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Bayreuth: Zum Abschluss der Bayreuther Festspiele: Brünnhilde reckt den Stinkefinger

Bayreuth

Zum Abschluss der Bayreuther Festspiele: Brünnhilde reckt den Stinkefinger

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    Sopranistin Iréne Theorin bei der Götterdämmerung.
    Sopranistin Iréne Theorin bei der Götterdämmerung. Foto: Enrico Nawrath

    Normal bleibt Wut im Opernhaus von kurzer Dauer. Ist der Regisseur erst einmal nach der Premiere – wegen Missfallen – abgestraft, kehrt Standardapplaus ein. Aber beim neuen Bayreuther „Ring“ 2022? Auch in der dritten Aufführungsserie buhte das Publikum nun in breiten Salven nach einigen Akt-Schlüssen; erst recht nach der „Götterdämmerung“, in der sich der „Ring“ einfach nicht rundet. Dazu kam noch etwas anderes Außergewöhnliches: böses Blut um Brünnhilde.

    Letzte "Götterdämmerung" der Festspiele 2022: Etliche Hände ruhten beim Applaus für Brünnhilde Iréne Theorin

    Eigentlich hätte Iréne Theorin zufrieden sein dürfen mit dem Applaus nach ihrer auch artikulatorisch mäßigen Leistung: wenig Buh und Bravo, viel Klatschen, selbst wenn etliche Hände höflich ruhten. Brünnhilde gab sich aber nicht zufrieden. Sie tippte mit dem Finger in Richtung der wenigen Buhs, um dann den Stinkefinger zu recken. Das jedoch ging nach hinten los. Derart animierte sie die, die sich zuvor in Diskretion geübt hatten. Theorin erhielt, womit sie nicht gerechnet hatte: einen Buh-Orkan. Und zwar nach einer Art des Singens wegen der die Gattung Oper bedauerlicherweise nicht von allen geliebt wird. Das schmerzt doppelt.

    Es ist eine turbulente Saison, die so auf dem Grünen Hügel endet, geprägt von Sexismusvorwürfen um die Festspiele und von Corona-Fällen im Team. „Es war vor allem eine sehr anstrengende Spielzeit. Wir hatten über 100 Corona-Fälle und es grenzt an ein Wunder, dass wir wirklich jeden Tag spielen konnten“, sagt Festspiel-Chefin Katharina Wagner der Deutschen Presse-Agentur.

    Sexismusvorwürfe in Bayreuth: Die Festspiele wollen einen "Verhaltenskodex"

    Aus den Sexismus-Vorwürfen, die zu Beginn der Saison bekannt wurden, hat Wagner Konsequenzen gezogen: Die Festspiele wollen einen „Verhaltenskodex“ in alle Arbeitsverträge aufnehmen. Zudem soll es im Herbst Antidiskriminierungs-Workshops geben. „Wir überlegen, eine Whistleblower-Stelle einzurichten, an die man sich vertrauensvoll wenden kann“, sagt Wagner, die trotz allem von einer erfolgreichen Saison spricht.

    50.000 Zuschauer hatten die Festspiele seit ihrem Start am 25. Juli und waren damit laut Wagner „bis auf ein paar Restkarten für die Konzerte“ ausverkauft. Restlos begeistert war das Publikum aber nicht. Die „Ring“-Opern, die in diesem Jahr der Österreicher Valentin Schwarz neu auf die Bühne gebracht hat, ernteten in der Premierenwoche wahre Proteststürme.

    Leitung der Bayreuther Festspiele: Katharina Wagner ist nicht unumstritten

    Eine Debatte wird auch immer wieder um Katharina Wagner selbst geführt. Unumstritten war sie nie, seit sie die Leitung der Festspiele 2008 als Nachfolgerin ihres Vaters Wolfgang Wagner übernommen hat. Und wie es nach 2025, wenn der Vertrag mit der Urenkelin von Richard Wagner ausläuft, weitergeht, ist unklar. Klar ist dagegen nun: Die Festspiele werden die Dirigenten Semyon Bychkov und Daniele Gatti engagieren. Bychkov soll 2024 „Tristan und Isolde“ dirigieren, Gatti im Jahr 2025 die „Meistersinger von Nürnberg“.

    „Es gibt auf dem Grünen Hügel wirklich sehr viel Reformbedarf“, sagte nun Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Sie wünscht sich einfachere Strukturen und mehr Vielfalt. Das Bayreuther Publikum sei „kein Abbild unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft“. Auch junge Menschen seien deutlich unterrepräsentiert. (mit dpa)

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