusion aussehen könnte, wird nicht weiter beschrieben.
Der Sender 3sat wird in diesem Jahr 40 Jahre alt. Der Name des Senders ergibt sich daraus, dass drei Länder am Programm beteiligt sind: Deutschland, Österreich und die Schweiz. Von ZDF und ARD kommen nach 3sat-Angaben jeweils 32,5 Prozent des Programms, vom ORF 25 Prozent und von der Schweizer SRG mit dem Sender SRF zehn Prozent der Sendungen. Sitz von 3sat ist in Mainz beim ZDF. Im Programm des Kulturkanals laufen Sendungen, die aus den drei Ländern übernommen werden, und Eigenproduktionen wie Kulturzeit oder das Wissenschaftsmagazin Nano. Durch die Kooperation mit dem ORF und dem SRF können deutsche Zuschauerinnen und Zuschauer dort auch Sendungen und Nachrichten der Nachbarländer sehen.
Emmanuel Macron will Arte zur europäischen Plattform ausbauen
Arte ist hingegen ein deutsch-französischer Sender. Der Sender strebt bereits länger eine breitere Öffentlichkeit in Europa an. Im Mai kündigte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron einen Ausbau an. „Frankreich und Deutschland wollen Arte zur Plattform aller Europäer machen“, erklärte Macron. Wie diese europäische Plattform aussehen könnte, ist nicht bekannt.
Unklar ist zudem, wie viel Geld sich durch die Fusion von Arte und 3sat einsparen lässt. Laut einer Analyse des NDR flossen im Berechnungszeitraum 2020/2021 vom monatlichen Rundfunkbeitrag, den 18,36 Euro pro Haushalt, 2 Cent zu 3sat. Nach einem Sondergutachten der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) kostet das Programm von 3sat im Jahr 2024 rund 86,3 Millionen Euro. Der Aufwand für die Partner- und Spartenprogramme sei im Verhältnis zum Gesamtaufwand vergleichsweise gering, teilte die KEF mit.
3sat-Chefin Natalie Müller-Elmau sagte vor Tagen dem Deutschlandfunk, die Pläne der Länder hätten sie überrascht. Ihr fehle noch die Fantasie, wie das funktionieren solle. Sowohl Arte als auch 3sat haben demnach ausreichend Programm für 24 Stunden.
Reformpläne auch für Tagesschau24 und den Hörfunk
„Dass es Reformen geben muss, ist zweifellos“, findet Katja Riha. Aber dass bei der Bildung als Erstes gespart werde, ärgert sie. Der ständige Blick auf die Einschaltquote und das Vergleichen mit den Privatsendern führe dazu, dass der Bildungsauftrag teils in den Hintergrund rutsche, so die Journalistin.
In etwa zehn Tagen beraten die Länderchefs bei der Ministerpräsidentenkonferenz über den Entwurf. In Kraft treten kann eine Reform erst, wenn alle 16 Landesparlamente zugestimmt haben. Bis zum vergangenen Freitag konnten Bürgerinnen und Bürger zudem online eine Stellungnahme zu dem Entwurf einreichen. Laut der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, die die Plattform zur Onlinebeteiligung koordiniert, gingen mehr als 10.000 Stellungnahmen zu den Plänen ein.
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