Im Streit um den neuen Intendanten der Volksbühne versucht die Berliner Kulturverwaltung, die Wogen zu glätten. Sie will mit allen Beteiligten das Gespräch suchen. Sie nehme die Kritik am neuen Intendanten Chris Dercon "sehr ernst", die Sorgen seien aber unbegründet, teilte die Kulturverwaltung am Dienstag mit. Es gehöre zu ihrem Selbstverständnis, sich die Pläne neuer Intendanten aufmerksam anzuschauen. Das werde sie auch bei Dercon so handhaben.
Volksbühne Berlin: Kritik an neuem Intendanten Chris Dercon
Zahlreiche Theatermitarbeiter hatten am Montag in einem offenen Brief befürchtet, dass es an der Bühne einen Stellenabbau sowie keine neuen Formen und künstlerischen Herausforderungen geben werde. Dercon, ehemaliger Direktor des Londoner Museums Tate Modern, soll im Sommer 2017 Nachfolger des langjährigen Intendanten Frank Castorf werden. An der Ernennung des Belgiers hatte es bereits viel Kritik gegeben. Seine Gegner fürchten, der Museumsmann könnte aus dem Theater eine "Eventbude" machen.
Die Kulturverwaltung betonte, die im Brief angesprochene Personalvollversammlung im April sei keine Programmkonferenz gewesen. Dercon und seine Programmdirektorin Marietta Piekenbrock würden ihre Pläne im Frühjahr 2017 veröffentlichen. "Alle Abteilungen und Werkstätten des Hauses bleiben erhalten, der aktuelle Stellenplan wird nicht gekürzt, sondern sogar aufgestockt." Das Haus werde auch künftig mit einem eigenen Ensemble arbeiten.
Chris Dercon: Es werde keinen großen personellen Umbruch geben
Auch Dercon selbst meldete sich in der Mitteilung zu Wort: "Wir planen ein Programm, das Brücken schlägt von der Gegenwart in die Geschichte des Theaters und in die Geschichte der Volksbühne. Dieses einzigartige Theater hat bisher in jeder Generation Revolution gespielt - und immer erscheinen die Verhältnisse nachher noch beweglicher als zuvor!" Es werde weder einen großen personellen Umbruch geben noch seien die verschiedenen Gewerke in Gefahr.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sagte: "Es ist nicht unproblematisch, aber auch nicht ungewöhnlich, dass Änderungen wie der geplante Leitungswechsel an der Volksbühne so viel Unruhe auslösen." Dann folgt eine leise Mahnung mit Blick auf das Profil der Bühne: Sie könne allen Beteiligten nur raten, "die markante Tradition dieses Theaters, sein künstlerisch-soziales Profil und seine Eigenart auch vor dem Hintergrund der Kulturangebote des Bundes in Berlin sensibel im Blick zu behalten".
Berliner Volksbühne: Viele wollen Dercon als Intendanten verhindern
Der Theaterchef Claus Peymann forderte den Berliner Regierungschef Michael Müller (SPD) auf, Dercon als neuen Intendanten der Volksbühne zu verhindern. Der Regierende Bürgermeister solle einen "Fehler einsehen und korrigieren", schrieb der Intendant des Berliner Ensembles. Müller solle sich mit Dercon einigen und ihn auszahlen. "Das kostet erheblich weniger als seine unsinnigen Pläne." dpa