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Trailer und Kritik: Wim Wenders "Grenzenlos": Dem Glück so fern

Trailer und Kritik

Wim Wenders "Grenzenlos": Dem Glück so fern

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    Bald werden sie Kontinente trennen: Die erste Begegnung von Danielle (Alicia Vikander) und James (James McAvoy) am Strand.
    Bald werden sie Kontinente trennen: Die erste Begegnung von Danielle (Alicia Vikander) und James (James McAvoy) am Strand. Foto: Submergence SARL

    Mit fast 73 Jahren denkt Wim Wenders noch längst nicht an seinen Ruhestand als Filmemacher. Gerade erst hat er mit „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ dem katholischen Pontifex ein dokumentarisches Denkmal gesetzt und ganz nebenher die drängendsten Fragen zur Zukunft der Menschheit erörtert. Nun begibt sich Wenders wieder auf das Terrain der Fiktion.

    "Grenzenlos" von Wim Wenders startet im Kino

    In „Grenzenlos“ adaptiert Wenders nun zusammen mit Drehbuchautor Erin Dignam den gleichnamigen Roman von J.M. Ledgard für die Leinwand. Die alles andere als dialogisch angelegte Buchvorlage verknüpft die Lebensläufe eines Geheimagenten, der in Somalia in Gefangenschaft von Dschihadisten gerät, und einer Biomathematikerin, die vor Grönland auf dem Meeresgrund nach dem Ursprung des Lebens forscht, in einer Liebesgeschichte miteinander.

    Die Welten, in denen sich Danielle (Alicia Vikander) und James (James McAvoy) zu Beginn des Filmes wiederfinden, könnten kaum kontrastreicher sein. Nur durch ein kleines Loch in der Mauer kann James aus dem Verlies heraus seinen Arm nach draußen strecken, wo ein afrikanischer Junge ihm eine am Strand aufgelesene Garnele in die bettelnde Hand gibt. Immer wieder wird der Gefangene zum Verhör herausgezerrt und beteuert, dass er als Wasserbauingenieur und nicht als Spion ins Land gekommen sei. Derweil bereitet sich Danielle auf einem Forschungsschiff im Nordatlantik für eine Unterwassermission vor, auf die sie ihr ganzes Forscherinnenleben hingearbeitet hat. Aber es fällt ihr schwer, sich auf das Projekt zu konzentrieren, weil sie von James seit Wochen kein Lebenszeichen gehört hat.

    Von den beiden Gegenwartsebenen spult der Film immer wieder ein paar Wochen zurück zu einem Hotel in die Normandie, wo sich Danielle und James kennengelernt haben. In den Rückblenden liegen der emotionale Kern und die eigentliche Stärke des Filmes. Wenders inszeniert den Prozess der Annäherung nicht im stereotypen Turteltäubchenmodus, sondern als Zusammentreffen zweier erwachsener Menschen, die sich auf Augenhöhe begegnen und gerade in ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit attraktiv finden. Danielle ist eine Frau, die beseelt von ihrer Arbeit ist und daraus ihre Ausstrahlungskraft entwickelt. James, der seine regierungsamtliche Profession geheim hält und sich glaubwürdig als Ingenieur ausgibt, erweist sich als interessierter Fragensteller, der im Gespräch immer wieder die intellektuelle Herausforderung sucht.

    Der Trailer zum Kinostart von "Grenzenlos"

    Zweifellos agieren hier mit Alicia Vikander und James McAvoy zwei besonders gut aussehende Menschen auf der Leinwand. Wenders gelingt es aber auch, die beiden Liebenden vor allem in ihrer Intelligenz miteinander zu verbinden. Dies soll den Film durch zwei Erzählebenen tragen, in denen sich die beiden voneinander getrennt in konträren Lebenswelten befinden. Aber genau das will nicht gelingen. Was sich im Roman über feine Verästelungen zusammenfügt, bleibt im Film trotz sensibler Schnitttechnik als unproduktiver Kontrast nebeneinander stehen. Der Selbstwertverlust der Geisel und die Glaubens- und Gedankenwelt der Dschihadisten hätten ebenso eine Vertiefung verdient wie der nordpolare Erzählstrang, in dem sich eine Forscherin in die tiefsten Meeresschichten vorarbeitet, um dem Ursprung des Lebens auf den Grund zu gehen. Gerade wegen der hohen schauspielerischen Präsenz von Vikander und McAvoy möchte man den Film mögen, wird aber durch ein manieriert wirkendes Konzept davon abgehalten.

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