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Wettbewerb in Augsburg: Zum ersten Mal ein Mann - Joshua Brown gewinnt Mozart-Violinwettbewerb

Wettbewerb in Augsburg

Zum ersten Mal ein Mann - Joshua Brown gewinnt Mozart-Violinwettbewerb

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    Mozartpreisträger Joshua Brown (links) mit Karisa Chiu und Kaoru Oe.
    Mozartpreisträger Joshua Brown (links) mit Karisa Chiu und Kaoru Oe. Foto: Christian Menel

    Mögen Männer nach wie vor in Parlamenten und Manager-Etagen die drückende Mehrheit stellen, bei Geigenwettbewerben ist das längst nicht mehr der Fall. Schon gar nicht beim Augsburger Leopold-Mozart-Violinwettbewerb. In dessen nun drei Jahrzehnte währender Geschichte hatte bisher einmal ein Mann den 1. Preis gewonnen. Seither waren, sieben Mal in Folge, stets Frauen an der Spitze des internationalen Wettbewerbs gestanden. Jetzt aber, bei der 10. Auflage der Violinistenkonkurrenz, hat sich das Blatt gewendet: Zum ersten Mal seit 1991 gibt es mit Joshua Brown wieder einen männlichen Mozartpreisträger. Und gleich noch eine Dominanz wurde mit der Vergabe des mit 20.000 Euro dotierten Hauptpreises an den US-Amerikaner zumindest unterbrochen: Dass nämlich die Preisträger(innen) beim Augsburger Wettbewerb weit überwiegend aus Asien stammen.

    Wobei Asien bei diesem Jubiläumswettbewerb am Ende doch wieder die Nase recht weit vorne hatte. Ging doch der dritte Preis (9000 Euro) mit Kaoru Oe an einen Japaner. Und die Zweitplatzierte Karisa Chiu (12.000 Euro) ist zwar Amerikanerin, doch mit chinesischen Wurzeln. Blickt man zudem auf den gesamten Wettbewerb mit seinem anfänglich 24 Teilnehmer umfassenden Feld, dann waren auch diesmal wieder die Geigengroßmächte im Fernen Osten zu finden:

    Viel zu tun für die Teilnehmer des Finales des Mozart-Violinwettbewerbs

    Zum Profil des künstlerisch von Linus Roth verantworteten Wettbewerbs gehörte die drastische Reduzierung der eingeladenen Teilnehmer sowie die Verkürzung der Wettbewerbsrunden. Nach nurmehr zwei (statt bisher drei) Ausscheidungsdurchgängen war nun das Finale angesetzt, das am Freitag öffentlich im Kongress am Park stattfand. Die neue Struktur brachte es mit sich, dass das frühere Halbfinalprogramm – das große, meist dem 19. Jahrhundert entstammende Solokonzert mit Orchester – nun in die Endrunde vorgerückt und dort mit dem obligatorischen Konzert von Wolfgang Amadé Mozart zusammengespannt war. Ein stattliches Pensum, das für jeden der drei Finalteilnehmer ein rund eineinviertelstündiges Konzertieren zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Augsburgs GMD Domonkos Héja bedeutete.

    Kaoru Oe, 1994 geboren, war der erste, der am Freitag Abend anzutreten hatte. Er hatte sich für Mozarts A-Dur-Konzert entschieden. Schnell war klar, dass Oe ein Geiger ist, der nach dem effektvollen Ausdruck sucht, wofür jedoch Mozart nicht eben ergiebiges Terrain bietet, und so war deutlich zu spüren, wie sehr er sich im „türkischen“ Teil des Finalsatzes darüber freute, doch einmal tüchtig Sound entwickeln zu können. Letztlich aber blieb Oe bei Mozart floskelhaft, merklich fand er keinen Zugang zu dessen spezifischer Klangrede. Deutlicher wohler fühlte er sich im Violinkonzert von Brahms. Doch auch hier fiel, bei allem packenden Zugriff, über den dieser Schüler von Christian Tetzlaff an der Kronberg Academy zweifelsfrei verfügt, das Beharren auf konventionelle Gesten auf, gelegentliche technische Probleme (Intonation) kamen hinzu.

    Joshua Brown (*1999), die Nummer zwei in der Auftrittsfolge, bot mit Mozarts G-Dur-Konzert einen denkbar starken Kontrast zu Oe. Mit fein geschnittenem Ton war sein Spiel von Zurückhaltung geprägt, die Ecksätze hätten durchaus ein wenig mehr Spritzigkeit vertragen können. Doch punktete er mit penibler Artikulation, lebendiger Dynamik und viel Sinn für die Rhetorik dieser Musik. Doch es war wohl nicht Mozart, was diesen am New England Conservatory in Boston ausgebildeten Geiger am Ende triumphieren ließ, sondern Tschaikowsky. Dessen D-Dur-Violinkonzert muss oft genug für Virtuosenkitsch herhalten. Brown hingegen verzichtete auf vordergründige Klanganreicherung und setzte lieber auf erzählerische Aussage, sogar in der großen, technisch ausgezeichnet gemeisterten Kadenz des ersten Satzes. Zudem vermag er auch in leisen, geigerisch wenig spektakulären Momenten zu bezwingen wie im Dialog mit der Klarinette im langsamen Satz des Konzerts. Nach diesem Tschaikowsky war klar: Die Kandidaten für den Mozartpreis hatten sich auf zwei verkürzt.

    Die Jury hatte sich schnell auf ein Ergebnis verständigt

    Wie aber würde die 19-jährige Karisa Chiu spielen? Der Studentin am Curtis Institute in Philadelphia gelang der wohl rundeste Mozart des Finales (mit dem D-Dur-Konzert KV 218), leuchtend und mit viel Frische dargeboten – und doch letztlich zu herkömmlich in Szene gesetzt, um Entscheidendes zu bewirken. Auch Chiu hatte sich für Brahms entschieden, und fraglos verfügt sie über eine reiche Palette zur Darstellung der Charakterbilder dieses Konzerts. Doch fehlt der Geigerin noch die eigene gestalterische Handschrift – gerade an diesem Punkt ist ihr Joshua Brown voraus. Und so war sich die mit 14 Experten üppig besetzte internationale Jury unter Vorsitz von Benjamin Schmid – er war der Augsburger Mozartpreis-Gewinner von 1991 – schon nach einer Beratung von gerade mal einer halben Stunde einig, wie die Rangfolge der Preisträger gestaffelt sein soll.

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