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US-Choreograf Merce Cunningham mit 90 gestorben

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US-Choreograf Merce Cunningham mit 90 gestorben

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    US-Choreograf Merce Cunningham mit 90 gestorben
    US-Choreograf Merce Cunningham mit 90 gestorben Foto: DPA

    Seine bahnbrechenden Werke, geprägt vom Dadaismus bis zur Postmoderne, finden sich heute im Repertoire aller wichtigen Ballett- und Tanztheater der Welt. An den führenden Bühnen Europas gastierte Cunningham mit seiner Kompagnie, in Deutschland unter anderem in Frankfurt, München und Berlin. 2005 erhielt er die renommierte Auszeichnung Praemium Imperiale, die als Nobelpreis der Künste gilt.

    Der in Manhattan lebende Künstler sei am Sonntag friedlich in seinem Haus gestorben, teilte die nach ihm benannte Stiftung in New York mit. Cunningham hatte erst am 16. April seinen 90. Geburtstag gefeiert. Bis zum Schluss hemmten weder Arthritis noch Alter seine unbändige schöpferische Fantasie. Mit der 1953 gegründeten Merce Cunningham Dance Company schuf er fast 200 Werke. Geehrt wurde der Meister des Tanzes mit zahlreichen Auszeichungen, darunter Ehrendoktorwürden, der Laurence Olivier Award oder der Goldene Löwe bei der Biennale in Venedig 1995.

    Neben Martha Graham und George Balanchine galt er als der einflussreichste Tänzer und Choreograf in den USA. Der 1919 in dem kleinen Ort Centralia im US-Bundesstaat Washington geborene Künstler löste immer wieder neue ästhetische Trends. Er führte die Pop-Art und das Happening in die Welt des Tanzes ein, erfand Mixed Media und das Nicht-Ballett.

    "Ich bin kein Tänzer geworden, ich habe schon immer getanzt", sagte er schlicht. Und seine Mutter erzählte in dem TV-Dokumentarfilm "A Lifetime of Dance", wie er schon als Vierjähriger am Sonntag den Mittelgang in der Kirche entlangtänzelte. Seitdem ließ ihn diese Leidenschaft nicht wieder los.

    Als Teenager lernte er Gesellschafts- und Stepptanz, kam dann zu Martha Graham, bei der er bis 1945 Solotänzer war. In den 50er Jahren gründete er seine eigene Tanzgruppe, mit der er auf der ganzen Welt Triumphe feierte. Noch 1999 tanzte er an seinem 80. Geburtstag in New York gemeinsam mit Michail Baryschnikow auf der Bühne in New York das "Occasion Piece".

    Zu Beginn seiner Karriere lobten ihn die Kritiker als "schönsten lyrischen Tänzer Amerikas", sie bewunderten seinen Fußspann, seinen langen Rücken und die gewaltigen und doch so leicht wirkenden Sprünge. Später waren seine Kreationen für das Publikum nicht immer leicht zu verdauen.

    In Cunninghams Stücken gibt es keine stringente Handlung, keine Einheit von Musik und Tanz, keine Perspektive, keine ausgedachte Logik, sondern nur organische Bewegung: "Meine Choreografien haben nichts mit Denken zu tun. Ich arbeite nicht mit Bildern oder Ideen, ich arbeite mit dem Körper", sagt er.

    Einsteins Relativitätstheorie inspirierte sein Grundkonzept: "Ich habe Einstein durch puren Zufall gelesen, wo er sagt, dass es keine festen Punkte im Raum gibt, und ich dachte: Das passt perfekt zu meiner Meinung vom Raum auf der Bühne. Wo man auch immer steht, ist das Zentrum."

    Seinen kongenialen Partner fand Cunningham im Musiker und Komponisten John Cage, mit dem er bis zu dessen Tod über 50 Jahre lang zusammenarbeitete und -lebte. Sie hatten sich 1938 an der Cornish School of the Arts in Seattle kennengelernt und zahlreiche Projekte gemeinsam geschaffen.

    Tanz, Musik, Kulissen, Kostüme und Licht sind für Cunningham eigenständige Kunstwerke, die sich nicht aufeinander beziehen. Zahlreiche Künstler wie Jasper Johns und Robert Rauschenberg fühlten sich von diesem freien Ansatz angezogen. Pop-Art-Maler Andy Warhol beispielsweise schuf für Cunningham ein Bühnenbild aus mit Helium gefüllten Silberkissen.

    Einen Monat vor seinem Tod regelte Cunningham seinen Nachlass. In einem "Living Legacy Plan" legte er fest, was mit seinen Werken geschehen soll, wenn er die Merce Cunningham Dance Company nicht mehr leiten kann. Demnach soll die Cunningham Dance Foundation in einen Trust überführt werden, der die Kompagnie zwei Jahre lang leitet und eine Welt-Tournee mit der letzten Station in New York organisiert.

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