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Galerie Josephski-Neukum: Die Zeichnung als leiser, intimer Gesang

Galerie Josephski-Neukum

Die Zeichnung als leiser, intimer Gesang

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    Mit einer Retrospektive auf das Werk von Karl Bohrmann zieht die Galerie am Alten Pfarrhof in Issing auch ein Resümee ihrer eigenen Tätigkeit.
    Mit einer Retrospektive auf das Werk von Karl Bohrmann zieht die Galerie am Alten Pfarrhof in Issing auch ein Resümee ihrer eigenen Tätigkeit. Foto: Karl Bohrmann

    Seit 1985, seit Jahrzehnten also, ist das alte Pfarrhaus in der Wessobrunner Straße von Issing nahe Landsberg ein ausgewiesener Ort hochrangiger Kunstpräsentation. Regional, national, international hervorstechende Künstlerinnen und Künstlern können hier auf Einladung des Galeristenpaares ihre Werke zeigen – und in einer angeschlossenen Druckwerkstatt auch verlegen lassen, was vielfach genutzt wird und – wie nebenbei – zur Existenz einer umfangreichen Sammlung zeitgenössischer Grafik führte, zu einem Kompendium jüngster Kunst rund um die Jahrtausendwende.

    Ende einer Ära: Galerie Josephski-Neukum muss weichen

    Nur: Mittlerweile ist das Ende dieser so privaten wie institutionellen Einrichtung mit eigenem Förderkreis eingeläutet. In gut drei Jahren werden die Josephski-Neukums das von der Gemeinde gemietete Pfarrhaus verlassen müssen; Issing war die notwendige Sanierung des Daches zu teuer, obwohl der Förderverein der Galerie eine sechsstellige Summe dazu beisteuern wollte. Das denkmalgeschützte Haus wurde an privat aus dem Münchner Raum verkauft. Ob vor Ort zumindest die Druckwerkstatt erhalten werden kann, bleibt vorerst offen. 

    Arbeit von Karl Bohrmann.
    Arbeit von Karl Bohrmann. Foto: Karl Bohrmann

    Die Tage der Galerie also sind gezählt, sie wird auch andernorts nicht fortgeführt, sagt Klaus Josephski, Jahrgang 1951. Zeit also, Resümee zu ziehen. Wer aber würde sich aus dem Stamm von annähernd 50 Künstlerinnen und Künstlern besser für einen Rückblick eignen als der deutsche Zeichner Karl Bohrmann, der von Josephski wiederholt erfolgreich präsentiert wurde? So erfolgreich mitunter, dass es bezüglich einzelner Arbeiten sogar zu hartnäckigen Konkurrenzen kam zwischen Erwerbungswilligen.

    Hoch respektiert ist Bohrmann mit seinen Zeichnungen in den bedeutendsten Graphischen Museumssammlungen Deutschlands vertreten – und blieb dennoch vor und nach seinem Tod 1998 ein leiser Künstler im Lande, sowohl was seine Musik anbelangt (Bohrmann war einst auch Komponist) als auch seine kleinen, leichten (doch nicht leichtgewichtigen!), intimen, lyrischen Papierarbeiten, die zuletzt auch krankheits- und schmerzbedingt im Zentrum seines Schaffens standen. Er konnte/kann wohl die Verehrung auch all der anderen namhaften Künstler, die in Issing gezeigt wurden und werden, in Anspruch nehmen, darunter Georg Bernhard, Andreas Bindl, Heinz Butz, Helmut Rieger, Richard Vogl, Willi Weiner. 

    Karl Bohrmann: Ein leiser Künstler im Rampenlicht

    Zum 25. Todestag Bohrmanns nun zeigt die Galerie Josephski-Neukum aus seinem Nachlass einen Querschnitt von Arbeiten, von der Miniatur bis zur mittelgroßen Malerei. Seine Königsdisziplin, der Frauenakt, ist mit wunderschönen Beispielen vertreten, ebenso das Stillleben mit Gläsern, die Landschaft (Gipfelketten!), Baum-"Porträts". Dazu kommen Fallschirme, Drachen, Häuser, Stühle, Schiffe. Und auch die Collage ist vertreten. Fast eine kleine Retrospektive. 

    Was wir sehen, sind Gedichte voller behutsamer Zeichen. Sie besingen variantenreich mit einem leisen, feinen, verinnerlichten Sopran eine stille Welt, den stillen Augenblick von in sich ruhenden weiblichen Figuren und Akten. Sie besingen in lyrischer Konzentration und mit zeichnerischen Aussparungen, die wie die Generalpausen in der Musik nachklingen, die Flüchtigkeit des Schönen. Verweile doch, du bist so schön, möchte man der außerhalb der Blätter wandernden Sonne zurufen. In seinen Miniaturen gelang Bohrmann gleichsam das Höchste: Er hielt das unsichtbar Mitschwingende fest. Ganz kleine Zeichnungen werden zu größter Kunst. 

    Laufzeit im Alten Pfarrhof Issing, Wessobrunner Straße 5: bis 17. Dezember sowie vom 6. bis 28. Januar. Geöffnet samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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