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Foto: Andreas Brücklmair, Kunstsammlungen
Foto: Andreas Brücklmair, Kunstsammlungen

Karl Nicolai nach Joseph Mages: "Die Segnung des Friedens". Das Fresko war früher im Hotel Maximilian's und ist zerstört.

Ausstellung
02.06.2022

Was von der Augsburger Deckenmalerei geblieben ist

Von Richard Mayr

Das Schaezlerpalais zeigt gerade eine Ausstellung, die einen vielschichtigen Blick auf die barocke Deckenmalerei zulässt. Die war in Augsburg führend.

Wer es im 18. Jahrhundert als Augsburger Kaufmann oder Bankier zu Geld gebracht hatte, wer dazu in seinem Patrizierhaus etwas hermachen wollte, engagierte einen der Kunstmaler und ließ sich nicht nur die Hausfassade, sondern auch einzelne Decken im Haus bemalen: zum Beispiel im Treppenaufgang, zum Beispiel im Festsaal. Augsburg hat es nach der Verheerung des 30-Jährigen Kriegs im 18. Jahrhundert wieder zu Wohlstand gebracht, jedenfalls in der Oberschicht. Diejenigen, die das Geld besaßen, machten das auch deutlich. "Der Staat und Luxus ist hier so groß wie zu Frankfurt am Mayn." Das stellte der preußische Historiker Philipp Wilhelm Gercken fest, der sich im Sommer 1779 in Augsburg aufgehalten hatte.

Nachzulesen ist das in dem Beitrag der Stadtarchivarin Barbara Rajkay in dem Katalogband "Pax & Pecunia. Kunst, Kommerz und Kaufmannstugend in der Augsburger Deckenmalerei", der begleitend zur gleich betitelten Ausstellung im Schaezlerpalais erschienen ist. Die Kunstsammlungen werfen mit dieser Schau ein Schlaglicht auf einen eher unbekannten Bereich der darstellenden Kunst, gleichzeitig präsentieren sie damit ein Stück Stadtgeschichte, das durch die Bombennacht am 25. und 26. Februar 1944 in Teilen zerstört wurde.

Der Augsburger Künstler Karl Nicolai kopierte die Deckenfresken

Von vielen Fresken wüsste man heute nichts mehr, wenn der Augsburger Stadtrat ab 1936 nicht immer wieder Aufträge an den Augsburger Künstler Karl Nicolai vergeben hätte, Kopien von außergewöhnlichen Deckengemälden anzufertigen. Der erste dieser Aufträge kam zustande, weil der Stadtrat befürchtete, der Rugendas'sche Gartenpavillon am Unteren Graben könnte durch die Krankenhauserweiterung Schaden nehmen. Auf diesen Auftrag folgten weitere. Als ob die Nationalsozialisten damals in den 30er Jahren schon geahnt hätten, dass Deutschland unter ihrer Herrschaft bald einen neuen Weltkrieg beginnen würde, in dessen Folge große Teile Augsburgs in Schutt und Asche gelegt sein würden, ließen sie Nicolai die wichtigen Fresken bewahren. Seine Gouachen zu den Häusern, die im Krieg zerstört wurden, sind die einzigen Zeugnisse, die die Farbigkeit der Fresken wiedergeben. Von manchen existieren dazu auch noch Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Im Archiv der Kunstsammlungen schlummerten Nicolais Gouachen. Gebrauchskunst, die selbstredend kein Fall für die Dauerausstellung des Museums ist. Dazu handelt es sich um ein Konvolut, das erst durch Forschungsarbeit richtig zu glänzen beginnt. Eine Aufgabe, für die ein Museum wie die Kunstsammlungen gerne mit der universitären Forschung kooperiert, weil das personalaufwändig ist. Genau das geschah bei der Sonderausstellung "Pax & Pecunia". Prof. Angelika Dreyer und Dr. Andrea Gottdang vom Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Uni Augsburg kooperierten für diese Schau mit den Kunstsammlungen. Nur dass es nicht die beiden Wissenschaftlerinnen oder einer ihrer Doktoranden war, der sich auf das Thema stürzte, sondern ihre Studierenden.

Ein Bezug zu den Bildungsideen von einst

So wie Nicolais Gouachen in die Vergangenheit verweisen, hat auch die Idee von Dreyer und Gottdang, mit den Studierenden während ihres Studiums zu forschen, einen Bezug zu den Bildungsideen von einst. Dies entspringt nämlich nicht dem Punktesystem der Bachelor- und Masterstudiengänge nach den Bologna-Reformen an deutschen Universitäten, sondern nimmt die Idee von Wilhelm von Humboldt auf, der ein Ideal von Universität entwarf, in dem Dozenten und Studierende gemeinsam an Neuem forschen.

Genau das machten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer – nicht nur ein Semester, sondern einen Großteil ihres Studiums. Fast drei Jahre zog sich dieses Projekt hin. Im Schaezlerpalais können die Besucherinnen und Besucher die Ergebnisse sehen. Dazu gehören Raumbegehungen und Raumrekonstruktionen, dazu gehören Erklärungen, dass die Freskanten damals im Barock bewusst mit den Raumsituationen umgegangen sind, etwa im Treppenhaus des Schaezlerpalais, dessen Deckenfresko je nach Position im Treppenhaus unterschiedliche Figuren preisgibt, bis die Betrachterin oder der Betrachter oben angekommen alles auf einmal in den Blick nehmen können.

Man erfährt dann eben auch, wie ausgefeilt für damalige Verhältnisse die Bildsprache war. Erzählt wurde allegorisch, zum Beispiel im Roeckhaus (Maximilianstraße 51), wenn sich auf dem Fresko von Vitus Felix Rigl die Götter Merkur und Minerva begegnen. Die Idee dahinter lautet, dass Gerechtigkeit und Tugend die Grundvoraussetzung für den guten Handel sind. Ähnlich im Köpfhaus (Fuggerplatz 9), dort hat der Künstler Gottfried Bernhard Göz eine Allegorie des Handels in Szene gesetzt, auf der der Auftraggeber Christian Georg von Köpf auch stolz seinen Reichtum in Form prall gefüllter Geldsäcke darstellen lassen. Nur war Köpf dieser Reichtum nicht dauerhaft vergönnt, das Bankgeschäft ging durch Fehlinvestitionen Konkurs. Aber das Gemälde blieb erhalten.

Ausstellung "Pax & Pecunia" ist bis zum 11. September im Schaezlerpalais in Augsburg zu sehen. Geöffnet ist das Museum Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Der Katalog ist im Michael Imhof Verlag erschienen (200 Seiten).

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