Bevor die Lyrik und zehn weitere Kunstsparten zu ihrem Recht kamen, gab es zum Abschluss des 36. Schwäbischen Kunstsommers im Kloster Irsee erst einmal ganz banale, aber gewichtige Prosa. Die öffentliche Kunstnacht, mit der traditionell die Sommerakademie der Schönen Künste in der ehemaligen Benediktinerabtei bei Kaufbeuren endet, begann mit einer Stellungnahme aller Dozenten der diesjährigen Meisterkurse. Angesichts der personellen Veränderungen bei der Schwabenakademie, die den Kunstsommer organisiert, kündigten die renommierten und größtenteils als Hochschullehrer tätigen Meister an, für eine Fortsetzung des Schwäbischen Kunstsommers nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Wie berichtet, peilt der Bezirk Schwaben als Hauptträger der Schwabenakademie an, die Einrichtung umzustrukturieren, wenn der bisherige Direktor Markwart Herzog demnächst in den Ruhestand geht. Die Geschäftsleitung soll personell von der Organisation des Kulturprogramms getrennt werden. Für Letzteres wäre dann ein Studienleiter zuständig, dessen Stelle vom Bezirk momentan „in Vollzeit oder Teilzeit“ ausgeschrieben wird. Als ideale Besetzung dafür galt die bisherige Studienleiterin der Schwabenakademie, Sylvia Heudecker. Aber wegen Querelen um die künftige Organisationsstruktur der Akademie kam es zu einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Heudecker und dem Bezirk. Obwohl diese zugunsten der Studienleiterin entschieden wurde, hat sie inzwischen ihrerseits gekündigt und übernimmt die Leitung einer deutlichen größeren Kultureinrichtung fernab des Allgäus.
Damit ist die Schwabenakademie nach dem diesjährigen Schwäbischen Kunstsommer auf einen Schlag führungslos. Der Bezirk hat zwar gegenüber unserer Redaktion angekündigt, dass man sich intensiv um die Neubesetzung kümmere und auch nach der Umstrukturierung weder die Aktivitäten der Schwabenakademie noch ihre personelle Ausstattung „in irgendeiner Form reduziert werden“ sollen. Dennoch sorgen sich nicht nur die diesjährigen Meister des Kunstsommers um die Zukunft dieser und weiterer Veranstaltungen der Akademie, die sich in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrem Programm weit über die Region hinaus einen Namen gemacht hat.
„Vielleicht die beste Sommerakademie im deutschsprachigen Raum“
Mit dem Abgang von Heudecker und Herzog stehe die Institution nun „ohne jede akademisch-intellektuelle Führung“ da, schreiben die Kunstsommer-Dozenten in ihrer Erklärung. Sollte der Schwäbische Kunstsommer als „vielleicht die beste Sommerakademie der Künste im deutschsprachigen Raum“ zu einem „Sparprojekt“ werden, das „im Rahmen einer Nebentätigkeitsstelle“ organisiert wird, „werden wir und sicherlich auch viele, viele andere Kolleginnen und Kollegen nicht mehr zur Verfügung stehen“. So heißt es in der Stellungnahme, die Malerei-Dozent Heribert C. Ottersbach, früherer Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, bei der Eröffnung der Kunstnacht unter tosendem Applaus verlas. Anschließend wurde sie mit den Unterschriften der allermeisten Kunstsommer-Akteure an die stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Petra Beer überreicht
Nach dieser deutlichen Prosa prägten dann aber in bewährter Weise das literarische Erzählen, Jazz, zeitgenössischer Tanz, Chorgesang, Ausstellungen mit Malerei, Zeichnung, Grafik, Textil-, Foto- und Comic-Kunst sowie die Lyrik die Kunstsommernacht. Knapp 140 Teilnehmende – und damit so viele wie noch nie beim Schwäbischen Kunstsommer – präsentierten den mehreren Hundert Besuchern die Ergebnisse ihrer einwöchigen Workshops im Kloster Irsee.
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