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Foto: Dpa / Daniel Karmann
Foto: Dpa / Daniel Karmann

Die britische Rockband Muse steht beim Open-Air-Festival "Rock im Park" auf der Bühne. Es ist eins der größten Musikfestivals in Bayern.

Festivalstart
06.06.2022

Regen, Schlamm und jede Menge Partystimmung auf den Festivals

Von Wolfgang Schütz, Daniel Halder

Das Unwetter sorgt beim Ikarus in Memmingerberg für eine zweimalige Unterbrechung, die Besucher feiern danach trotzdem weiter. Die Open-Air-Saison startet mit dem Zwilling Rock am Ring/ Rock im Park. Auch in Augsburg zeigte man sich nach dem Modular zufrieden.

Endlich wieder Festival – und dann mag manchem bei Ankunft vor Ort gleich die Lust vergangenen sein. Zumindest bei Riesen wie „Rock im Park“ in Nürnberg. Nachdem dort nämlich erstmals komplett auf Nicht-Bar-Zahlung umgestellt war und zum Einchecken aufs Festivalgelände am Zeppelinfeld von jedem ein Chip mit Guthaben aktiviert werden musste, wurden die Warteschlangen noch viel länger als sonst. Viele standen über viele Stunden hinweg an. Um dann, endlich auf dem Gelände, für ein Bier (oder auch eine Cola) nach weiterem überlangen Warten im Riesenpulk sechs Euro plus drei Euro Pfand hinzublättern. Na dann mal prost! Aber hey, wenn’s nicht Cash ist, fühl man die Kohlen ja nicht so direkt durch die Finger rieseln, und überhaupt: die Inflation! Es wird jedenfalls immer kräftiger hingelangt für ein Wochenende im organisierten Ausnahmezustand …

Den hat es auch gegeben. In unfreiwilligen Ausmaßen beim „Ikarus“-Festival“ in Memmingerberg, dazu gleich. Klassisch und kontrolliert mit dröhnender Live-Musik, Abtanzen vor drei Bühnen, Zeltstädten und Liebes-Duschen für die Fans: Das gab’s aber bei der Wiederkehr der Open-Air-Riesen nach zwei Jahren Pause mit rund 165.000 Musikfans bei den Festivalzwillingen „Rock im Park“ und „Rock am Ring“ in Bayern und Rheinland-Pfalz. Doch im Gegensatz zu früheren Jahren sind sie dabei etwas vorsichtiger gewesen.

Mehr als 90.000 Fans waren bei "Rock am Ring"

„Rock im Park“ in Nürnberg und „Rock am Ring“ am Nürburgring in der Eifel sind am Pfingstwochenende mit die ersten großen Musikfestivals nach Ausbruch der Corona-Pandemie gewesen. Mehr als 90.000 ausgehungerte Fans waren bei „Rock am Ring“ dabei. Rund 70 Bands auf drei Bühnen heizten am Nürburgring ein. Die neuen Organisatoren sprechen bei dem schon 1985 erstmals aus der Taufe gehobenen Spektakel von einem Besucherrekord. „Der Neustart hätte besser nicht laufen können. Die Aufbruchstimmung und Freude, wieder Teil eines Festivals zu sein, war überall zu spüren“, erklärten die Veranstalter. Ein Polizeisprecher sagte: „Die Leute sind gierig nach Spaß und Freude.“ Der Sanitätswachdienst verzeichnete bei „Rock im Park“ deutlich weniger Notfälle als beim letzten Festival 2019.

Auch bei „Rock am Ring“ zeigten sich Veranstalter und Polizei zum Abschluss sehr zufrieden mit der Neuauflage des Kultspektakels – trotz Regens am Sonntag.

Am Freitag bot sich schon beim Auftakt am Nürburgring mit der Alternative-Rock-Band Donots eine Überraschung. Beim Tote-Hosen-Klassiker „Hier kommt Alex“ stiegen die Toten Hosen plötzlich selbst auf die Bühne und wiederholten ihren eigenen Song. Jubel, noch ein Lied – dann trat die Düsseldorfer Kultband wieder ab. Rapper Alligatoah zertrümmerte beim Festivals absichtlich eine Gitarre, ein Musiker der kalifornischen Band Fever 333 kletterte viele Meter an Bühnenaufbauten hoch. „Ich bin so dankbar, dass es wieder geht“, sagte Musiker Jan Delay in Nürnberg. Und die Fans machten dankbar mit: Sie tanzten gemeinsam mit dem Hamburger eine kleine Choreografie, sprangen auf Anweisung hoch oder gingen in die Hocke. „Dieses Festival bedeutet so viel für uns alle“, rief Green-Day-Sänger Billie Joe Armstrong und warf Kusshände ins Publikum. Vor dem Doppelfestival wurde Kritik am äußerst niedrigen Frauenanteil auf den Bühnen laut. Die Veranstalter reagierten darauf und schrieben mit Blick auf den Auftritt der kalifornischen Mädchenband The Linda Lindas: „Bei aller Liebe für alte Helden, wir brauchen mehr Künstlerinnen wie diese vier jungen Menschen auf den Bühnen. Das müssen und werden wir uns auf die Fahnen schreiben.“

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Das "Ikarus"-Festival wurde auch vom Unwetter getroffen

Die für Nürnberg wie die Eiffel angekündigten Unwetterfronten mit Starkregen gingen zwar nicht an den Festivals vorüber, aber blieben bis auf begossene Menschenmassen und matschige Untergründe folgenlos. Härter hat es da schon das „Ikarus“-Festival in Memmingerberg getroffen, bei dem rund 75.000 Elektro-Fans auch noch einen vierten Tag am Pfingstmontag feierten … Selbst die zweimalige Unterbrechung des Festivals wegen Unwetter am Freitagabend und am Sonntagnachmittag und der Wassermassen, die zum Teil von der Feuerwehr abgepumpt werden mussten, ließ sich das Partyvolk aber die Stimmung nicht nehmen.

Völlig verschlammte Wege – egal, wenn so viel DJ-Prominenz ein langes Wochenende lang auflegt, von Acid-Techno bis zu Sphärenklängen in einem Waldstück des Festivals, dann muss man das Wetter einfach hinnehmen. DJ Steve Aoki warf Torten ins Publikum (sein Markenzeichen), die Techno-Legenden Adam Beyer, Carl Cox und Sven Väth ließen die zweite Unterbrechung am Sonntagnachmittag vergessen und sorgten für beste Tanzstimmung.

Geregnet hat es beim „Modular“-Festival in Augsburg auch an zwei von drei Tagen – aber ohne gefährliche Gewitter und mit dem erhofft großen Zuschauerzuspruch. Von den möglichen 30.000 Leuten kamen rund 27.000 auf das Gelände am Gaswerk, zahlten mit vier Euro fürs Bier zwar auch ein bisschen mehr als bisher, aber eben deutlich weniger als andernorts. Der veranstaltende Stadtjugendring zeigte sich jedenfalls sehr zufrieden – wobei auch beim „Modular“ in den Hauptzeiten am Abend ausschließlich männliche Protagonisten auftraten, am prominentesten am Sonntag die Wiener Band Bilderbuch, die ihren ersten Festivalauftritt seit drei Jahren dann auch selbst feierte. Zeremonienmeister Maurice Ernst: „Wie schön es ist, wieder hier zu sein. Lasst uns ein schönes Leben haben“! (mit dpa)

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