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Coppolas „Megalopolis“: Epos zwischen Utopie und Dystopie

Filmkritik

"Megalopolis" kommt ins Kino: Francis Ford Coppolas Science-Fiction-Seifenoper

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    Utopie mit Ausblick: Adam Driver als Cesar Catilina und Nathalie Emmanuel als Julia Cicero in einer Szene des Films „Megalopolis". Der Film kommt am 26. September in die deutschen Kinos.
    Utopie mit Ausblick: Adam Driver als Cesar Catilina und Nathalie Emmanuel als Julia Cicero in einer Szene des Films „Megalopolis". Der Film kommt am 26. September in die deutschen Kinos. Foto: Constantin Film, dpa

    Bereits vor mehr als 40 Jahren hat Francis Ford Coppola die ersten Ideen zu seinem futuristischen Epos „Megalopolis“ entwickelt. Sowohl die Drehbuchgestaltung als auch die Finanzierung kamen während der folgenden Jahrzehnte immer wieder ins Stocken. Schließlich hat Coppola nun weite Teile seines Weinimperiums verkauft, um das 120 Millionen Dollar teure Herzensprojekt aus eigener Kasse zu finanzieren.

    Der Größenwahnsinn steckt in „Megalopolis“ schon im Titel

    Unbestritten gehört Coppola zu den Großmeistern des amerikanischen Films, dem er mit „Der Pate“ und „Apokalypse Now“ kulturhistorische Meilensteine schenkte. „Megalopolis“, dessen Titel schon einen gewissen Größenwahnsinn impliziert, sollte zu seinem cineastischen Vermächtnis werden. Die Fallhöhe war also sehr hoch, als Coppola seinen Film endlich in diesem Jahr in Cannes präsentierte. Und vielleicht ist das Beeindruckendste an dem fast zweieinhalbstündigen Werk, dass es diese enorme Fallhöhe in ganzer Länge geradezu rauschhaft vermisst.

    Um den möglichen Fall aus großer Höhe geht es schon in der ersten Szene des Films. Adam Driver klettert hier in der Rolle des Cesar Catilina auf das Dach des New Yorker Chrysler-Buildings, neigt sich langsam über den Abgrund und sagt: „Zeit anhalten“. Die Welt um ihn und unter ihm erstarrt. Ein kurzes Fingerschnipsen reicht aus, um alles wieder in Gang zu bringen.

    Coppola gestaltet ein futuristisches, untergehendes Imperium

    Wir befinden uns in einer futuristischen Version des römischen Imperiums, das seinem Untergang entgegen wankt. Die Hauptstadt wird von korrupten Geschäftsmännern und Adligen regiert. Nihilismus und Dekadenz bestimmen das gesellschaftliche Leben der Upper Class. Dem dystopischen Treiben setzt der Stararchitekt Cesar einen utopischen Stadtentwurf entgegen. Inmitten des urbanen Molochs möchte er mit einem selbst entwickelten High-Tech-Material sein Megalopolis erbauen.

    Natürlich hat seine Vision zahlreiche Gegner. Allen voran der neu ernannte Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito), der New Rome mit konservativem Pragmatismus regiert. Dass sich nun ausgerechnet dessen Tochter Julia (Nathalie Emmanuel) dem Widersacher als Assistentin andient und schon bald Cesars Geliebte und Muse wird, vertieft die Feindschaft der beiden Männer.

    Adam Driver und Jon Voight spielen in „Megalopolis“

    Aber es gibt noch andere Player im Machtgefüge. Cesars Onkel Hamilton Crassus III (Jon Voight) ist der reichste Bankier des Reiches. Die machthungrige TV-Reporterin Wow Platinum (Aubrey Plaza) hat eine Affäre mit Cesar und macht sich schon bald an den finanzstarken Onkel ran. Der hartnäckigste Gegner Cesars ist sein Cousin Clodio Pulcher (Shia LaBeuf), der Volksaufstände gegen die Megalopolis-Pläne organisiert.

    In bewährter Shakespeare-Manier werden die Charaktere hier in die dramatischen Konflikte getrieben und damit nicht genug: Cesar deklamiert im öffentlichen Disput sogar „Hamlet“-Verse, während er auf einem Baugerüst seine Entwürfe verteidigt. Muntere Analogien zwischen dem möglichen Untergang von römischem und amerikanischem Imperium werden frei von Subtilität in den filmischen Raum gestellt. Und natürlich steht Coppola fest an der Seite des genialen Utopisten, der inmitten der herannahenden Apokalypse eine Stadt für das Wohlbefinden aller Menschen errichten will.

    Männliche Genies und selbstlose Musen bevölkern „Megalopolis“

    Äußerst wirr oszilliert „Megalopolis“ ohne kohärente Handlungsstruktur zwischen antiker Soap-Opera, Science-Fiction, Shakespeare-Drama und Gangsterepos und versucht sich angestrengt mit dem Habitus eines Meisterwerkes zu schmücken – wovon der Film nicht nur inhaltlich, sondern auch visuell weit entfernt ist. Man erkennt den Willen zur Größe, aber nicht die Größe. Dass die digitalen Effekte sichtbar nach einer eigenen Zukunftspoesie streben, aber einfach nur billig aussehen, ist symptomatisch für den Film eines Altmeisters, der eine Welt erklären will, welche sich offensichtlich ohne ihn ein wenig weitergedreht hat. Das wird besonders deutlich an den stereotypen Frauenfiguren, die mit den staubigen Geschlechterklischees des ruchlosen Karriereweibs und der selbstlosen Muse belegt werden und sich dekorativ ums männliche Genie ranken dürfen.

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