Es geht nicht ohne Schutt und Scherben.. Diesmal liegt noch ein riesiger Erdhaufen vor dem Deutschen Pavillon in Venedigs Giardini, und im Inneren wartet unendlich viel Staub. Ist das die Zukunft? Oder eher das Ende? Instinktiv würde man sofort wieder umdrehen, wäre da nicht dieses verlockende Raumschiff, das durch seine schwebende Eleganz die Gedanken gleich mit ins All nimmt.
Yael Bartana hat sich diese Videobetörung für den deutschen Biennale-Beitrag, einfallen lassen. Vielleicht kann die Erde genesen, wenn sich die Menschen endlich auf den Mond schießen?
Ersan Mondtag erinnert an das staubige Leben seines türkischen Großvaters
Die israelische Multimediakünstlerin teilt sich den Pavillon mit ihrem Kollegen und Regisseur Ersan Mondtag, der an das staubige Leben seines türkischen Großvaters erinnert. Der hat in einem Asbestwerk gearbeitet und ist elend an Krebs gestorben. Schauspieler performen dieses steingraue Dasein in einer verwahrlosten Wohnung. Eindrucksvoll ist dieser Tagtraum zwischen Schufterei und Sehnsucht nach der Heimat. Also nach der zurückgelassenen Erde Anatoliens.
Dieser Blick zurück und zugleich nach vorn ins Weltall könnte bei aller Tristesse die Lösung sein. Oder macht man vorher noch einen Abstecher auf die Insel, wo Kuratorin Çağla Ilk noch einen „Ableger“ des Deutschen Beitrags kuratiert hat? La Certosa zwischen Lido und Murano klingt imposant. Wummt, müsste man sagen, denn Robert Lippok hat Basslautsprecher in die Erde gegraben. Der Sound geht durch Mark und Bein und bleibt am Ende im Körper. Dagegen sind Jan St. Werners Mauerbeschallung, Nicole L’Huilliers Wind-und-Wetter-Booster und auch Michael Akstallers verblüffende Echo-Maschine fast zu subtil.
Was sich am Mittwoch zwischen dem israelischen und dem deutschen Pavillon abgespielt hat, ist freilich alles andere als feinsinnig. Im Nachgang zur Unterschriftenaktion im Februar riefen nun Demonstranten lauthals zum Boykott israelischer Kunst in Venedig auf, verschiedene Redner kritisierten auch Deutschland. Für Künstlerinnen wie Yael Bartana, die so sehr um Austausch, Verständnis und ein Miteinander bemüht ist, ein Schlag in die Magengrube.