Die Folgen der Energiekrise und eines drohenden Gaslieferstopps treffen auch die kulturelle Infrastruktur in Deutschland. Wegen der hohen Gaspreise besteht bei der Arbeitsgemeinschaft der Museen in Bayern die Sorge, dass Museen als Energiesparmaßnahme im Herbst und Winter geschlossen werden müssen. Ihre Befürchtungen legt sie in einem offenen Brief mit dem Titel „Museen sind wichtig für unsere Gesellschaft!“ dar. Warum das so ist und welche Probleme auf die Museen zukommen, erläutert Christof Trepesch, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft und Direktor der Städtischen Kunstsammlungen Augsburg.
Ohne Einsparungen geht es nicht, das wissen auch die Verfasserinnen und Verfasser des offenen Briefes. Doch Museen verwahren kunst- und kulturgeschichtliche Objekte und Gegenstände. Sie seien das kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft, dessen Erhalt und Weiterentwicklung hohe Relevanz haben muss. „Das Wort ‚Schließungsszenario‘ darf deshalb keine Alternative für die Aufrechterhaltung eines Museumsbetriebs sein“, heißt es in dem offenen Brief der Arbeitsgemeinschaft. Museen seien systemrelevant und bräuchten die Unterstützung von Trägern und der Politik, damit „in energiesparende Beleuchtung, neue Technik sowie moderne Heiz- und Kühlsysteme“ investiert werden könne.
Bei Temperaturveränderungen könnten Ausstellungsstücke in Museen Schaden nehmen
In Berlin ist das Thema bereits auf der Tagesordnung. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) beriet sich in dieser Angelegenheit vergangene Woche mit den Kulturministerinnen und -ministern der Länder und dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. „Auch unsere Kultureinrichtungen sind gefordert, einen spürbaren Beitrag für eine Reduzierung des Energieverbrauchs zu leisten“, sagt Roth. „Das heißt ganz zuvorderst: Energie überall dort einsparen, soweit es möglich ist, ohne die Funktionsfähigkeit von Kultureinrichtungen zu gefährden.“
Das war auch den Verfasserinnen und Verfassern des offenen Briefes klar, denn der Wille zum Energiesparen wird dort auch bekräftigt. Doch das ist in Museen nicht so einfach wie in anderen Sektoren, stellt Christof Trepesch dar. Welche Temperatur in den Ausstellungsräumen herrscht, ist nicht nur für das Wohlbefinden der Besucherinnen und Besucher wichtig, sondern auch für die Exponate. Viele davon benötigen ganz spezielle klimatische Bedingungen, damit sie keinen Schaden nehmen. „Deswegen kann man nicht einfach die Heizung ausschalten“, erklärt Trepesch.
Ausstellungsstücke in Museen brauchen spezielle klimatische Bedingungen
Welches Klima für Exponate ideal ist, hänge von den Materialien ab, sagt er. Ein Objekt aus Eisen dürfe beispielsweise keine große Feuchtigkeit abbekommen, Gemälde hingegen bräuchten eine höhere Luftfeuchtigkeit. Jede Veränderung des klimatischen Zustands im Ausstellungsraum muss mit Restauratorinnen oder Restauratoren abgeklärt werden.
Zusätzlich gibt es bei Museen starke bauliche Unterschiede, die für verschiedene energetische Bedingungen sorgen. In Neubauten werden diese besser sein. Manche Museen befinden sich etwa in Gebäuden, welche ursprünglich nicht als Museen geplant waren. Ein Beispiel dafür ist das Schaezlerpalais in Augsburg. Dieses war ein Privatbau, welcher nun die städtischen und staatlichen Kunstsammlungen beherbergt. Welchen Anteil die Heizkosten an den allgemeinen Betriebskosten eines Museums einnehmen, unterscheide sich demnach ebenfalls stark. „Auf alle Fälle kann man sagen, wenn sich die Energiepreise verdreifachen, wird sich das im Haushalt widerspiegeln“, sagt Trepesch.
Pauschale Energiesparmaßnahmen für alle Museen sind nicht möglich
Ein weiterer Aspekt, der beachtet werden muss, sind die Museumsdepots. Dort werden Exponate aufbewahrt, welche aktuell nicht Teil einer Ausstellung sind. Auch hier müssen optimale Bedingungen herrschen, damit die Objekte nicht zu Schaden kommen. Hier gebe es ebenfalls große Unterschiede, erklärt Trepesch. Hightech-Depots mit Vollklimatisierung sind sehr kostenintensiv. Lowtech-Depots sind hingegen mit nur wenig Technik ausgestattet. Hier wird mit möglichst einfachen Mitteln ein ideales Umfeld für Exponate geschaffen. Diese verbrauchen dann nicht nur weniger Energie, sondern sind auch weniger anfällig gegen Stromausfälle oder Ähnliches. Dies bestätigt auch Dirk Blübaum, der Leiter der Landesstelle für die nicht staatlichen Museen in Bayern. „Da gibt es europaweit schon seit längerem Modelle, die es gilt, nun auch für Bayern zu adaptieren“, sagt er zu dem Thema.
Wegen dieser Unterschiede könne es auch keine pauschalen Maßnahmen für alle Museen geben. Zunächst müsse analysiert werden, auf welchen Wegen in den einzelnen Museen Energie gespart werden könne, so Trepesch. Dann könnten die Maßnahmen individuell an jedes Haus angepasst werden. Dass Energie eingespart werden könne und müsse, sei den Museumsbetreibern klar. Viele seien aktuell schon dabei, nach Möglichkeiten zu suchen. „Das fängt beim Heizen von Büroräumen an und geht hin zur Frage der Beleuchtungstechnik“, erklärt Trepesch. In den Räumen, in welchen keine Exponate gelagert werden, ist es weniger problematisch, die Heizung herunterzudrehen, und durch das Umrüsten auf energiesparende LEDs und das Ausschalten von Fassadenbeleuchtung könne man „schon einige Einspareffekte erzielen“.