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Corona-Krise: Was der Lockdown für das Kultur-Publikum bedeutet

Corona-Krise

Was der Lockdown für das Kultur-Publikum bedeutet

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    Wenn die Kulturstätten durch Corona belegt sind, bleibt dem Publikum nur der Rückzug in die eigenen vier Wände.
    Wenn die Kulturstätten durch Corona belegt sind, bleibt dem Publikum nur der Rückzug in die eigenen vier Wände. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Druckfrisch liegt das Faltblatt in den Händen, das Papier riecht noch nach Farbe. Unter dem Signet des Staatstheaters Augsburg steht auf dunkelgrünem Grund in dicken Lettern „November“ – der Leporello listet das Programm des Staatstheaters für eben diesen Monat auf, wie immer sortiert nach den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Ballett, Konzert und weiterem Angebot, nicht weniger als sechs Premieren sind verzeichnet. Das alles wird es im November nun nicht geben, zumindest nicht als übliche Live-Veranstaltung.

    Wie der November-Kalender des Augsburger Theaters sind zuletzt in stattlicher Zahl Flyer erschienen von dutzenden Bühnen und diversen Veranstaltungsreihen, die sämtlich für die kommenden Wochen Kultur im direkten Kontakt mit dem Publikum versprachen. Doch außer gewesenen Spesen wird jetzt nichts so sein, wie es sollte.

    Deutschland bekommt seinen zweiten Lockdown, folglich muss auch die Kultur wieder zusperren – Theater und Museen, Kinos und Konzerthäuser, Bühnen jeglichen Zuschnitts. Die Folgen für die Künstler sind gravierend, für die nicht festangestellten buchstäblich existenzbedrohend. Das ist die eine, die ganz besonders schlimme Seite. Daneben steht eine andere, in welcher der Lockdown zwar nicht ans nackte Überleben rührt, wohl aber ebenfalls bittere Folgen mit sich bringt. Die Rede ist von der großen Gruppe derjenigen, die die Darbietungen der Künstler rezipieren (und in verschiedener Form auch honorieren). Es ist das Publikum.

    Streaming einer Theateraufführung ist letztlich Abklatsch

    Als Konzertbesucher oder Kabarettfreund, Bildbeschauer oder Schauspielliebhaber, als Clubgänger oder Opernconnaisseur, wie hatte man sich auf diesen Herbst gefreut. All das, was im Frühjahr zur Zeit des ersten Lockdowns und auch noch im Sommer während der Folgenabwicklung so vermisst worden war, schien jetzt wieder möglich zu sein. Die Kunst und ihre Schöpfer endlich wieder greifbar nahe, endlich Darbietungen in Interaktion, in einer Atmosphäre des Hin und Her zwischen Bühne und Saal, Saal und Bühne.

    Merklich noch sitzt uns die Erfahrung der ersten Hälfte dieses Jahres in den Knochen. Verbannt sein ins Zuhause und sich herumschlagen müssen mit Substituten. Vornehmlich virtuellen. Es war die Stunde des digitalen Anything goes, Musiker stellten ihre Wohnzimmer-Auftritte bei Youtube ein, große Häuser kramten in den Archiven und holten betagtes Aufnahmematerial hervor, Museen luden zu virtuellen Rundgängen ein. Schnell jedoch war dem konsumierenden Kulturfreund klar, dass das digital Aufgetischte allenfalls in der Lage war, Analoges abzubilden, nicht aber, es vollwertig zu ersetzen. Das Streaming einer Theateraufführung ist letztlich Abklatsch, der Kinofilm im Home-TV kommt nicht ans Kino ran.

    Trickreiche Konzepte kommen nicht zum Einsatz

    Für ihre gerade erst angelaufenen neuen Spielzeiten hatten sich insbesondere die Theater erheblich die Köpfe zerbrochen. Hatten Spielpläne ausgeklügelt, die unter den gegebenen Bedingungen Aufführungen ermöglichen sollten mit Stücken, die keinen übergroßen Personaleinsatz erforderten und sich auch in ihrer Vorstellungsdauer im gebotenen Rahmen hielten. Hatten darüber hinaus trickreich Abstands- und Hygienekonzepte entwickelt, wie dem Publikum Teilhabe ermöglicht werden sollte, ohne dass es sich dabei erhöhter Infektionsgefahr aussetzen muss. Die wenigen Aufführungen mit ihren maximal 200 Besuchern, die in den vergangenen Wochen noch stattfinden konnten, hatten auch tatsächlich gezeigt, dass man sich als Theater- oder Konzertgänger sehr wohl sicher fühlen konnte, allemal sicherer als bei jedem Gang in den Supermarkt.

    Doch den Gang zur Kultur wird es erst einmal nicht wieder geben. Im dunklen Monat November, klassische Zeit der Indoor-Veranstaltungen, der großen Premieren, der bedeutenden Filmstarts, des wohligen Museumsbummels, wenn’s draußen schauert – in diesem November 2020 ist man zur Kulturbegegnung erneut in die eigenen vier Wände verwiesen. Schon ploppen sie wieder auf, die Fingerzeige, wo man sich überall einloggen könne und solle, um diese und jene Veranstaltung gestreamt geliefert zu bekommen. Wer das am Abend seinen durch die Tagesarbeit bildschirmgestressten Augen nicht zumuten will, wird sich auf der Suche nach kulturellen Gegengewichten wohl wieder verstärkt dem Buch zuwenden, wie schon beim Lockdown im Frühjahr.

    Sieht ganz danach aus, als ob uns nach dem Sommer der Hoffnungen auf eine neu anlaufende Live-Kultur nun der November unseres Missvergnügens ins Haus steht. Bleibt nur das Stoßgebet, dass daraus nicht ein ganzer Winter werden möge.

    Lesen Sie dazu auch: Hollywood-Insider prognostiziert: "Die Filmflaute kommt 2021"

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über das Augsburger Liliom-Kino an, die wir Anfang 2020 aufgenommen haben:

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