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Theater Ulm: "Woyzeck": Früh schon flackert es bedrohlich

Theater Ulm

"Woyzeck": Früh schon flackert es bedrohlich

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    Theater Ulm, Woyzeck, Georg Büchner (v.l.): Antonio Lallo, Johanna Paschinger, Sibylle Schleicher, Tini Prüfert.
    Theater Ulm, Woyzeck, Georg Büchner (v.l.): Antonio Lallo, Johanna Paschinger, Sibylle Schleicher, Tini Prüfert. Foto: Jochen Klenk

    Mit diesem Schluss pointiert der Regisseur das Antimärchen vom gottverlassenen, elternlosen Kind, das zuvor die Großmutter erzählt hat. Diese Parabel ist die Schlüssellegende zu Georg Büchners dramatischem Textfragment, das als Wegweiser des sozialen Dramas gilt: Die auf historischem Stoff basierenden Bruchstücke zeigen bedrückend-intensiv den Füsilier Woyzeck als betrogenen Liebhaber und missbrauchten, von Wahnvorstellungen und Eifersucht gepeinigten Underdog, der zum Mörder wird.

    Wie Kleinholz aus der dramaturgischen Provinz in einem Stück Weltliteratur wirken dagegen kurz vor und nach der Pause einmontierte "Textbausteine" - etwa Erlebnisberichte von Soldaten der Ulmer Garnison als lokale Anspielung auf das "Dritte Reich" oder die zur ehemaligen Bundesfestung

    Im Bühnenraum von Mona Hapke und Stephan Suschke knirscht und klirrt es martialisch, die Figuren marschieren durch scharfkantigen Splitterparcours. Woyzeck (Antonio Lallo) rasiert seinen Hauptmann (Wilhelm Schlotterer) mit Unterwürfigkeit, doch gefährlich flackernden Gebärden, als wenn diese außer Kontrolle geraten könnten. Dem Militärarzt (Thomas Kollhoff) ist er ein Versuchskaninchen. Kniebeugen mit Schießprügel, erniedrigende Liegestützen. Woyzeck, von den Psychoschergen in die Zange genommen, springt dem Hauptmann an die Gurgel, wird zu Boden geschleudert und vom herbeihumpelnden Narren mit Krücke (Ulla Willick) wortlos beäugt.

    Seine Marie (Johanna Paschinger: menschlich-plausibel in der Tragödie) erwidert die Begierden des draufgängerischen Tambourmajors (Volkram Zschiesche). Bei Woyzecks Kussversuch zuckt sie zurück. Während der halluzinierend ausspäht, skandiert ein quasi-antiker Chor, der sich auflöst, als Woyzeck zum Mörder, vom Opfer zum Täter wird. Und durch alle Albträume geistert das Akkordeon: Christel Mayr (als geisterhafte Großmutter) entlockt ihm sowohl flirrende Dissonanzen wie auch "Lili Marleen".

    Wiederholung am 14., 16. und 20. Februar. Karten: 0731/161 44 44

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