Selbst vor Barbie und ihrem Gefährten Ken machte der Trend nicht halt. Als „Draculaura“ und „Frankie Stein“ wurden die Monster-Puppen im Jahr 2010 zum Verkaufsschlager in Nordamerika. Und das bei der jüngsten Zielgruppe, die eigentlich noch im Kinderzimmer mit Puppen und Autos spielt. Doch die Werbestrategen des Mattel-Konzerns bauten auf die angstbesetzte Anziehungskraft der handlichen Monster, welche die Kids im Gothic-Style ankleiden oder ihnen Schreckens-Masken verpassen konnten. Allerdings ist die Faszination für alle Spielarten des Horrors kein amerikanisches Phänomen, sie hat auch im Kultur gesättigten Europa eine lange Tradition.
Egal, woran man denkt. Ob an Goethes Walpurgisnacht im „Faust“ oder an den Salzburger „Jedermann“, an das Genre des Horrorfilms, das bereits in der Stummfilmzeit mit Fritz Langs „Dr.Mabuse“ einsetzte, mit Figuren wie Dr. Caligari, Dracula und Nosferatu noch immer präsent ist und bis zum Kultfilm „The Rocky Horror Picture Show“ reicht. Ob man den harten Heavy Metal Sound im Ohr hat oder mit Ketten behangene Grufties im schwarzen Friedhofs-Look assoziiert. Oder die Bilder eines Böcklin, Füssli, Kubin und Klinger vor Augen hat.
Das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt spürt der Faszination des Horrors nach
Diesem Phänomen spürt eine echte Grusel-Schau nach, welche das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt zusammen mit dem Kunstpalast Düsseldorf unter dem Titel „Tod und Teufel“ entwickelt hat. Mithilfe von circa 120 Exponaten wird die Bandbreite aller Genres abgedeckt, die sich Strategien zur Visualisierung des Unheimlichen angeeignet haben. Das Spektrum reicht von Gemälden und Skulpturen über Fotografien und Plakate bis zu Mode und Design, ja selbst Plattencover zitieren den popkulturellen Hang zur Morbidität. Da erscheint der Hit „Sympathy for the Devil“, den die Rolling Stones im Jahr 1968 landeten, noch immer aktuell; selbst Popstars wie Lady Gaga oder Billie Eilish spielen mit dem modischen Hang zum Monströsen.
Die Ausstellung setzt mit einem Prolog ein, der den Blick zurück in die ästhetischen Schreckenskammern öffnet, also Dämonen des Mittelalters und der Renaissance auferstehen lässt. Zwar verurteilten diese durch Vanitas- und Memento-mori- Darstellungen meist das sündige Verhalten ihrer Protagonisten, doch ist die heimliche Lust am Verbotenen, der Kitzel des Grusels deutlich spürbar.
Auch die Vertreter der Früh – und Spätromantik, wie beispielsweise Franz Kramer mit seiner Komposition „Faust und Mephisto auf dem Blocksberg“, Friedrich Wilhelm von Schadows schauerliches Triptychon „Das jüngste Gericht“ und Eugen Brachts Angst einflößende „Gestade der Vergessenheit“ sind passende Beispiele aus der Kunstgeschichte. Dazu zählt auch die Maske der schönen „Unbekannten aus der Seine“.
Auch Modeschöpfer ließen sich von Hexen und Monstern inspirieren
Der eigentliche Fokus im optisch-akustischen Horrorkabinett liegt jedoch auf den letzten Jahrzehnten. Er artikuliert sich in Mode-Kreationen wie einer schwarz seidenen Trauerrobe im viktorianischen Stil oder einem Plastik-Flügelkleid mit Katzenmaske, beide von Modeschöpfer Gareth Pugh. Rick Owens Ganzkörper-Installation sperrt den Träger in eine tragbare Maschine, während Thom Browne einfach das Knochengerüst des Todes auf ein elegantes dunkles Kleid aufmalt. Auch Viktor & Rolf enterten den Trend mit der Kollektion „Look Death“, während sich Rei Kawakubo vom Label „Comme les Garcons“ von Monstern und Hexen inspirieren ließ.
Zu den aufregendsten Accessoires zählen ohne Zweifel die mit Glitzersteinen besetzten Totenkopf-Ringe der Star-Designer Vivienne Westwood und Alexander McQueen, die stark an Damien Hirsts Objekte angelehnt scheinen. Verrückt auch ein Schnabelschuh aus Leder und Ahornabsatz, welcher der Trägerin ein sicheres Auftreten abverlangt.
Neben vielen Originalen demonstrieren zahlreiche Fotografien, was die Szene trägt: All Over Tattoos wie Dmitry Smirnows „Zombie Boy“, Piercings im ganzen Gesicht oder getürmtes Haar, Hundehalsbänder und schwere Eisenkreuze als Schmuck oder einfach nur Blut in allen Variationen ins Gesicht gemalt. Auch die bildende Kunst ist mit verstörenden Exempeln vertreten: darunter ein altmeisterlich anmutender Zyklus von Stillleben, auf denen Mat Collishaw die Henkersmahlzeiten zum Tode verurteilter Amerikaner darstellt, „Bona fide“, eine makabre Tötungsmaschine von Vera Lewandowsky oder King Cobras Silicon-Skulpturen, welche abgetrennte Körperteile schwarzer Frauen nachbilden. Alles politisch inkorrekte Regelbrüche, die keinen Betrachter kaltlassen
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, Brückenstr. 20, bis 20. Oktober, Di 10-20, Mi-So 10-17 Uhr
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