"Deine Antipathie hat mich lange erstaunt, jetzt ergibt alles Sinn, du hast einfach Angst vor Frauen", singt Charlotte Brandi im Opener ihres neuen Albums "An den Alptraum". Die langjährig erfahrene Künstlerin, die schon vor ihrer Solo-Karriere mit dem Duo "Me and My Drummer" erfolgreich war, ist aufgeregt. Es waren viele erste Male in der Produktion ihres zweiten Albums: die erste Produktion komplett ohne Männer, das erste feministische Konzeptalbum und alles auch noch auf Deutsch statt Englisch.
Das Album wirkt alles andere als langweilig. Die 37-Jährige verbindet experimentellen Art-Pop-Sound mit feministischen Texten. "Meine Musik füllt eine Lücke in der deutschen Musiklandschaft und findet sich irgendwo zwischen Hildegard Knef und Schubert in einer neuen Art Poesie zu schreiben wieder", erzählt die Künstlerin im Interview der Deutschen Presse-Agentur treffend. Dabei orientiert sie sich an der amerikanischen Indie-Szene, die sie mit einem "ganz sweeten Mix aus alten Neunziger-Einflüssen und siebziger-Vibes" bis hin zu Abstechern in Mittelalter-Sounds musikalisch übersetzt.
Der Titel des Albums ist inspiriert vom feministischen Sammelband "Eure Heimat ist unser Alptraum". "Ich fand diese Gegenüberstellung so spannend, dass sich das Lebensziel des Einen zum Alptraum der Anderen entwickeln kann", so die Künstlerin. Ihr Alptraum wäre dabei wohl ein konservativer Lebensstil - Hausfrau, Kinder, Gartenzaun.
Frauen ermutigen
Trotzdem grenzt sie sich von ihren Texten ab, wenn sie über eine zerrissene Gegenwart, den Tod, Angst und Geld singt. "Das lyrische Ich ist nicht mein echtes Ich", sagt Brandi lächelnd. Was ihr aber bei jedem Text wichtig war: ihr eigener Feminismus, "der mich leitet, wie ein Navigationssystem".
Denn das Album soll vor allem Frauen ermutigen, mehr Projekte mit weiblichen Künstlerinnen umzusetzen. "Es soll auch ein Statement sein, ein Symbol und Türöffner", sagt Brandi. "Für junge Personen und auch für junge Mädchen, die musikbegeistert sind und denken: Was? Bei der Musik war kein Mann dabei? Das darf man?" Auch wenn sich die Suche nach weiblichen Musikschaffenden nicht leicht gestaltet habe, da die Branche immer noch sehr männlich dominiert sei.
Sie selbst habe die Produktion vor allem künstlerisch weitergebracht. "Ich musste zum Beispiel nicht zuerst einem Männer-Ego schmeicheln, bevor wir loslegen konnten. Es war viel fokussierter und effizienter."
(Von Ann-Marie Utz, dpa)