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Bonn: Der Fall Beethoven und welche Fragen seine Genomanalyse aufwirft

Bonn

Der Fall Beethoven und welche Fragen seine Genomanalyse aufwirft

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    Die Totenmaske von Ludwig van Beethoven ist bis heute erhalten. Unlängst wurden Locken des Komponisten einer Genomanalyse unterzogen.
    Die Totenmaske von Ludwig van Beethoven ist bis heute erhalten. Unlängst wurden Locken des Komponisten einer Genomanalyse unterzogen. Foto: Helmut Fohringer, dpa/APA

    So mancher sterbliche Überrest war nicht das, wofür man ihn gehalten hatte – und lieferte dementsprechend auch nicht solche biografischen und medizinischen Erkenntnisse, wie von ihm erwartet wurde. Erinnert sei hier nur an zwei Totenschädel, die jeweils von Schiller stammen sollten, oder an einen Totenschädel, angeblich von Mozart. Das war rund um das Jahr 2006. Zusammengenommen: drei Fehlanzeigen. 

    Anders liegt die Sache soeben bei einer weiteren mitteleuropäischen Geistesgröße: Ludwig van Beethoven. Von ihm wurden bei jüngsten Forschungen unter anderem in der Universitätsklinik Bonn und am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie mehrere Haarsträhnen auf ihr Erbgut untersucht. Haarsträhnen Beethovens gibt es etliche, weil Locken im 19. Jahrhundert hinsichtlich der Verehrung bedeutender Menschen ein beliebtes Sammelgebiet waren. 

    Im 19. Jahrhundert wurde Wein mit Blei versüßt, davon trank Beethoven viel

    Acht unterschiedliche Strähnen aus Beethovens letzten Jahren standen den Wissenschaftlern zur Verfügung, fünf davon – und zwar genau die mit der glaubhaftesten Überlieferungsgeschichte – erwiesen sich in ihrer DNA als identisch und damit auch mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit authentisch. 

    Drei wesentliche Aufschlüsse erbrachten die Untersuchungen, die hinsichtlich Beethovens Biografie interdisziplinär einzuordnen sind. Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Meister aus Bonn an einer Lebererkrankung starb, stark gestiegen. Schon bislang wurde dies unter Verweis auf seinen bekannt hohen Wein-Konsum vermutet – allerdings auch im Zusammenhang mit bleibelastetem Wein. Mit kleiner, aber gleichwohl giftiger Blei-Beigabe wurde im 19. Jahrhundert der Wein versüßt; beziehungsweise wurde er seinerzeit auch aus bleihaltigen Gefäßen konsumiert. 

    Drei Risikofaktoren spielten bei Beethovens Lebererkrankung eine Rolle

    Nun aber hat die – vom Beethovenhaus Bonn stark unterstützte – Forschung ergeben, dass Beethoven nicht nur erblich prädestiniert war für eine schwere Lebererkrankung, sondern auch Spuren von Hepatitis-B-Viren in sich trug. Damit kamen in seinem Fall drei Risikofaktoren für eine womöglich tödliche Lebererkrankung zusammen: Alkohol, genetische Vorbelastung plus Hepatitis-Infektion. Hingegen fand die Wissenschaft in der untersuchten DNA bislang keine erblichen Vorbelastungen bezüglich der tragischen Schwerhörigkeit des Komponisten einerseits und seiner überlieferten Unterleibsbeschwerden andererseits. 

    Womöglich ist eine genealogische Neuigkeit die eigentliche Überraschung der DNA-Analyse: Das Genom Beethovens findet sich bei keinem der heute noch lebenden Van-Beethoven-Familienmitgliedern. Johannes Krause vom Max-Planck-Institut in Leipzig: "Ob Beethoven selbst ein Kuckuckskind war oder sein Vater, Großvater oder Urgroßvater das Kind einer außerehelichen Beziehung, können wir nicht sagen."

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