Eigentlich ist das ja eine ganz und gar unwahrscheinliche Geschichte. Treffen sich fünf Männer, tief in den Vierzigern, mindestens, bei einer Party in Flensburg, kommen, nicht mehr ganz nüchtern, auf die Idee, miteinander Musik zu machen, irgendwie zwischen Folk und Rock und Schlager, samt Seefahrerromantik, frei nach dem Fachbegriff Shanty völlig aus der Zeit gefallen – und verkaufen gleich vom ersten Album weit über eine Million Exemplare, Helene-Fischer-Kategorie, als deren Vorband sie dann auch mal auftreten. Und das war ja erst der Anfang.
Santiano singen "Die Sehnsucht ist mein Steuermann"
Gut, ganz so zufällig was das zwar nicht, denn alle waren schon im Musik-, Schauspiel- oder Show-Business aktiv und trafen durch Einladung aufeinander. Aber dass daraus werden könnte, was tatsächlich geworden ist, hielt wohl trotzdem kaum jemand für möglich. Denn jetzt, zum zehnjährigen Jubiläum der Band blicken Männer zwischen 55 und 71, blicken Björn Both, Axel Stosberg, Hans-Timm Hinrichsen, Peter Sage und (der inzwischen aus Gesundheitsgründen weniger präsente) Andreas Fahnert auf eine lückenlose Reihe an sieben Nummer-1-Alben zurück, davon eines sogar in der legendären Serie "MTV unplugged" aufgenommen.
In den großen Volksmusiksendungen sind Santiano längst genauso zu Hause wie bei der Heavy-Metal-Kreuzfahrt. Und an diesem Freitag wird das passend zum Fest-Anlass erscheinende erste Best-of-Album samt ein paar neuer Songs aller Voraussicht nach als nächster Spitzenreiter in die Charts einsteigen. Allein der Titel unverkennbar: "Die Sehnsucht ist mein Steuermann", hach …
Das ist die Botschaft von Santiano
Diese Mischung aus Romantik und Fernweh gehört zum Erfolg dieser traditionsbewussten Marke – und ist wunderbar anschlussfähig an Schlagerrezepte, ebenso die Prisen an rockigem Abenteuertum und orchestral gefühligem Pathos. Und auch wer dann noch eine Botschaft will, ist richtig bei Santiano. Die nämlich, sagt Sänger Both, dafür stehen, dass sich letztlich alle wie an Bord eines Schiffes einer Schicksalsgemeinschaft zugehörig fühlen, mit anpacken, sich anständig aufführen … – so funktioniere die Band, so sollte auch eine Gesellschaft funktionieren. Völlig aus der Zeit gefallen, und mitten hinein in Bedürfnisse der deutschen Gegenwart. Ahoi!