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Jakob-Fugger-Porträt: Wie echt ist dieser Dürer?

Jakob-Fugger-Porträt

Wie echt ist dieser Dürer?

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    Jakob Fugger der Reiche, zu sehen in der Staatsgalerie Augsburg. Ein eigehändiger Dürer - oder nicht?
    Jakob Fugger der Reiche, zu sehen in der Staatsgalerie Augsburg. Ein eigehändiger Dürer - oder nicht? Foto: xxx

    In der Staatsgalerie Augsburg hängt zentral eine Ikone Augsburger Kunst. Sie zeigt einen berühmten Bürger der Stadt und ist so stark im kollektiven Gedächtnis verhaftet, dass mit ihr auch Werbung getrieben wird. Jakob Fugger mit roter Sonnenbrille, Jakob Fugger mit Sombrero. Nun ja.

    Betrachtet man das Bild im Original und schaut dann unten auf die Erläuterung, so liest man: "Albrecht Dürer, 1471 - 1528, Jakob Fugger der Reiche". Das ist eindeutig.

    Nun ist aber kürzlich ein neuer Bildband des Kunsthistorikers Norbert Wolf (*1949) über Dürer herausgekommen. In ihm befindet sich ein Gemälde-Werkverzeichnis zum Nürnberger Meister - und daran angehängt eine Abteilung "Fragliche Werke" - unter die sich unser Jakob Fugger im Pelzmantel einreiht. Mehr noch: Deutlich wird dort auch, dass Norbert Wolf unter Kunstgeschichtlern nicht alleine steht mit seinen Zweifeln an der eigenhändigen Autorenschaft Dürers.

    "Schwächen in der

    Gestaltung des Pelzes"

    Denn er verweist auf seine Kollegin Gisela Goldberg, die bereits 1998 zu dem Urteil kam: "Die erstarrt und unbewegt wirkende Physiognomie des Bildes deutet auf eine Wiederholung hin, die Dürer selbst kaum zuzuschreiben ist". Weiter stellte sie "Schwächen in der Gestaltung des Pelzes" fest - sowie eine vom Maler unverstandene "dunkle Partie links am Zwickel". Goldberg folgert aus all dem: Vielleicht ist die Malerei in der Werkstatt Dürers als Kopie eines verschollenen Urbilds entstanden.

    Nun ist Gisela Goldberg nicht irgendwer. Sie war einst zuständig für die altdeutsche Malerei bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München - denen das Bild ja gehört! Uberdies verwies Goldberg wiederum in ihrer Publikation auf eine Reihe von Zweiflern seit dem großen Kunsthistoriker Max Friedländer (*1867).

    So kommt also niemand umhin, folgende Fragen zu stellen: Gehört bei der Bild-Beschriftung in der Augsburger Staatsgalerie nicht zumindest ein Fragezeichen hinter den Namen von Dürer gesetzt? Muss nicht redlicherweise auf die geäußerte Skepsis reagiert werden?

    Diese Frage geht an Martin Schawe, Referent für altdeutsche/altniederländische Kunst bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, mithin Nachfolger von Goldberg. Er sagt klipp und klar: "Das ist ein großartiges Porträt; dieses Bild ist zu gut, als dass man es herabstufen sollte; es ist wahrhaftig."

    Somit steht Aussage gegen Aussage - wodurch die Angelegenheit nicht einfacher wird. Indessen erklärt Schawe: "Man kann in dieser Sache nicht eindeutig Stellung beziehen, weil es Unwägbarkeiten gibt". Und er spricht den teilweise mäßigen Erhaltungszustand des Bildes an, vor allem aber dessen Technik und Funktion: "Dies ist eine Tüchlein-Malerei, ein mobiles Medium auf ungrundierter Leinwand, das normalerweise gar nicht ausgestellt wird." Schawe selbst reiht sich unter jene Kunsthistoriker ein, die die Funktion der Tüchlein-Malerei darin begreifen, dass mit ihr in Folge einer Vorzeichnung auf Papier eine Art fortgeschrittener Entwurf, eine Vormalerei dem Auftraggeber vorgelegt wurde - zur Absegnung bzw. für Änderungswünsche. Diese Vormalerei aber, so Schawe, müsse noch nicht perfekt sein, zumal nicht in der Darstellung des Pelzes. Das Gesicht selbst jedoch, das vergleichsweise gut erhalten sei, könne in seiner "Sprödigkeit" doch die Strenge und den prüfenden Blick Jakob Fuggers psychologisieren.

    Für Schawe gibt es indessen eine andere Ungereimtheit bei dieser Malerei: Dass nämlich der Kopf Fuggers wie aufgepfropft wirke auf den Rumpf. Er sei also auch selbst vorsichtig, was eine eindeutige Dürer-Zuschreibung anbelange, aber das müsse sich nicht in der Objektbeschreibung spiegeln. Schawe: "Bevor ich das Bild der Dürer-Werkstatt zuordne, würde ich auch gerne mehr über die Werkstatt Dürers in der Zeit um 1520 wissen. Es gibt keine Beweise, dass Dürer das Porträt nicht gemalt hat, nur Einschätzungen. In unserem Fach aber besteht Einigkeit darüber, dass man bei gleichem Kenntnisstand gegenteiliger Meinung sein kann." Von Rüdiger Heinze

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