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Entdecke zauberhafte Kinderbücher in der Pinakothek München

Ausstellung

Kinderbücher in der Pinakothek: Nur das Beste für den Nachwuchs

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    „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak aus dem Jahr 1967, ist eines der berühmtesten internationalen Bilderbücher und inspirierte viele Illustratoren.
    „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak aus dem Jahr 1967, ist eines der berühmtesten internationalen Bilderbücher und inspirierte viele Illustratoren. Foto: Die Neue Sammlung (K. Mewes, J. Minne)

    Ist das ein Teil von einem Stern, dieses gezackte rötliche Ding, das riesengroß auf der Seite prangt? Umblättern bringt Klarheit - nein es ist Teil eines Hahnenkamms und der stolze Vogel wiederum steht vor einem Bauernhof, aber der gehört zu einer Spiellandschaft, die ein Mädchen gerade aufbaut. Das Ganze ist, stellt sich beim Umblättern heraus, aber die Abbildung auf einem Prospekt, den ein junger Mann auf einem Kreuzfahrtschiff in der Hand hält, der wiederum Teil eines Plakates ist. So geht es fort, über 64 Seiten in „Zoom“, einem Bilderbuch ohne Worte von Istvan Banyai. Bild für Bild baut aufeinander auf und erweitert die Perspektive, überraschend und mit Witz - am Ende befindet sich der Betrachter im Weltall. Immer wieder ergibt sich eine neue Perspektive und verbunden damit ein Bedeutungswechsel. Wie Bilderbücher durch Farbe, Räumlichkeit, Zeichen und eben Perspektive gestaltet sind und ihre Wirkung entfalten, zeigt die Ausstellung „Wo die wilden Striche wohnen“ in der Münchner Pinakothek der Moderne.

    Der Ausstellungstitel nimmt Bezug auf eines der bekanntesten und wunderbarsten Bilderbücher, Maurice Sendaks „Wo die wilden Kerle wohnen“, das in dieser Schau natürlich nicht fehlen darf. Rund 750 illustrierte Kinderbücher aus vielen Ländern gehören zum Bestand der Neuen Sammlung, etwa 170 werden in bunten Häuschen präsentiert, die sich um die Säulen der Pinakotheken-Rotunde im 2. Stock schmiegen.

    Insofern kann der Titel auch wörtlich verstanden werden, denn man muss die Haustüren schon öffnen, um die Kinderbücher in Augenschein nehmen zu können. Aus konservatorischen Gründen sollte man die Türen aber auch wieder schließen.

    Die Pinakothek der Moderne zeigt 170 illustrierte Kinderbücher

    Bis ins 19. Jahrhundert hinein dienten Bücher für junge Menschen vor allem einem: der Belehrung. Kinder wurden nicht als eigenständige Persönlichkeiten angesehen, sondern als kleine Erwachsene, deren Rolle in der Gesellschaft festgelegt war. Erst mit der Reformpädagogik ab Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich dies. Kinder wurden als Individuen betrachtet und sollten in ihrer Entwicklung und ihren Talenten gefördert werden - auch mit Büchern, die zunehmend durch ihre kreative Gestaltung auffielen.

    In bunten Häuschen in der Rotunde der Pinakothek der Moderne werden über 170 internationale Bilderbücher präsentiert
    In bunten Häuschen in der Rotunde der Pinakothek der Moderne werden über 170 internationale Bilderbücher präsentiert Foto: Die neue Sammlung (K. Mewes, J. Minne)

    Ältestes Beispiel dafür in der von Caroline Fuchs kuratierten Ausstellung sind die „Münchner Bilderbücher“, die zwischen 1861 und 1878 entstanden und die unmittelbare Umgebung und den Alltag der Kinder in handkolorierten Holzstichen abbildeten. Dreidimensional und interaktiv hingegen die Klappbücher des Münchner Zeichners Lothar Meggendorfer, der schon Ende des 19. Jahrhunderts die Vorläufer heutiger Pop-Up-Bilderbücher schuf: Bilderbücher mit Zieh- und Klappmechanismen, die, wie der „Internationale Circus“ mit seiner Vielzahl an Artisten, Tieren und Zuschauern im Manegenrund sogar zur Spielkulisse werden können und damit zum kreativen Umgang anregen.

    „Yellow Submarine“-Zeichner Heinz Edelmann zeichnete auch Kinderbücher

    Es ist eine Vielfalt und Raffinesse an künstlerischer Gestaltung und Stilarten, die sich in dieser Ausstellung auftun. Das Spiel-, Bastel- und Erzählbuch „Das Wunderhaus“ nähert sich im Stil der Neuen Sachlichkeit an, während Lore von Recklinghausens „Sonne, Mond und Sterne“ von 1925 mit seiner Ornamentik klare Bezüge zum Jugendstil erkennen lässt. Das große Format brachten in den 1950er Jahren die „Barbar“-Bücher aus Frankreich in die Bilderbücher und auch berühmte Designer wie Heinz Edelmann, der Schöpfer des „Yellow Submarine“-Covers der Beatles, widmeten sich dem Bilderbuch. In greller Pop-Art erzählt er in „Andromedar SR1“ von der Weltraumbegeisterung der 1960er Jahre, nicht ohne auch kritische Untertöne einzuwerfen. In neuerer Zeit ist es vor allem die kreative Verschränkung analoger und digitaler Techniken, die in der Bilderbuchgestaltung auffällt.

    „Rotkäppchen“ wird nur mit Kreisen erzählt

    Mit welchem Ideenreichtum und welcher Originalität Bilderbuchkünstler ihre Geschichten erzählen, lässt sich im zweiten Teil der Ausstellung erkennen, der sich thematisch dem Spiel mit Farbe, Raum, Perspektive und Zeichen widmet. Bekannteste Beispiele für letzteres sind etwa Buchstaben- und Zahlenbücher, aber wer hätte gedacht, dass sich das Märchen „Rotkäpchen“ allein durch Kreise veranschaulichen lässt, wie es Warja Lavater-Honegger gelang? Rotkäppchen macht sich durch den Wald auf den Weg zur Großmutter, ein kleiner roter Kreis inmitten von größeren Kreisen in allen Schattierungen von Grün. Und dann taucht plötzlich der große schwarze Kreis auf...

    Von Christoph Niemann stammen die Wandzeichnungen in der Pinakothek der Moderne

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    Ein Beispiel für ein Pop-Up-Bilderbuch: „Bookano Stories No. 4“ (ca. 1937), Illustrationen und Text: S. Louis Giraud
    Ein Beispiel für ein Pop-Up-Bilderbuch: „Bookano Stories No. 4“ (ca. 1937), Illustrationen und Text: S. Louis Giraud Foto: Die Neue Sammlung (K. Mewes, J. Minne)

    In die Hände von Kindern nur das Beste - gerade für jene Bücher, die als erste Schule des Sehens den Blick von Kindern auf die Welt prägen und schärfen, sollte der Grundsatz in besonderem Maße gelten, das zeigt diese inspirierende Ausstellung, die wundervolle Kinderbücher nicht nur hinter Glas präsentiert, sondern auch in Natura zum Blättern, Anschauen und Staunen.

    Laufzeit bis 26. Januar 2025 in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 20 Uhr, montags geschlossen. Der Katalog mit 550 Abbildungen kostet 30 Euro.

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