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Filmkritik zum Berlinale-sieger „Dahoamy“

Kinostrat

Filmkritik zu Berlinale-Gewinner "Dahomey": Die Rückkehr des Königs Ghezo

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    Der Dokumentarfilm «Dahomey» zeigt die Rückgabe von aus Afrika geraubten Kunstschätzen werden.
    Der Dokumentarfilm «Dahomey» zeigt die Rückgabe von aus Afrika geraubten Kunstschätzen werden. Foto: -/Les Films du Bal – Fanta Sy, dpa

    Langsam, Zentimeter für Zentimeter wird die 220 Kilogramm schwere Holzstatue mit einem Hebekran in die Holzkiste herabgelassen. Der Arm mit der geballten Faust, welche die Figur des Königs Ghezo stolz in die Höhe streckt, wird auf Schaumstoff gelagert. Ein Holzsplitter am Bein mit einem Verband befestigt. Das museale Prozedere gleicht einer Beerdigungszeremonie. Dabei handelt es sich bei der Reise, die das Exponat Nr.26 antritt, um einen Akt der Befreiung nach 130-jähriger Gefangenschaft. Im November 2021 wurden 26 Kulturgüter, die 1892 von den französischen Kolonialtruppen im damaligen Königreich Dahomey geraubt wurden, aus dem Pariser Musée Quai Branly zurück an ihren Herkunftsort gebracht, der heutigen Republik Benin. Die französisch-senegalesische Filmemacherin Mati Diop („Atlantics“) begleitet und reflektiert in ihrer Dokumentation „Dahomey“, die bei der diesjährigen Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, den Prozess dieser Restitution. Als die Artefakte in Cotonou mit einer Wagenkolonne durch die Stadt transportiert werden, herrscht eine Stimmung wie bei einem Staatsbesuch.

    Die Rückkehr des königlichen Schatzes wird zu einem bewegenden Ereignis

    „Historique!“ titelt die örtliche Presse und am Straßenrand jubeln und feiern die Menschen. Im Präsidentenpalast, wo ein eigener Ausstellungsraum gebaut wurde, wird der Transport mit Salut-Schüssen begrüßt. Die Rückkehr des königlichen Schatzes wird im Land zu einem bewegenden Ereignis. Das Königreich Dahomey, aus dem die Kunstwerke stammen, gehörte seit dem 17. Jahrhundert bis zu seiner Unterwerfung durch die französischen Truppen im Jahr 1894 zu den am höchsten entwickelten Kulturen des Kontinents. Eine kriegerische Expansionspolitik, Palmöl-Plantagen und Sklavenhandel sicherten den Wohlstand. Legendär war das Amazonenheer, dem Hollywood mit „The Woman King“ (2022) ein filmisches Denkmal setzte.

    Regisseurin Mati Diop erhielt auf der Berlinale 2024 den Goldenen Bären in der Kategorie Bester Film für "Dahomey".
    Regisseurin Mati Diop erhielt auf der Berlinale 2024 den Goldenen Bären in der Kategorie Bester Film für "Dahomey". Foto: Britta Pedersen, dpa

    In ihrer Dokumentation verfolgt Mati Diop zunächst einen visuell-meditativen Ansatz. In ruhigen, unkommentierten Aufnahmen wird das Transport- und Ausstellungsprozedere gezeigt und in die Gesichter der Menschen geblickt, die sich gerührt, erstaunt, fasziniert die Exponate aus ihrer Geschichte zum ersten Mal ansehen. Gleichzeitig öffnet Diop eine Tür zur spirituellen Dimension, indem sie der Statue des Königs Ghezo mit lyrischen Texten des haitianischen Autors Makenzy Orcel eine eigene Stimme verleiht.

    Hitzige Debatten bestimmen den zweiten Teil des Dokumentarfilms „Dahomey“

    In der zweiten Hälfte wechselt der Film an die Université d’Abomey-Calavi, wo die Studierenden eine ebenso hitzige wie differenzierte Debatte um die historische, politische und gesellschaftliche Bedeutung der Kulturgüter führen. Die einen empfinden es als Beleidigung, dass Frankreich bisher gerade einmal 26 von den rund 7000 geraubten Artefakten zurückgegeben hat. Andere sehen in den Kunstwerken einen lang ersehnten Anknüpfungspunkt für die Herausbildung einer eigenen kulturellen Identität. In der engagierten Diskussion der jungen Menschen wird die geistige und emotionale Komplexität der Raubkunstdebatte genauso sichtbar wie die kulturellen Narben, die der Kolonialismus bis heute hinterlassen hat.

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