Um mehr Menschen ins Museum zu holen, bieten viele Häuser in Deutschland eintrittsfreie Tage und Vergünstigungen an. In Berlin konnten Kunstinteressierte jeden ersten Sonntag im Monat kostenlos ins Museum, doch das ist nun vorbei, die Stadt hat das Angebot gestrichen. Der Grund: Im kommenden Jahr sollen im Berliner Landeshaushalt drei Milliarden Euro gespart werden, im Kulturbereich will der Senat 130 Millionen Euro und damit rund zwölf Prozent des Budgets streichen. Der Kulturetat für 2025 liegt dann bei rund 1,12 Milliarden Euro. Die Abschaffung des Museumssonntags, für den rund zwei Millionen Euro bereitgestellt wurden, war die erste von weiteren geplanten Kürzungen.
Knapp 80 kleine und große Museen hatten sich am Museumssonntag beteiligt
Dass Berlin ausgerechnet den Museumssonntag streicht, sehen Verantwortliche kritisch. Der Berliner Museumsverband erklärt in einer Stellungnahme, die Einsparungen zerstörten nachhaltig die kulturelle Infrastruktur und würden zu drastischen Programmkürzungen, Entlassungen und Schließungen führen.
Auch Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, teilt auf Anfrage mit, er bedauere das Ende des eintrittsfreien Sonntags. Das Angebot sei ein Erfolg gewesen, etwa doppelt so viele Besuchende seien in die Museen gekommen. „Andererseits sehen wir auch die Haushaltsengpässe und wir brauchen die Einnahmen dringend für Programme, Veranstaltungen und Ausstellungen in den Häusern“, erklärt Dimter. „Wir erlösen über Eintrittspreise rund 19 Millionen Euro, die zur Deckung der laufenden Kosten beitragen und vor allem wichtig sind, um das zukünftige Programm zu finanzieren.“ Kostenfreie Angebote seien eine gute Möglichkeit, viele Menschen anzusprechen, sie müssten aber auch finanzierbar sei. Das sei immer wieder neu auszubalancieren.
Knapp 80 Kultureinrichtungen, darunter große Häuser wie das Alte Museum oder das Bode-Museum auf der Museumsinsel hatten sich am Museumssonntag beteiligt. Seit dem Start vor drei Jahren zählten die Initiatoren mehr als 2,2 Millionen Besucherinnen und Besucher. Eine Befragung des Instituts für Kulturelle Teilhabeforschung kam 2022 zu dem Ergebnis, dass der eintrittsfreie Tag die kulturelle Teilhabe stärkt. Demnach gingen deutlich mehr 25- bis 35-Jährige und Menschen mit Einwanderungsgeschichte ins Museum. Entsprechend groß war der Andrang am vergangenen Sonntag, als die Berliner Museen zum vorerst letzten Mal kostenlos zugänglich waren. 5200 Menschen besuchten allein die Neue Nationalgalerie.
München hat schon vor knapp 20 Jahren den „Ein-Euro-Sonntag“ eingeführt
Sendet die Hauptstadt als Hotspot für Künstler, Kreative und Kulturliebhaber damit ein falsches Signal auch an andere Städte? „Die Streichung des Museumssonntags ist ein tiefer Einschnitt in die Inklusivität, die von Museen bewahrt und gefördert werden sollte“, sagt Tine Nehler, Sprecherin der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, zu denen die Pinakotheken, die Sammlungen Schack und Brandhorst sowie zwölf Staatsgalerien gehören. Nehler zufolge sollten Museen allen Menschen offen stehen, kostenlose oder vergünstigte Angebote würden dazu beitragen.
München hat schon vor knapp 20 Jahren den „Ein-Euro-Sonntag“ eingeführt. Seitdem können Menschen staatliche Museen wie die Pinakotheken, das bayerische Nationalmuseum, die Glyptothek oder das Museum Brandhorst jeden Sonntag für einen Euro besuchen. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Eintritt generell frei, sie zahlen auch für städtische Museen wie das Lenbachhaus, Stadtmuseum, Jüdische Museum oder die Villa Stuck nichts. Andere Einrichtungen bieten eigene Vergünstigungen, die Kunsthalle verlangt am Dienstag den halben Preis, das Haus der Kunst kann jeden letzten Freitag im Monat ab 16 Uhr umsonst besucht werden. Nur wenige Häuser wie das NS-Dokuzentrum oder die Kunstarkaden sind für alle frei zugänglich.
Der „Ein-Euro-Sonntag“ wird gut angenommen, Nehler zufolge kommen doppelt bis dreimal so viele Besucherinnen und Besucher in die Häuser der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und der Pinakothek der Moderne. Dass das Angebot wie in Berlin abgeschafft werden könnte, müsse man nicht fürchten, sagt Nehler.
Denn in Bayern wird an der Kultur offenbar nicht gespart. Wie das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf Anfrage mitteilt, sind im Haushalt für das kommende Jahr 1,1 Milliarden Euro für Kultur vorgesehen, unter anderem mit einer Steigerung im Kulturetat des Kunstministeriums auf über 850 Millionen Euro. Das sind rund zehn Prozent mehr als 2023.
Die staatlichen Museen und Sammlungen des Kunstbereichs nahmen nach Angaben des Ministeriums Eintrittsgelder im Umfang von rund 4,7 Millionen Euro ein. Alle Einnahmen würden für die Museen und Sammlungen verwendet.
Experte hält Museumstage für ein Instrument zur Demokratisierung von Kunst
Doch ohne Zuschüsse vom Freistaat sei der „Ein-Euro-Sonntag“ in München nicht finanzierbar, sagt Tine Nehler. Das Budget, das den staatlichen Museen zur Verfügung steht, decke die Personalkosten und den Unterhalt der Gebäude. „Ankäufe und Ausstellungen lassen sich mit den regulären Eintrittsgeldern nicht refinanzieren“, sagt Nehler.
Die Museen seien in erheblichem Maße auf Drittmittel und Förderer angewiesen, denn die Kosten für Versicherung und Transport von Meisterwerken im Rahmen von Ausstellungen seien hoch. Auch für das Kunstvermittlungsprogramm sind Sponsoren nötig. So werden in der Pinakothek der Moderne alle Sonderausstellungen über den Freundeskreis Pin finanziert, auch im Architekturmuseum oder in der Graphischen Sammlung können Ausstellungen nur über Drittmittel gestemmt werden.
Dirk Blübaum, Leiter der Landesstelle für die nicht staatlichen Museen in Bayern, hält kostengünstige Museumstage ebenfalls für ein gutes Instrument zur Demokratisierung von Kunst. Dass Berlin den Museumssonntag nun gestrichen hat, sieht er persönlich kritisch. Die Einsparungen stünden in keinem Verhältnis zum gesellschaftlichen Mehrgewinn eines solchen Angebots.
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