Was für eine Enttäuschung. Der Militärkadett Masahiko Amakasu wartet in sengender Mittagshitze auf die erste Rede des neuen Kaisers. Japan im Jahr 1913. Yoshihito besteigt im Alter von 32 Jahren den Chrysanthemen-Thron. Wäre es nach ihm gegangen, hätte sich der Thronfolger lieber der Poesie verschrieben, für Regierungsgeschäfte und Entscheidungen ist er jedenfalls nicht gemacht. Nicht einmal ein verheerendes Erdbeben reißt den Regenten aus seiner Lethargie. Und dennoch ist Amakasu dem Kaiser aufs Treueste ergeben. In „Großes Spiel“ von Hans Platzgumer blickt der Geheimpolizist auf sein Leben und seine geradezu fanatische Jagd nach dem Revolutionär und Anarchisten Sakae Ôsugi zurück, der sich für Freiheit und Eigenverantwortlichkeit des japanischen Volkes einsetzt.
Als Tokio 1923 durch das Erdbeben in großen Teilen zerstört wird, nutzt Amakasu die chaotischen Verhältnisse, um Tatsachen zu schaffen. Intensiv beleuchtet Platzgumer das Dreiecksverhältnis dieser so unterschiedlichen Männer, deren Schicksal von Anfang an feststeht. Alle Figuren, Daten und Gedichte sind historisch belegt, betont Platzgumer. Tief tauchen die Leser mit ihm in die Taishô-Epoche, Kultur und die Strömungen dieser Zeit ein.
Hans Platzgumer: Großes Spiel. Zsolnay. 332 Seiten, 26 Euro.